Gerichtsentscheidung

Protestcamp gegen Ausreisezentrum am BER darf stattfinden

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Oberverwaltungsgericht weist Beschwerde zurück: Das „Stop Deportation Protestcamp“ am BER darf stattfinden. Unter dieser Bedingung.

Berlin/Schönefeld. Das geplante „Stop Deportation Protestcamp“ am Flughafen BER darf stattfinden: Das entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am späten Freitagabend. Die Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern“ will dort vom 1. bis zum 6. Juni 2023 auf den von Bund und Land Brandenburg geplanten Bau eines Ein- und Ausreisezentrums in Schönefeld aufmerksam machen. Auflagen der Polizei, die das Camp in unmittelbarer Nähe des Flughafens verhindert hätten, wurden von dem Gericht in einer Eilentscheidung (OVG 1 S 49/23) zu großen Teilen zurückgewiesen.

„Das ist ein riesiger Erfolg für das Recht auf Versammlungsfreiheit“, sagt Alexis Martel, Sprecherin der Initiative. Sie sieht sich darin bestätigt, dass die die Auflagen politisch motiviert gewesen seien. Die Brandenburger Polizei als Versammlungsbehörde hatte weitreichende Auflagen gemacht und weitere „Hinweise“ gegeben, wie die Veranstaltung abzuhalten sei. Darunter die Verlegung in den weiter vom Flughafen Berlin Brandenburg entfernt liegenden Schönefelder Ortsteil Waltersdorf, die Installation von Trinkwasserleitungen, die anschließende Wiederherstellung der ursprünglichen Beschaffenheit, ein Lärmlimit und ein Alkoholverbot.

„Stop Deportation Protestcamp“ am BER: Das ist geplant

Der Veranstalter plant nach eigenen Angaben, am Kiekebusch See in Schönefeld mehrere „Zirkuszelte“ aufzustellen, Workshops, Podiumsdiskussionen, Konzerte, Sport, ein Kinderprogramm und eine Demonstration abzuhalten. Aufgebaut werden soll dazu ab dem heutigen Samstag, abgebaut werden bis zum 11. Juni. Die Initiative rechnet mit 500 Teilnehmenden.

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Nach Ansicht des obersten Verwaltungsgerichts der Länder Berlin und Brandenburg sei eine Verlegung jedoch nur gerechtfertigt, wenn von der Errichtung des Camps eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Die Polizei hatte unter anderem geltend gemacht, dass die Radaranlage des Flughafens gestört, im Boden verbliebene Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg zur Explosion gebracht und der Naturschutz beeinträchtigt werden könnte.

Oberverwaltungsgericht folgt Argumentation der Initiative

„Dass die intensive Nutzung des Areals durch Reiter mit ihren Pferden, Spaziergänger mit ihren Hunden und kommerziell geführte Quad-Gruppentouren das Gelände erheblich weniger beeinträchtigt als die angemeldete Versammlung, überzeugt den Senat angesichts des eingereichten und vom Antragsgegner nicht in Zweifel gezogenen Bildmaterials nicht“, heißt es in der Begründung des Beschlusses. Zuvor hatte bereits das Verwaltungsgericht Potsdam die Veranstaltung mit nur einem Teil der polizeilichen Auflagen zugelassen, wogegen die Behörde beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt hatte.

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Ganz ohne Auflagen kommen die Veranstalter des "Stop Deportation Protestcamp" jedoch nicht aus. Um ein großes Zirkuszelt mit einer Höhe von neun Metern aufstellen zu dürfen, muss spätestens bis zum 30. Mai eine Stellungnahme der Flugsicherung zur Unbedenklichkeit eingeholt werden. Außerdem muss die Aufstellung durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst begleitet werden. So soll sicher gestellt werden, dass zur Verankerung etwa einen Meter tief in den Boden zu treibende Erdnägel zu keiner Gefährdung durch Kampfmittel führen.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ist unanfechtbar, die Kosten des Verfahrens muss die Polizei tragen.

Aktivisten wollen Auflagen erfüllen

Die Aktivisten zeigten sich am Sonnabend unterdessen zuversichtlich, die Auflagen erfüllen zu können. „Wir haben mit dem Aufbau begonnen“, so ein Sprecher der Initiative. Die Lage der Zelte werde so gewählt, dass eine Beeinträchtigung des Radars oder eine Gefährdung durch Explosivstoffe vermieden werde. Am Projekt festhalten wollen die Initiatoren auch, sollte es doch noch zu Problemen kommen: „Am wichtigsten ist, dass der Protest stattfinden kann.“ Zur Not auch ohne Zelte.

Zum Hintergrund: Die Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern“ wendet sich gegen das von Bund und Land Brandenburg am Flughafen BER geplante Behördenzentrum. Neben Büroräumen sollen dort auch rund 120 Plätze für Migranten entstehen, die sich in Ausreisegewahrsam oder im Flughafenasylverfahren befinden.

Kritische Stimmen aus der Politik monieren zusätzlich, dass der Bauauftrag ohne Ausschreibung an den Eigentümer der Grundstücke gegangen sei und die Gebäude anschließend gemietet werden sollen, anstatt etwa das derzeit ungenutzte Terminal 5 zu verwenden.