Am Montag droht Chaos

Streik bei der S-Bahn: Das sind die Alternativen in Berlin

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Großstreik bei Verdi und EVG - am Montag droht Verkehrschaos

Großstreik bei Verdi und EVG - am Montag droht Verkehrschaos

Wegen des Tarifkonflikts im öffentlichen Dienst und bei der Bahn drohen am Montag die umfangreichsten Streiks seit vielen Jahren in Deutschland. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) riefen hunderttausende Beschäftigte im Verkehrsbereich "in einen ganztägigen Arbeitskampf". Die Deutsche Bahn stellt deswegen den gesamten Fernverkehr ein. Auch im Nah-, Flug-, Schiffs- und Straßenverkehr werden massive Beeinträchtigungen erwartet.

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Am Montag fallen durch den Großstreik von EVG und Verdi S-Bahnen und Regionalzüge in Berlin aus. Welche Alternativen bereitstehen.

Berlin.  Der Großstreik am Montag hat auch für Berlin und Brandenburg erhebliche Folgen: Wer normalerweise mit S-Bahn oder Regionalzügen unterwegs ist, der muss sich an dem Tag nach Alternativen umsehen. Mobilitätsunternehmen stellen sich für den Tag bereits auf einen höheren Andrang ein, allen voran die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die nicht bestreikt werden. Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen und Fähren fahren also wie gewohnt, allerdings sollen sich Fahrgäste „während des Streiks auf vollere Fahrzeuge und möglicherweise längere Wartezeiten einstellen“, heißt es vom Unternehmen. Alle aktuellen News zum Streik in Berlin heute lesen Sie in unserem Liveblog.

„Wir werden die maximal mögliche Zahl und Größe von Fahrzeugen auf die Straßen und Schienen bringen“, erklärte BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt in einer Mitteilung. Auch die Leitstellen seien vorbereitet, um die erwartbar größere Nachfrage bestmöglich zu managen. Erfurt stellte aber auch klar: „Natürlich können wir auch bei vollem Einsatz größere Ausfälle bei der S-Bahn nicht in vollem Umfang kompensieren.“ Fahrgäste sollen deshalb wenn möglich die Hauptverkehrszeiten meiden.

Streik am 27. März in Berlin - die Übersicht

Bereich Auswirkung
S-Bahn Berlin Streik, kein Zugverkehr
BVG (U-Bahn, Tram, Bus) kein Streik, regulärer Verkehr
Flughafen BER kein Streik, aber Ausfälle möglich
Regional- und Fernverkehr
der Deutschen Bahn
Streik, kein Zugverkehr
Regionalverkehr
der ODEG
kein Streik, dennoch kein Zugverkehr
 
Autobahnen Sperrungen möglich, Staus erwartet

Streik am 27. März: Freenow lockt mit Rabattcodes

Basierend auf Erfahrungen anderer Streiks, werden auch Unternehmen, die alternative Mobilitätsangebote zum öffentlichen Nahverkehr anbieten, am Montag profitieren. Freenow, über dessen App Mietwagen mit Fahrer, Taxis oder Leihfahrzeuge bestellt werden können, stellt sich in Berlin auf eine „stark erhöhte Nachfrage“ ein, wie ein Sprecher mitteilte. „Fahrtanfragen über die App können sich für Taxifahrten an Streiktagen zeitweise mehr als vervierfachen. Wir sind deshalb bereits seit Mitte der Woche in Gesprächen mit angeschlossenen Fahrern und Unternehmen vor Ort, um für die Bereiche Taxi und Mietwagen mit Fahrern bestmöglich vorbereitet zu sein.“

Über die Freenow-Plattform können in Berlin mehr als 25.000 Fahrzeuge aus den Kategorien Carsharing, E-Scooter, E-Bikes oder E-Mopeds gebucht werden. Am Montag will Freenow Kunden auch mit Rabatten locken: Mit dem Code “ImmerAnsZiel” sparen Fahrgäste demnach zehn Prozent, maximal aber drei Euro, auf eine Taxifahrt. Neu-User können mit dem Code “STREIKBRECHER” einen Gutschein in Höhe von zehn Euro erhalten, anwendbar auf eine Fahrt mit allen verfügbaren Mobilitätsangeboten. Laut Freenow sind zu bestimmten Zeiten aber auch längere Wartezeiten möglich, insbesondere im Bereich von Taxis und Mietwagen.

