Berlin. Ein Taxifahrer stirbt nach einem Angriff in Grunewald. Auch wenn die Zahl der Attacken zurückgeht: Die Angst fährt im Taxi immer mit.

Der Angriff am Donnerstagmorgen in der Brahmsstraße im Villenviertel Grunewald war ebenso heimtückisch wie bezeichnend: Mit einem Messer oder einer Stichwaffe soll der Täter einen 49 Jahre alten Taxifahrer in unmittelbarer Nähe des Schlosshotels Berlin by Patrick Hellmann angegriffen und in den Hals gestochen haben. Der Taxifahrer erlag trotz einer Notoperation seinen Verletzungen.

Wieder einmal wurde ein Messer als Waffe bei einem Überfall auf einen Taxifahrer eingesetzt. Im Dezember 2021 schilderte der Berliner Taxifahrer Mohammed Azad der Berliner Morgenpost einen Angriff auf ihn, der nach einem ganz ähnlichen Muster erfolgte wie die tödliche Attacke in Grunewald. Damals griff ein Fahrgast Azad ebenfalls mit einem Messer an, verletzte ihn am Hals und an der Hand. Der Taxifahrer hatte Glück im Unglück, kam mit dem Leben davon.

Viele Taxifahrer erleben Beleidigungen und körperliche Gewalt

Aufsehen erregte im Februar 2022 der Prozess gegen den Rechtsextremisten Tilo P., der wegen eines Angriffs auf einen Taxifahrer in Steglitz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Der polizeibekannte Neuköllner Neonazi soll am 3. November 2021 zusammen mit einem Begleiter den 56 Jahre alten Mann angegangen haben. Der ursprünglich aus Jordanien stammende Taxifahrer wurde durch einen Schlag ins Gesicht verletzt. Außerdem sollen ihn P. und sein Begleiter rassistisch beleidigt haben.

Beleidigungen bis hin zu körperlicher Gewalt erleben Berliner Taxifahrer fast regelmäßig. Wie die Berliner Polizei auf eine Anfrage der Berliner Morgenpost im Dezember 2021 mitteilte, wurden allein in diesem Jahr 58 Taxifahrerinnen und -fahrer physisch bei einem Angriff verletzt, in acht Fällen trugen die Opfer gefährliche Verletzungen davon. 29-mal kam es zu Nötigung, Freiheitsberaubung oder Bedrohungen und elfmal zu Raub. Mit Abstand die meisten Delikte werden in Mitte gemeldet (25), gefolgt von Charlottenburg-Wilmersdorf (16). Die wenigsten Fälle sind aus Lichtenberg bekannt.

Im Vergleich zum Jahr 2016 sei die Anzahl an angezeigten Taten, die sich gegen Taxifahrerinnen und -fahrer richtet, um 40 Prozent zurückgegangen – gegenüber 2020 sei die Fallzahl erneut um 20 Prozent gesunken. „Der auffällige Rückgang ist, vermutlich durch die Pandemie bedingt, erst seit 2020 zu verzeichnen“, teilte die Polizei auf Anfrage der Berliner Morgenpost seinerzeit mit.

Hohe Dunkelziffer bei den Straftaten

Hayrettin Şimşek, zweiter Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V, geht gegenüber der Berliner Morgenpost von einer hohen Dunkelziffer bei Straftaten gegen seine Kollegen aus. "Viele der Kollegen schämen sich, zuzugeben, ausgeraubt oder angegriffen worden zu sein", sagt Şimşek. Den Großteil der Vorfälle würde die Taxi-Innung erst über die Berichterstattung in den Medien erfahren.

So auch im Fall des getöteten Taxifahrers in der Brahmsstraße. Auf der Homepage der Innung schreibt der Vorstand fast resignierend: "Einmal mehr hat sich heute gezeigt, wie gefährlich unsere eigentlich auf Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft basierende Tätigkeit ist. So wurde heute am hellichten Tage im vornehmen Stadtteil Grunewald ein Kollege in seinem Taxi mit einem Messer angegriffen und tödlich verletzt (...) Wir sind betroffen, denn es hätte jeden von uns treffen können. Trotzdem sind wir auch morgen wieder für Sie da."