Berlin. Nach der Ochsentour über kleinere Theater und Festivals landete sie schließlich als Donna Anna in Mozarts Don Giovanni in der Mailänder Scala. „Ich war überglücklich. Das ist doch ein Traum aller Opernsängern der Welt“, sagt Ekaterina Kardakova noch heute mit leuchtenden Augen. „Geniale Musiker, fantastische Kostüme und das Bühnenbild, alles war toll!“ Sie genoss jede einzelne Vorstellung auf der Bühne des berühmten italienischen Opernhauses sehr.
Freiwilliger Abschied nach dem größten Erfolg
Für die Russin aus Kirow war das der Höhepunkt ihrer Karriere und es war wohl auch so etwas wie der würdige Abschluss, um Abschied zu nehmen von einer Situation, die sie schon lange nicht mehr glücklich gemacht hat. „Nach der letzten Vorstellung sagte mir meine innere Stimme: Ich werde nie mehr in der Oper singen… Niemals! Basta. Finito. Vorhang zu.“ Denn so schön die Erlebnisse an der Scala waren, so zermürbend fand sie das alltägliche Leben am (Musik-)Theater in den Jahren zuvor. Intrigen und Eifersüchteleien seien an der Tagesordnung gewesen, auch die Abhängigkeiten waren nicht angenehm. Damit wollte sie nichts mehr zu tun haben.
Was sie sich bewahrt hat, ist allerdings die Liebe zur Musik, sagt die Wahl-Berlinerin, die im Herbst letzten Jahres von München nach Zehlendorf gezogen ist. Sie wurde Vokal- und Präsentationscoach, ihre große Begeisterung liegt allerdings darin, Kindern und Jugendlichen Musik näher zu bringen. Und zwar am liebsten jenen, die nicht zu Hause sowieso schon ein Klavier stehen haben.
Sie weiß selbst, wie es ist, wenn man aus einem Haushalt kommt, wo niemand mit Musik viel anfangen kann. Aber das Förder- und Schulsystem auch der späten Sowjetunion funktionierte noch. Sie landete auf einer Musikschule und wurde gefördert. „Als meine Eltern mich zum ersten mal hörten, sagten sie nur: Du kannst aber laut singen“, sagt sie und lacht.
„In deutschen Schulen wird zu viel gebastelt.“
Seit fünf Jahren gibt sie nun schon Workshops, hat in hunderten Veranstaltungen die unterschiedlichsten Teilnehmer von 5 bis 75 Jahren erlebt. Da ist ihr gerade bei den Schülern und Schulen etwas aufgefallen: „Die Musik kommt zu kurz, in deutschen Schulen wird zu viel gebastelt“, sagt sie in einer Mischung aus Amüsiertheit und Verärgerung. Und noch etwas fällt ihr bei den heutigen Schülern auf: „Wenn ich Familien- Workshops gebe und die Kinder bei einer Aufgabe sagen: ‘Ich kann das nicht’, sagen die Eltern viel zu oft und schnell: ‘Ja, das ist aber auch schwer, lass das mal!’ Ich ermuntere die Kinder dann aber immer, dass sie es noch mal probieren sollen. Und dann schaffen sie es auch irgendwann.“ Die Härte ihrer sowjetischen Lehrer ist heute nicht mehr zeitgemäß und Kardakova ist alles anderes als eine Schinderin, aber sie glaubt: „Erfolge, auch kleine, sollte man sich erarbeiten.“
Gemeinsam mit Partnern hat sie mehrere Apps für verschiedene musikalische Aufgaben entwickelt, die sie bei ihren Workshops einsetzt und die die Kinder auch danach weiterhin kostenlos benutzen können. In der einen App muss man ein Wesen mit bestimmten Noten füttern, in einer anderen ein Beat-Bett für den perfekten Rap mixen und in der App „Rhythm Cat“ lernen Kinder ab 4, ein Rhythmusgefühl zu entwickeln. Aber warum Apps und keine Instrumente? „Kinder die mit dem Internet aufgewachsen sind, muss man erst einmal anders begeistern als nur mit der Biografie von Beethoven“, sagt Kardakova. Und die Technik macht zudem vieles günstiger zugänglich.
Am Anfang reicht eine zusammenrollbare Piano-Tastatur
Für die ersten Klaviererfahrungen bringt Kardakova Rollpianos mit, also faltbare Tastaturen, die schon weit unter 100 Euro zu haben sind und die im Gegensatz zum Flügel in jede noch so kleine Neubauwohnung passen. „Das würde ich auch jedem Elternteil erst einmal empfehlen, dann können die Kinder gucken, wie lang die Begeisterung fürs Klavier anhält.“
Aber es muss ja nicht klassisches Klavierspiel sein. Am 17. Juni veranstaltet Kardakova in der Humboldt-Bibliothek einen DJ Battle für Jugendliche. Die Jugendlichen denken sich eine Geschichte aus, zum Beispiel einen typischen Tag in ihrem Leben, vertonen sie und rappen dazu. „Es ist erstaunlich, was dabei herauskommt, da ist viel unentdecktes Talent“, sagt sie.
Das alles findet im Rahmen des Makerspace in der Humboldt-Bibliothek statt. In diesem Raum unterm Dach mit Blick auf den Tegeler See herrscht nicht die übliche Bibliotheken-Ruhe, ganz zur Zufriedenheit von Bezirksstadtrat Harald Muschner (CDU): „Tüfteln, programmieren, arrangieren – samstags ist der Humboldt-Makerspace ein echter Hotspot für junge Menschen, die gern Tüfteln, Programmieren und ihre Kreativität entfalten.“
Im Oktober vergangenen Jahres erst wurde er eröffnet, seit Mai finden wieder jeden Samstag von 13 bis 15 Uhr die beliebten „Tüftel-Samstage“ statt, die die Humboldt-Bibliothek in Kooperation mit den „Jungen Tüftler:innen“ anbietet. Hier können Familien mit Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren digitale Werkzeuge entdecken und gemeinsam kreativ werden. Vom Nähen über Schreinern bis zum visuellen Programmieren, 3D-Drucker-Workshop und Robotik ist im Makerspace alles möglich.
Eine Anmeldung für die Tüftel-Samstage ist nicht erforderlich, zum DJ-Battle hingegen schon, denn die Plätze sind begrenzt und begehrt. Interessenten schreiben an: info@ekaterina.kardakova.eu
DJ-Battle, Sonnabend 17. Juni von 11.30 bis 13 in der Humboldt Bibliothek, Karolinenstraße 19, Tegel