S-Bahn-Streik: Tier will mehr E-Scooter und E-Bikes an Bahnhöfen bereitstellen

Sharing-Anbieter Tier stellt sich ebenfalls darauf ein, dass mehr Menschen als gewohnt E-Scooter leihen wollen. Unternehmenssprecher Florian Anders verweist dazu auf ein Beispiel aus dem vergangenen Monat. „Als es im Februar einen Warnstreik bei der üstra in Hannover gab, haben wir im Vergleich zu einem normalen Dienstag in Hannover 2,2 Mal so viele Fahrten verzeichnet und die Streckenlänge lag rund 40 Prozent über dem Durchschnitt“, erklärt er. „Wir planen daher für den anstehenden Streiktag, die vorhandenen Kapazitäten voll auszunutzen und unsere E-Scooter und E-Bikes an den Verkehrsknotenpunkten und in der Nähe der S-Bahn- und Ringbahn-Haltestellen bereitzustellen.“

Auch für Fahrtenvermittler Uber wird dies kein Wochenstart wie jeder andere sein. Dort rechnet man damit, dass die Partner-Unternehmen mehr Fahrer auf die Straßen schicken als sonst üblich. Geschäftsmodell von Uber ist es, nicht selbst Fahrer zu beschäftigen sondern mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die die sogenannten Uber-Partner-Fahrer verpflichten und für Dienste einteilen.

Taxi-Innung erwartet zehn bis 20 Prozent mehr Taxis auf Berlins Straßen

Uber-Sprecher Tobias Fröhlich geht nun davon aus, dass diese sich auf eine größere Nachfrage einstellen. Dabei ist es den Fahrern aber nicht gestattet, wie ein Taxi, an jenen Punkten zu stehen, wo beispielsweise viele S-Bahn-Nutzer ankommen werden, die soeben festgestellt haben, dass ihr Zug nicht fährt. Vielmehr sieht Fröhlich eine verstärkte Buchung von Uber-Touren via App voraus. Das rechnet sich für die Betreiber. Denn wie bei Flug-, Zug- oder Hotelbuchungen steigen die Preise für die Fahrt mit wachsender Nachfrage mitunter um das Mehrfache. Das gilt etwa für Abende und Nächte an Freitagen und Sonnabenden sowie an Tagen, an denen in Berlin Messe ist – und wird bei Uber nun auch für den Montag erwartet.

Für den Einsatz von Taxis sagt der Vorsitzende der Innung des Berliner Taxigewerbes, Leszek Nadolski, am Montag einen Anstieg um zehn bis 20 Prozent voraus. Auch er selbst ist Fahrer und wird an diesem Tag seinen Dienst früher beginnen als üblich, statt um neun bereits um sechs Uhr. „Ich stelle mich an den Bahnhof Spandau, stehe da hoffentlich in der Pole-Position und erwarte Menschen, die mit der Bahn fahren wollten“, sagt er.

Taxis in Berlin: Hohe Nachfrage am Morgen erwartet

Er erwarte, dass „die Hälfte der Bevölkerung nicht wissen wird, dass wegen des Streiks die Bahnen nicht fahren“. Das werde auf den Straßen der Stadt für ein erhöhtes Fahrgastaufkommen für ihn und seine Kollegen sorgen. Und die Verkehrswege verstopfen. Denn ÖPNV-Nutzer wichen an Streiktagen auf das eigene Auto aus, um zum Arbeitsplatz zu gelangen, oder riefen sich eben ein Taxi.

Über den Montag hinweg geht der Innungschef davon aus, dass es zwischen sechs und neun Uhr für sein Gewerbe eine erhöhte Nachfrage gibt, dann erneut ab 14 Uhr. Und: „So ein Streik löst eine ganze Kette von Folgen aus“, sagt Nadolski aus Erfahrung. Menschen, die regelmäßig zum Arzt oder ins Krankenhaus müssen und dabei den ÖPNV nutzen, versuchten, sich in solchen Situationen ein Taxi zu bestellen. Sind die aber nicht zu bekommen, riefen die betroffenen Patienten in ihrer Not oft einen Krankenwagen.