Berlin. Einen Tag vor der geplanten Vorstellung des Koalitionsvertrages in Berlin haben CDU und SPD am Sonntagabend die letzten Streitpunkte geklärt. CDU-Generalsekretär Stefan Evers twitterte eine Videosequenz, bei der wie bei der Papstwahl weißer Rauch aufstieg. Der SPD-Politiker Kevin Hönicke twitterte: „Habemus Koalitionsvertrag“.
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Nach den inhaltlichen Fragen erzielten beide Parteien bei den Koalitionsverhandlungen am Sonntagabend demnach auch eine Einigung bei der Ressortverteilung, wie die Morgenpost erfuhr:
Neue Koalition in Berlin: Diese Ressorts erhält die CDU
- Regierender Bürgermeister sowie Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung
- Finanzen
- Bildung, Jugend und Familie
- Kultur und Europa
- Umwelt, Mobilität und Klimaschutz
- Justiz und Verbraucherschutz
Diese Ressorts gehen an die Berliner SPD
- Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, ergänzt um den Denkmalschutz
- Innenressort
- Wirtschaft
- Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
- Arbeit und Soziales, um Vielfalt und Antidiskriminierung
Kai Wegner wird Regierender Bürgermeister und übernimmt die Ressorts Digitalisierung und Verwaltung
Klar ist, dass der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner den Posten des Regierenden Bürgermeisters übernehmen wird. Zudem hat er sich dem Vernehmen nach bei den Ressorts Digitalisierung und Verwaltung durchgesetzt. Das wollte die SPD ursprünglich bei Innen halten.
Als Finanzsenator soll nach Informationen der Berliner Morgenpost der bisherige Generalsekretär Stefan Evers nominiert werden.
Als sicher gilt, dass die bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey die Stadtentwicklung übernimmt.
CDU und SPD einigen sich auf Koalitionsvertrag - erste Kritik an Ressortverteilung
Noch am Abend wurde erste Kritik an der Ressortverteilung laut. Die CDU erhalte mit der Senatskanzlei, Finanzen und Justiz drei Querschnittsressorts, kritisierte der Kreisvorsitzende Lars Rauchfuß am Abend. "Um in der Gesetzgebung noch jeden in den Koalitionsverhandlungen besprochenen Formelkompromiss einzuholen", sagte Rauchfuß. "Für diese Aufstellung flüchtet Franziska Giffey wegen Animositäten lieber aus dem Roten Rathaus - ich verstehe es nicht."
Am Montag um 11 Uhr soll der Koalitionsvertrag vorgestellt werden. Allerdings werden da noch keine Personalien verraten, wer welches Ressort bekommt, bleibt noch vertraulich.
Schwarz-Rot in Berlin: Das sind die nächsten Hürden
Auf dem Weg zu einem schwarz-roten Senat sind nach der Vorstellung des Koalitionsvertrages allerdings noch zwei Hürden zu überwinden. Die SPD startet ein Mitgliedervotum dazu, dessen Ergebnis am 23. April bekanntgegeben wird. Die CDU entscheidet über das Regierungsprogramm bei einem Parteitag, der voraussichtlich erst nach Bekanntgabe des SPD-Ergebnisses stattfindet.
Die Wahl Wegners im Abgeordnetenhaus zum Regierungschef und die Vereidigung der Senatorinnen und Senatoren kann daher frühestens Ende April über die Bühne gehen, also in knapp vier Wochen. Dass das Projekt Schwarz-Rot an der Parteibasis noch scheitert, gilt als wenig wahrscheinlich.
Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD waren am 9. März gestartet. Sie verliefen offenbar weitgehend stolperfrei. Die Spitzen beider Parteien lobten zwischendurch immer wieder fast überschwänglich die aus ihrer Sicht gute und konstruktive Atmosphäre.
CDU und SPD mit Mammutsitzung am Sonnabend
In einer Mammutsitzung am Sonnabend waren offenbar die letzten Differenzen aus dem Weg geräumt worden. Einvernehmen konnten beide Parteien nach Informationen der Berliner Morgenpost über die Frage der Rekommunalisierung der Energienetze erzielen. Demnach soll der bislang vom aktuellen Senat eingeschlagene Weg fortgesetzt werden. Das Land strebt eine Mehrheitsbeteiligung bei der Gasag an, um mehr Einfluss auf die künftige Energieversorgung der Stadt zu gewinnen. Schon zu Beginn der Koalitionsverhandlungen hatte Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) der Verhandlungsgruppe den aktuellen Stand der Verhandlungen dargelegt.
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Neue Berliner Koalition will Anteil an landeseigenen Wohnungen erhöhen
Einigkeit besteht auch darin, einen großen Geldbetrag in die Hand zu nehmen, um den Anteil an landeseigenen Wohnungen durch Ankäufe zu erhöhen. Demnach sollen mehr als vier Milliarden Euro bereit gestellt werden, um 15.000 Wohnungen zu kaufen – rund 300.000 Euro pro Wohnung. Die SPD konnte sich in der Schlussrunde auch damit durchsetzen, den Landesmindestlohn künftig nicht mehr bei Bedarf neu auszuverhandeln, sondern eine Dynamik festzulegen, nach der der Mindestlohn regelmäßig überprüft und automatisch angepasst wird.
Keine Einigung hatten CDU und SPD zunächst über den umstrittenen Ausbau der A 100 erzielen können. Die CDU möchte den Ausbau vorantreiben, die SPD möchte die Verlängerung über den Anschluss am Treptower Park nicht weiter verfolgen. Auch im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung hatten am Wochenende zunächst noch offene Fragen bestanden. Am Sonntag konnten fast alle Streitpunkte zwischen CDU und SPD ausgeräumt werden. Nur bei der Frage der A 100 wurde keine Einigkeit erzielt. Da die Entscheidung am Ende beim Bund liegt, gibt es dazu zwischen den beiden Koalitionsparteien keinen Kompromiss.