Entschädigung

Artemis: Berlin entschuldigt sich bei Bordell-Betreibern

| Lesedauer: 3 Minuten
Am 13. April 2016 führen Polizei und Zoll eine Großrazzia im Nobelbordell "Artemis" durch.

Am 13. April 2016 führen Polizei und Zoll eine Großrazzia im Nobelbordell "Artemis" durch.

Foto: picture alliance / dpa | Tomas Moll

Die Betreiber des Artemis erhalten zudem 250.000 Euro Entschädigung. Warum das Land Berlin nun deutlich mehr zahlen muss als noch 2022.

Berlin.  Knapp sieben Jahre nach der folgenschweren Razzia des Landes Berlin im Großbordell Artemis in Halensee erhalten die Betreiber des Freudenhauses von der Senatsjustizverwaltung nun doch noch eine Entschädigung sowie Schadenersatz in Höhe von insgesamt 250.000 Euro. Darauf haben sich die Justizverwaltung und die Betreiber nach jahrelangen zähen Verhandlungen bereits am Dienstag vor dem Kammergericht in einem Vergleich einigen können.

Zusätzlich dazu bekommen die Unternehmer auch das, was sie in den vergangenen Jahren besonders vehement gefordert haben: eine offizielle Entschuldigung für die unrechtmäßige Untersuchungshaft, die Anklage und für verunglimpfende Äußerungen der Staatsanwaltschaft sowie eine Richtigstellung. Entschuldigung und Richtigstellung kommen nun zwar nicht von den damaligen Amtsträgern, die maßgeblich für die Durchsuchungen verantwortlich waren, sondern von der unbeteiligten amtierenden Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU). Doch dürfte das die Bordellbesitzer Kenan und Hakki Simsek nach all der Zeit kaum stören.

„Das Land Berlin entschuldigt sich für die Untersuchungshaft und die erheblichen Nachteile, die die damals Beschuldigten durch die Durchsuchung, die Untersuchungshaft, die Anklageerhebung und die Äußerungen der Staatsanwaltschaft erlitten haben“, heißt es nun von der Verwaltung.

Artemis: Ende 2022 ließ Berlin einen Deal über nur 25.000 Euro platzen

Vor dem Einlenken der Justizverwaltung hatte die Behörde unter der damaligen Senatorin Lena Kreck (Linke) im vergangenen Jahr eine ähnliche Einigung zwischen den Simseks und dem Land Berlin über lediglich 25.000 Euro platzen lassen und stattdessen maximal 10.000 Euro ohne Entschuldigung angeboten. Die Vorsitzenden Richterin am Kammergericht Cornelia Holldorf sagte dementsprechend erst im November, sie habe das Gefühl, dass das Land sich weigere, einen Fehler einzugestehen. Eine Entscheidung, die Berlins Steuerzahler nun teuer zu stehen kommt.

Zur Erinnerung: Hunderte von Polizisten waren 2016 ins Artemis nahe dem Funkturm gestürmt. Vor der Presse fanden Staatsanwälte rasch markige Worte. Von Organisierter Kriminalität war die Rede, von Menschenhandel und von Frauen, die im Luxuspuff wie „Sklaven auf Baumwollfeldern“ gehalten würden. Die Betreiber, der Geschäftsführer und drei Hausdamen saßen vier Monate in Untersuchungshaft.

Später erwiesen sich diese Punkte als nicht stichhaltig. Auch der Vorwurf, die Simseks hätten die im Artemis auf eigene Rechnung arbeitenden Prostituierten als Scheinselbstständige behandelt und dadurch Sozialabgaben in Millionenhöhe hinterzogen, brach zusammen. Die Staatsanwaltschaft hatte die Betreiber dabei sogar mit dem Mafiaboss Al Capone verglichen.

Artemis: Haftbefehl ist nicht mehr auffindbar

Die Bordellbetreiber sahen sich durch die drastischen Aussagen der Ermittler nach der Razzia und die weiter geschürten Zweifel an ihrer Reputation bald genötigt, selbst vor Gericht zu gehen. Das Land müsse sich entschuldigen, sich von den Aussagen der Staatsanwaltschaft distanzieren und eine finanzielle Entschädigung zahlen, die die Simseks dann an krebskranke Kinder spenden wollten, forderten ihre Anwälte.

Nun also der Durchbruch im lange festgefahrenen Streit. Berlin und die Simseks einigten sich nunmehr in einem Vergleich auf die Summe von 250.000 Euro. Aus einem früheren Verfahren hätten den Bordellbetreibern 100.000 Euro zugestanden, die ihnen wegen den despektierlichen Äußerungen der Staatsanwaltschaft zugesprochen worden waren, sowie 200.000 Euro Entschädigung aufgrund der erduldeten Untersuchungshaft ohne gültigen Haftbefehl. Dieser ist laut Senatsjustizverwaltung nicht mehr auffindbar.