Berlin. Die Autorin und frühere Busfahrerin Susanne Schmidt ist für ihr Buch die Buslinie M19 abgefahren und schildert skurrile Erlebnisse.
Von Mehringdamm bis Grunewald, mit 26 Haltestellen in drei Bezirken: die Buslinie M19 der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) fährt mit ihren Passagieren einmal durch die Stadt. Die Autorin Susanne Schmidt hat den M19 als roten Faden für ihr neues Buch „Please leave the bus hier“ gewählt. Anhand der Busstrecke erzählt sie vom Leben in Berlin, mit mal skurrilen, mal lustigen, mal aggressiven Begegnungen, die sich in den umliegenden Kiezen oder auch im M19 selbst abspielen.
Dass in ihrem Buch die Linie M19 in den Mittelpunkt rückt, erklärt die Berliner Autorin damit, dass dieser einen lebendigen Querschnitt der Stadt abbilde. „Man ist mit diesem Bus immer mittendrin und erlebt an jeder Haltestelle etwas Neues“, sagt sie in einem kurzen Video des Hanser Verlags. Susanne Schmidt war für wenige Monate selbst Busfahrerin bei der BVG, über die Zeit hat sie im Jahr 2021 bereits das Buch „Machen Sie mal zügig die Mitteltüren frei“ veröffentlicht, das zum Spiegel Bestseller wurde.
Damals schilderte sie Erlebnisse aus ihrem Berufsalltag, nun hat sie die Perspektive gewechselt und ist von der Busfahrerin zum Fahrgast geworden. Auch wenn sie manchmal noch an ihre Zeit hinterm Steuer erinnert. „Vor einigen Jahren war ich die Busfahrerin und habe nicht vergessen, was für ein überragend schönes Gefühl es ist, so einen gelben Riesen durch die Straßen zu steuern“, schreibt sie an einer Stelle ihres Buchs.
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Unerwartete Nähe in der sonst oft anonymen Millionenmetropole Berlin
Susanne Schmidt nimmt die Leserinnen und Leser nicht nur mit auf eine Reise mit dem M19 durch Berlin, sondern auch auf eine Reise durch das Jahr. Das Buch beginnt am Silvesterabend 2021, also in einer Zeit, in der die Corona-Pandemie noch eine einschneidende Rolle spielte. Vielerorts galt die 2G-Regel, es gab strenge Personenobergrenzen für private Feiern, die Silvesterparty am Brandenburger Tor fiel aus. Susanne Schmidt will die Nacht nutzen, um mit dem M19 durch die Stadt zu fahren – nur stellt sie schnell fest: „Es passiert nichts, die Straßen und Haltestellen sind dunkel und leer, zwar sitzen jetzt vier weitere Fahrgäste im Bus, aber die sind müde und still.“

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Schmidt ändert also ihren Plan, steigt aus – und erlebt so um Mitternacht am Kurfürstendamm doch noch eine Begegnung mit einem alten Mann, die in Erinnerung bleibt und zeigt, dass sich unerwartete Nähe auch in der sonst oft anonymen Millionenmetropole finden lässt. Jedem folgenden Monat im Jahr widmet sie ein Kapitel, in dem sie die verschiedenen Haltestellen entlang der Buslinie besucht. Bis es wieder Dezember ist, und Schmidt dieses Mal an Weihnachten gemeinsam mit Freunden in einem Doppeldecker der Linie M19 durch Berlin fährt.
Erlebnisse, die Fahrgästen der BVG bekannt sein könnten
Dazwischen liegen viele Busfahrten und Momente, die Leserinnen und Lesern, die selbst regelmäßig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin unterwegs sind, bekannt vorkommen könnten. Über eine Fahrt im Sommer schreibt Schmidt: „Auf den Oberlichtern im Bus klebt ein Hinweis in Gelb: »Fahrzeug klimatisiert«. Die Kippfenster lassen sich extra schwer öffnen, denn die Wirkung einer Klimaanlage entfaltet sich vor allem in geschlossenen Räumen. Natürlich sind alle Fenster offen.“
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Schmidt schildert ihre Gedanken und Beobachtungen, verlässt dafür auch öfter die direkte Strecke des Busses. „Ich sitze und werde nicht satt, die Farben, den Lärm, die Menschen, das Leben zu bestaunen“, erzählt Schmidt. Mit großer Detailliebe, manchmal humorvoll und manchmal nachdenklich beschreibt sie das, was sie in den Berliner Kiezen erlebt. Zum M19 kehrt die Autorin aber immer wieder zurück. Auch ihre anhaltende Begeisterung für die Berliner Busse klingt regelmäßig durch. „Entspannender als Busfahren ist nur Busfahren mit interessanten Gesprächen von Unbekannten“, schreibt sie. Ein paar dieser Gespräche gibt es nun in Schmidts Buch zum Nachlesen.
Susanne Schmidt: Please leave the bus hier. Erschienen im Hanserblau Verlag, 224 Seiten, 18 Euro.