Große Studie ausgewertet

Gravierende Folgen! Personalmangel macht Angestellte krank

| Lesedauer: 3 Minuten
Jana Treffler
Seit Jahren arbeiten Pflegekräfte am Limit – auch wegen des Personalmangels. Viele sind deswegen krank oder reduzieren ihre Arbeitszeit. Ein Teufelskreis droht zu entstehen.

Seit Jahren arbeiten Pflegekräfte am Limit – auch wegen des Personalmangels. Viele sind deswegen krank oder reduzieren ihre Arbeitszeit. Ein Teufelskreis droht zu entstehen.

Foto: Werner Krueper / epd

In Berufen mit Fachkräftemangel steigt auch in Berlin der Krankenstand. Die gesundheitlichen Folgen für Angestellte sind gravierend.

Berlin.  Fast die Hälfte aller Berliner Beschäftigten sind an ihrer Arbeitsstelle regelmäßig mit Personalmangel konfrontiert. Das hat die Studie „Gesundheitsrisiko Personalmangel“ der DAK ergeben. Die Krankenkasse hat die Daten von mehr als 110.000 erwerbstätigen Versicherten in Berlin analysiert sowie eine Forsa-Umfrage mit 200 Berufstätigen beauftragt. Heraus kam, dass dort, wo der Personalmangel am größten ist, auch die krankheitsbedingten Fehltage überdurchschnittlich hoch sind.

Grund dafür ist der hohe Druck, dem Angestellte in Berufsgruppen mit zu wenig Personal ausgesetzt sind. Besonders betroffen ist laut DAK in Berlin die Kinderbetreuung, hier liegt der Krankenstand mit 7,3 Prozent über dem Durchschnitt von 5,4 Prozent. Ebenso in der Altenpflege, wo durchschnittlich 7,1 Prozent der Beschäftigten krank geschrieben sind, gefolgt von den Berufskraftfahrerinnen und -fahrern mit 7,0 Prozent.

Die gesundheitlichen Folgen sind gravierend. 54 Prozent der von Personalmangel Betroffenen gaben an, ständig müde und erschöpft zu sein. Außerdem hatten sie häufig Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen. Um die 40 Prozent der Betroffenen können nicht mehr richtig abschalten und denken auch in ihrer Freizeit an die Arbeit, haben keine Energie für Hobby und Freunde.

Zwei Drittel arbeiten auch, wenn sie krank sind

Wer krank ist, lässt Arbeit liegen und bekommt leicht das Gefühl, die gleichsam belasteten Kollegen und Kolleginnen im Stich zu lassen. Dementsprechend haben laut DAK 63 Prozent der Beschäftigten mit regelmäßigem Personalmangel in den vergangenen zwölf Monaten auch krank gearbeitet.

Die Studienergebnisse bezeichnet der Landeschef der DAK Berlin Volker Röttsches als „alarmierend“. „Diese Überlastung kann die Gesundheit entscheidend beinträchtigen.“ Bereits im vergangenen Jahr waren die Krankschreibungen bei Pflegekräften bundesweit im Vergleich zu 2021 um 40 Prozent angestiegen. Es drohe ein Teufelskreis zu entstehen, in dem der Personalmangel den Krankenstand hochtreibe und sich durch die Fehltage die Situation noch verschärfe.

„Teufelskreis“ aus Personalmangel und Krankenstand bereits eingetreten

Dieses Szenario ist laut Berlins Gesundheitssenatorin Ina Cziborra (SPD) bereits eingetreten, für sie kämen die Ergebnisse der Studie „nicht überraschend“. Bund und Länder müssten nun dafür sorgen, die Rahmenbedingungen der betroffenen Berufsfelder zu verbessern.

Dazu gehöre die Bezahlung, die Arbeitsbedingungen und auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Es ist aber auch in der Verantwortung der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen selbst, ihren Fachkräftebedarf durch geeignete Akquisemaßnahmen sowie ansprechende Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu decken,“ so Cziborra auf Morgenpost-Anfrage.

Auch psychosoziale Aspekte berücksichtigen

Die Sprecherin für Gesundheit der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Catherina Pieroth, plädiert dafür auch psychosoziale Aspekte stärker zu berücksichtigen. „Gerade im Arbeitskontext werden emotionale und seelische Nöte aber oft tabuisiert und Betroffenen als Schwäche ausgelegt“, so Pieroth. Präventionsangebote und eine Stärkung des Gesundheitsbewusstseins könnten hier „Symptome lindern“.

Schon jetzt suchen die Berliner Beschäftigten nach Lösungen für sich. 38 Prozent der Befragten wollen mehr Gehalt fordern, aber nur 12 Prozent haben dies bereits umgesetzt. Ein Fünftel denkt auch darüber nach, den Betrieb zu wechseln.

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16 Prozent haben ihre Arbeitszeit reduziert oder wollen dies noch tun, so das Ergebnis der Studie. Ein Viertel der Befragten arbeitet verstärkt im Home Office, sie versprechen sich dadurch eine Entlastung. Das dürfte in den besonders stark betroffenen Berufsfeldern wie der Pflege und der Kinderbetreuung jedoch kaum möglich sein.

Die Ergebnisse der Studie für Brandenburg lesen Sie hier.