Berlin. Die Deutsche Bahn setzt in Berlin Künstliche Intelligenz ein und will so Verspätungen reduzieren. Auch Einkaufen funktioniert mit KI.

Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt auch bei der Deutschen Bahn an Bedeutung und wird in Berlin vermehrt eingesetzt. So soll bei der S-Bahn einerseits künftig einerseits ein System genutzt werden, das dabei helfen soll, Verspätungen zu minimieren. Außerdem gibt es am Berliner Ostbahnhof nun einen neuen Shop, bei dem Künstliche Intelligenz und eine moderne Kameratechnologie automatisch erkennen, welche Produkte ein Kunde ausgewählt hat. Bezahlt wird dann automatisch, ohne eine Kasse oder das Scannen der Artikel.

Der Servicestore, der rund um die Uhr geöffnet hat, ist der erste dieser Art, den die Deutsche Bahn betreibt. Mit 45 Quadratmetern Fläche ist er verhältnismäßig klein, bietet laut Unternehmen aber 400 Produkte, darunter verschiedene Kaffeespezialitäten, frische Backwaren und Snacks, aber auch Zigaretten und alkoholische Getränke. Wer den Laden betreten will, muss sich vorab mit Name, Zahlungsmittel und gegebenenfalls seinem Alter registrieren und erhält dann über eine App einen QR-Code. Er wird am Eingang gescannt, damit sich die Schranken öffnen.

Berlin: 60 Kameras zeichnen Einkäufe in dem Store am Ostbahnhof auf

Danach, so betont es die Bahn, kann das Handy weggelegt werden, es wird für den tatsächlichen Einkauf nicht mehr benötigt. Was ein Kunde auswählt, wird mithilfe von knapp 60 Kameras erfasst, die jedoch nicht das Gesicht des Einkäufers aufzeichnen. Die Köpfe werden vom System automatisch gepixelt, erklärt Projektleiter Dominik Bauer. Dennoch könne genau zugeordnet werden, welcher Kunde im Laden welche Produkte einkauft, auch wenn sich die Wege der Personen kreuzen oder Ware wieder zurück ins Regal gelegt wird. Dafür ist zunächst aber die Zahl der Kunden, die gleichzeitig einkaufen können, auf sieben Personen beschränkt.

Nach dem Einkaufen verlässt man das Geschäft einfach, die Schranken öffnen sich beim Rausgehen, ohne dass die App oder der Code erneut vorgezeigt werden muss. Das System berechnet dann die zu zahlende Summe, die dann von der Kreditkarte oder via Paypal abgebucht wird. Die finale Kalkulation dauere, auch abhängig davon, wie viele Personen gleichzeitig im Shop sind, wenige Minuten bis maximal eine Stunde, so Bauer.

Wer den Servicestore der Deutschen Bahn am Berliner Ostbahnhof betreten will, muss sich registrieren und am Eingang einen QR-Code scannen.
Wer den Servicestore der Deutschen Bahn am Berliner Ostbahnhof betreten will, muss sich registrieren und am Eingang einen QR-Code scannen. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Servicestores der Deutschen Bahn sollen auch weiter Mitarbeitende haben

Ganz ohne Personal wird der neue Store aber nicht auskommen: Gerade zur Anfangszeit soll es Ansprechpartner geben, die den Kunden das System erklären, später werden auch weiter Mitarbeitende benötigt, die Produkte auffüllen oder die Backwaren produzieren. Außerdem soll es laut Bahn auch in Zukunft weiter Servicestores geben, bei denen die Einkäufe auf übliche Weise kassiert werden. Inwieweit überhaupt weitere KI-basierte Shops in Deutschland entstehen, soll basierend auf den Erfahrungen in Berlin entschieden werden.

Auch interessant: Rewe testet revolutionäres Einkaufskonzept in Berlin

Den Store am Ostbahnhof, der täglich von 80.000 Reisenden und Besuchern frequentiert wird, zu planen, war dabei durchaus aufwendig. 18 Monate habe man benötigt, wie Horst Mutsch, Leiter Vertrieb Commercial bei der DB Station&Service, sagte. „Das größte Thema war der Datenschutz“, schilderte er. Das System, das für den Laden genutzt wird, stamme dabei von einer kalifornischen Firma, sei aber an deutsche Anforderungen angepasst worden. „Mit dem Verkaufskonzept wollen wir die Reisendenversorgung noch bequemer und vor allem schneller gestalten“, erklärte er. Gerade bei kürzeren Zwischenstopps sollen Kunden davon profitieren, dass das Anstehen und Bezahlen an der Kasse wegfällt.

KI-System soll Pünktlichkeit der S-Bahn Berlin verbessern

Bei der S-Bahn setzt die Bahn auf eine Technologie, die bereits in Stuttgart, im Rhein-Main-Verbund und in München zum Einsatz kommt. Dank KI konnten dort laut Bahn insgesamt 58.000 Verspätungsminuten vermieden werden. Ziel ist es, das System im zweiten Halbjahr in Berlin einzuführen, und das auf allen Linien. „Das Tool wird für das gesamte S-Bahn-Netz entwickelt“, erklärt eine Sprecherin. Mit dieser Herangehensweise habe man bereits positive Erfahrungen in den Regionen gesammelt. Die Bahn verspricht sich, deutschlandweit in diesem Jahr etwa 90.000 Verspätungsminuten durch die Software zu vermeiden.

Deutsche Bahn und S-Bahn Berlin – mehr zum Thema

Die Funktionsweise des KI-Tools beruht auf einem sogenannten Digitalen Zwilling, also einer virtuellen Abbildung des jeweiligen Netzes. „Mit diesem digitalen Abbild kann das System den Bahnbetrieb in circa 100-facher Echtzeit simulieren und verschiedene Varianten der Verkehrslage durchspielen“, erklärt die Bahn. Die Technik liefere den zuständigen Mitarbeitern Maßnahmenvorschläge für einen optimierten Betriebsablauf, sodass diese frühzeitig eingreifen können, bevor ein Engpass eintritt.

Kapazitäten im Streckennetz sollen durch KI besser ausgenutzt werden

Als Beispiel nennt die Bahn eine Situation, in der ein Zug aufgrund einer Verspätung gleichzeitig mit einer anderen Bahn einen eingleisigen Abschnitt erreicht. Das KI-System berechnet dann, welcher Zug zuerst fahren sollte, um die weiteren Verzögerungen gering zu halten, und soll dabei auch Auswirkungen auf das gesamte Netz einbeziehen. Im Ergebnis müssten Züge durch den Einsatz des Programms seltener ihre Geschwindigkeit reduzieren oder warten, wenn ein anderer Zug einen Streckenabschnitt blockiert, heißt es. Dadurch soll die Pünktlichkeit verbessert und die vorhandene Kapazität auf der Schiene besser ausgenutzt werden.

Die Bahn will aber nicht nur die Berliner S-Bahn mit dem KI-Programm ausrüsten. Geplant ist, die Technologie künftig auch in Hamburg zu nutzen, dort ist die Einführung im kommenden Jahr geplant. Damit können künftig alle fünf Metropol-S-Bahnen in Deutschland KI-gestützt arbeiten.