Ergebnisse der Studie

Zukunft Heinsestraße – CDU hat überraschenden Radweg-Plan

| Lesedauer: 5 Minuten
Dirk Krampitz
Susanne Thomaier von der Verkehrsberatung Interlink stellt die Untersuchungsergebnisse der Heinsestraße in der Aula des Georg-Herwegh-Gymnasiums vor.

Susanne Thomaier von der Verkehrsberatung Interlink stellt die Untersuchungsergebnisse der Heinsestraße in der Aula des Georg-Herwegh-Gymnasiums vor.

Foto: Dirk Krampitz

Parallel zu den Studien-Ergebnissen der Heinsestraße präsentiert die CDU einen Vorschlag für einen sehr ungewöhnlichen Radweg.

Berlin.  Die Zukunftsplanung für den gutbürgerlichen Kiez rund um die Heinsestraße wird langsam greifbar. Und so ist die Aula des Georg-Herwegh-Gymnasium auch brechend voll mit Anwohnern, Gewerbetreibenden und anderen Interessierten, als am Montagabend die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zur Entwicklung des Quartiers vorgestellt wurden.

Das Bezirksamt hat das Verkehrsberatungsunternehmen Interlink mit dieser Studie beauftragt. Bei der ersten Online-Veranstaltung mit Bürgerbeteiligung im Februar war die Stimmung noch sehr gereizt ob der gefürchteten Veränderungen. Und auch in der Aula ist eine gewisse Gespanntheit spürbar.

Mehr Qualität für den öffentlichen Raum generell

Vorab erklärt Stadtentwicklungs-Bezirksstadträtin Korinna Stephan (Grüne) ihr Anliegen. Sie wolle nicht nur den Verkehr, sondern „ein ganzes Quartier im Blick haben“. Es gehe ihr um „die soziale Interaktion“ im Kiez. „Der öffentliche Raum ermöglicht, dass wir uns begegnen, wenn wir nicht zu derselben Bubble gehören“, sagt die Bezirksstadträtin. Also eine Begegnung über Alters- und Sozial-Schranken hinaus. Mit den Ergebnissen der Studie sollten die lokale Wirtschaft und die Schulwegsicherheit gestärkt werden, dazu wolle man auch etwas fürs Klima tun. Aber weil Stephan weiß, dass das in manchen Ohren etwas zu ambitioniert klingen mag, stellt sie klar: „Wir können nicht die ganze Welt retten, aber wir können diesen Ort angehen.“

Das Problem ist: Viele der Anwohner sind eigentlich ganz zufrieden mit der Situation, wie man immer wieder heraushört. Auch wenn es mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum geben könnte, Angebote für Kinder rar sind gibt und das Grün-Konzept überdacht werden sollte. Geplante Veränderungen befeuern eher die Angst, dass man keine Parkplätze mehr finde oder mit dem Auto nicht mehr vors eigene Haus kommt.

Zuschauer rufen dazwischen und zweifeln Zahlen an

Und bei den Gewerbetreibenden herrscht oft die Meinung vor, dass ihre Kunden mit dem Auto anreisen. In der Aula gibt immer mal wieder unterstellerische Zwischenrufe, dass die Stadtplaner gewisse Zahlen zurückhielten oder ihre Methodik wird angezweifelt. Interlink-Mitarbeiterin Susanne Thomaier gibt dann auch zu, dass eine Baustelle in der Schulzendorfer Straße und der daraus resultierende Ausweichverkehr die Verkehrszählung in der Heinsestraße durchaus beeinflusst haben könnten.

Aber die Ergebnisse sind deutlich: Die Interlink-Mitarbeiter haben Einkäufer und Passanten in der Heinsestraße gefragt, wie sie dort hingekommen sind und gleichzeitig den Verkehr protokolliert: Eine auffällige Diskrepanz besteht zwischen der Zahl der mit dem Auto angereisten Menschen und der protokollierten Anzahl von durchfahrenden Autos. „Drei Viertel der Besucher kommen nicht mit dem Auto, sondern mit dem Umweltverbund (Fuß, Rad, ÖPNV), aber mehr als die Hälfte des Verkehrs ist Autoverkehr“, sagt Thomaier zur Morgenpost. Sie schließt u.a. daraus, dass die Heinsestraße „zu attraktiv“ für den Durchgangsverkehr ist. Mehr Autoverkehr bedeute auch mehr Gefahr für Fußgänger und Fahrradfahrer. Als Maßnahmen schlägt die Studie vor, dass die Lebensader des Viertels zur Tempo-20-Zone wird und umliegende Straßen Fahrradstraßen und nur für Anwohner mit dem Auto zu befahren.

Wenn die freudliche ältere Dame zur Verkehrssünderin wird

Etwas für den Radverkehr sollte man wohl wirklich tun. Denn im beschaulichen Hermsdorf werden selbst freundliche ältere Damen zu Verkehrssündern, weil sie vom Kopfsteinpflaster mit ihrem Rad auf dem Bürgersteig fahren Dass fast doppelt so viele Fahrradfahrer auf dem Bürgersteig fahren wie auf der Straße, hat die Zählung von Interlink auch ergeben.

Im Juli wird das Projekt im Stadtentwicklungsausschuss verabschiedet. Dass es dann allerdings auch bald umgesetzt wird, heißt es noch lange nicht. Und da wittert Marvin Schulz, Vorsitzender der CDU-Fraktion Reinickendorf, seine Chance. „Das Problem hier sind nicht die Autos“, sagt Schulz. Er deutet an, dass er die Fußgängersicherheit eher als vorgeschobenes Argument deutet. Aber er sagt auch: „Insgesamt liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, über den wir intensiv diskutieren werden.“

Die CDU hat ganz andere Pläne für die Heinsestraße

Möglicherweise ist das auch nur die freundliche Umschreibung dafür, dass er ganz andere Pläne hat und den Kiez nicht zum Radfahrerviertel machen will: Exklusiv erzählt er der Morgenpost, dass er sich wünscht, das Land Berlin und die Bahn an einen Tisch bringen, um den grün verwilderten Streifen neben der östlichen Schiene der S1 eine Art Superradweg bauen zu lassen, auf dem Fahrradfahrer ohne Störungen und zu stören schnell vorankommen. „Das sollte baulich vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen sein“, sagt er. Für die Sicherheit müsse man natürlich einen Zaun zwischen dem benachbarten Gleis und dem Radweg ziehen. „Vom Bahnhof Frohnau bis zum Bahnhof Waidmannslust - das ist zwar nicht der ganze Bezirk, aber schon der halbe“, sagt Schulz.

Kosten, Aufwand und Durchführbarkeit sind noch zu prüfen. Die Bahn und die Senatsverkehrsverwaltung haben sich bis zur Veröffentlichung dieses Textes nicht auf Morgenpost-Anfrage dazu geäußert.

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