Geburtstag

Edgar Selge: Beeindruckend in Spiel und Wort

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Edgar Selge bei Dreharbeiten zum Fernsehfilm „Berthold Beitz - ein unruhiges Leben" auf Schloss Drachenburg im Rheinland.

Edgar Selge bei Dreharbeiten zum Fernsehfilm „Berthold Beitz - ein unruhiges Leben" auf Schloss Drachenburg im Rheinland.

Foto: Rolf Vennenbernd / dpa

Edgar Selge wird als Theater-, Film- und Fernsehschauspieler sowie als Romanautor gefeiert. Am Montag wird der Münchner 75 Jahre alt.

Wer das große schauspielerische Werk von Edgar Selge auf eine Rolle reduzieren will, wird vermutlich den Münchner „Polizeiruf 110“ wählen. Als einarmiger Kommissar Jürgen Tauber ist er eine der herausragenden Figuren des deutschen Krimifernsehens. Aber Selge, der am Montag 75 Jahre alt wird, ist weit mehr – seit Jahrzehnten ein verehrter Begleiter des Theater-, Fernseh- und Kinopublikums und seit seinem ersten Roman auch ein für außergewöhnliches Sprachtalent gelobter Schriftsteller.

Selge kam am 27. März 1948 in Brilon zur Welt und wuchs im westfälischen Herford auf, wo sein Vater Leiter des Jugendgefängnisses war. Die biografischen Dramen dieser Kindheit kennen die Leser aus Selges 2021 erschienenem Roman „Hast du uns endlich gefunden“, der auf Anhieb ein Bestseller wurde und für die präzise, eindringliche Wortwahl viel Lob bekam.

Obwohl Selge in seinem Erstling auch den Missbrauch durch den Vater beschreibt, sieht er sich nicht als Missbrauchsopfer. „Ich würde dieses Wort nicht auf mich beziehen“, sagte Selge dem „Tagesspiegel“. Als einer, der sich selbst als Teil der 68er-Generation bezeichnet, ar­beitet er sich mehr am Konflikt dieser Umbruchszeit ab. Der „tageszeitung“ sagte er, er sei traumatisiert von den 68ern – „von der Unversöhnlichkeit, mit der damals zwei Generationen aufeinander losgegangen sind – diesen blinden Hass habe ich bis tief in meine Familie hinein gespürt“.

Selge selbst sieht sich als Familienmensch. Seit vielen Jahren ist er mit der Schauspielerin Franziska Walser – der ältesten Tochter des Schriftstellers Martin Walser – verheiratet, die beiden haben die Kinder Jakob und Maria. Mit seiner Frau und Jakob zusammen steht Selge gerade wieder in Berlin auf der Bühne. In der Komödie „Rosige Aussicht“ geht es um ein Ehepaar, das sich nach 50 Jahren scheiden lässt. Das Stück ist ein großer Erfolg.

2016 bekam er den Titel Schauspieler des Jahres für das Solotheaterstück „Unterwerfung“, das er in Hamburg aufführte. Der Deutsche Filmpreis, der Deutsche Fernsehpreis, Grimme-Preise, Bambi und Goldene Kamera sind weitere Auszeichnungen des Manns, den die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ wegen seiner eindrucksvollen Art zu spielen als „Seelenkopf Selge“ bezeichnete.

Die meiste Zeit seines Berufslebens stand Selge auf Theaterbühnen. Nach der Schauspielausbildung Mitte der 70er-Jahre an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule, wo er auch seine spätere Frau kennenlernte, bekam er bald ein Engagement bei den Münchner Kammerspielen.

Der parallel auch für Kino und Fernsehen tätige Schauspieler wollte trotz vieler erfolgreicher Jahre am Theater aber häufiger drehen können und kündigte nach 20 Jahren 1996 sein festes Engagement. In der Folge wurde er zu einem der bekanntesten deutschen Schauspieler.

Nach seinem Ausstieg bei den Kammerspielen spielte Selge in dem Helmut-Dietl-Klassiker „Rossini“ einen verklemmten Banker, dessen Ausspruch „Ich hab ein gutes Gefühl – ein gutes Gefühl!“ es in die Kategorie legendärer Filmzitate schaffte. Auftritte in „Tatort“, „Derrick“ oder „Der Alte“ brachten Selge große Bekanntheit.

Schauspielerisch stärker gefordert war er in anderen Rollen, etwa in dem gerade im Kino laufenden „Aus meiner Haut“ oder in seiner jüngsten Fernsehproduktion als Erich Honecker in „Honecker und der Pastor“. Auch an einem zweiten Buch arbeitet Selge. Es solle eine „geschichtliche Dimension“ haben, sagte er dem „Tagesspiegel“

( afp )