- Die Zahl der Messerattacken in Berlin steigt
- Jetzt verschärft die Bundespolizei ihr Vorgehen
- An vier Bahnhöfen gilt am Wochenende ein Messerverbot
Berlin. Nachdem in Berlin immer mehr Messerattacken zu verzeichnen sind, verschärfen die Sicherheitsbehörden ihr Vorgehen. So wird die Bundespolizei ab Freitagabend vier zentrale Bahnhöfe in den Fokus nehmen und Passanten dort auf Hieb- und Stichwaffen sowie andere potenziell gefährliche Gegenstände kontrollieren. Erlassen wird eine sogenannte Ordnungsverfügung, auf deren Grundlage die Beamten auch Dinge beschlagnahmen können, die legal mitgeführt werden können. „Wir orientieren uns an den Vorgaben für den zivilen Luftverkehr“, sagte Bundespolizei-Sprecher Jens Schobranski. Diese Bahnhöfe sind betroffen:
- Bahnhof Südkreuz
- Bahnhof Ostkreuz
- Bahnhof Gesundbrunnen
- Bahnhof Warschauer Straße
Die Verfügung tritt am Freitagabend um 20 Uhr in Kraft und gilt bis Sonntagmorgen um sechs Uhr. Die Beamten wollen dann auch Messer beschlagnahmen, die nicht unter das Waffenrecht fallen. Auch Reizgas, Schlagwaffen oder Dinge wie Hämmer oder Schraubenzieher werden man einkassieren, kündigte Schobranski an. Dies gelte zumindest, wenn der Mitführende keinen triftigen Grund anführen kann. Einem Handwerker auf dem Weg zur Arbeit werde man sein Werkzeug entsprechend nicht wegnehmen.
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Messerattacken in Berlin: Beschlagnahmte Gegenstände können am Montag wieder abgeholt werden
Ansonsten könnten die beschlagnahmten Dinge am Montag bei der Bundespolizei wieder abgeholt werden, sofern sie nicht unter das Waffenrecht fallen. Wer also mit bestimmten Klapp- oder Springmessern erwischt wird, muss mit einem Strafverfahren wegen illegalem Waffenbesitzes rechnen. Ziel der Aktion sei es, Menschen für die Gefährlichkeit bestimmter Gegenstände zu sensibilisieren, so Schobranski weiter. Wenn man diese zu Hause lasse, „bleibt es grundsätzlich friedlicher“. Wie notwendig diese Sensibilisierung ist, machen die Zahlen mehr als deutlich. Zwischen 2021 und 2022 stieg die Zahl der Messerangriffe in Berlin von 2777 auf 3317 Fälle. Im laufenden Jahr bis Dienstag zählte die Berliner Polizei bereits 635 Messerangriffe.
Neben Raubtaten und Überfällen, bei denen Waffen gezielt eingesetzt werden, eskalieren immer wieder Streitigkeiten vor allem zwischen jungen Männern – so zuletzt in der Nacht zu Mittwoch auf der Huttenstraße in Moabit. Mehrere zum Teil Heranwachsende tauschten erst Beleidigungen aus, schlugen dann aufeinander ein und zogen schließlich Messer. Einen 20-Jährigen traf eine der Klingen dabei in beide Beine und den Rücken.
Messerangriffe: Fokus liegt besonders bei Kinder- und Jugendkriminalität
Man analysiere die Fallzahlen, um vor allem präventiv gegen die Zunahme der Messerattacken vorzugehen, sagte Beate Ostertag, Sprecherin der Berliner Polizei der Berliner Morgenpost. „Der Fokus ist dabei insbesondere auf den Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität gerichtet.“ In diesem Alterssegment verzeichnete die Polizei zuletzt eine steigende Affinität zu Stichwaffen. Hier würden oft Gruppendynamik und Imponiergehabe eine Rolle spielen.
Ein weiteres Motiv für das Mitführen von Messern geschehe mit dem Ziel der „Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls“, so Ostertag weiter. Offensiv eingesetzt würden hingegen Täter mit Messern etwa bei Bedrohungen und Raubtaten versuchen, ihren „Forderungen Nachdruck zu verleihen“. Durch das Mitführen bestehe immer die Gefahr, dass auch zugestochen werde.
Welche Folgen ein Messerstich im schlimmsten Fall hat, wurde erst wieder am vergangenen Wochenende deutlich, als ein 21-Jähriger bei einer Auseinandersetzung in Hohenschönhausen tödlich verwundet wurde. „Es gibt einen Verlust des Respekts vor Menschenleben“, sagt Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin. Häufig wüssten Messerstecher genau, wo sie die Klinge platzieren müssten, um größtmöglichen bis letalen Schaden zu verursachen.
GdP Fordert Einordnung von Messerattacken als Tötungsdelikt
„Entsprechend müssten Messerattacken vor Gericht nicht mehr als gefährliche Körperverletzung mit oder ohne Todesfolge, sondern als versuchtes oder vollendetes Tötungsdelikt gewertet werden.“ Dies hätte zumindest eine Signalwirkung. An hochfrequentierten Plätzen wie dem Alex können man über generelle Verbotszonen nachdenken. „Hier bräuchte es dann auch das Personal, dass diese umsetzt und genau das haben wir nicht.“