Berlin. Sie wollen es der Bundeswehr möglichst schwer machen, Eigenwerbung zu betreiben: Antimilitärische Aktivistinnen und Aktivisten beklebten am vergangenen Wochenende laut eigenen Angaben rund 30 Werbevitrinen in der Friedrichstraße, in denen auf Plakaten für eine Laufbahn bei der Bundeswehr geworben wird – sogenanntes Adbusting. Die Pressestelle des Militärs reagiert nüchtern und sieht den Protest als „Ausdruck einer lebendigen Demokratie“.
Adbusting-Aktivisten wollen „Propaganda“ der Bundeswehr durchkreuzen
Dabei kommt die Kritik weniger sachlich daher: Sticker mit den Aufschriften „Bundeswehr zum Kotzen“, „Brauner Nazi-Haufen“ oder „LOL, was kümmern mich Menschenleben?“ wurden zusammen unter anderem mit sich übergebenden Emojis auf die Scheiben der Aushängeflächen geklebt. „Das Militär versucht, sich als gute Arbeitsgeber*in zu inszenieren“, heißt es in einer Mitteilung der dezentralen Kampagne „Werbung abrüsten“. „Mit unseren Stickern durchkreuzen wir diese Propaganda!“
Die Adbusting-Aktion wurde anlässlich der Neu-Eröffnung der Bundeswehr-Karrierelounge vergangenen Freitag an der Friedrichstraße durchgeführt. Auf der Webseite der Bundeswehr wird sie als „leicht zugängliche und moderne Begegnungsstätte“ beworben, wo sich Interessierte über unterschiedliche Truppengattungen und Dienststellen sowie Karrieremöglichkeiten informieren können. Die Eröffnung ging mit einer Kampagne einher, bei der 150 Werbeflächen für rund einen Monat angemietet wurden, wie eine Sprecherin der Bundeswehr in Köln mitteilt.
Bundeswehr sieht Aktion als Ausdruck einer lebendigen Demokratie
Angesprochen auf die Gegenkampagne der Aktivistinnen und Aktivisten verweist die Sprecherin auf den Zweck der Karrierelounge, die ein Ort der Information und Kommunikation sei. „Neben der Information über berufliche Tätigkeitsfelder wollen wir auf eine unkomplizierte Art und Weise auch einen kontinuierlichen Dialog zwischen Bundeswehr und Öffentlichkeit fördern. Wir stellen uns somit sachlich auch sämtlichen Formen von Kritik, Protesten und Demonstrationen als Ausdruck einer lebendigen Demokratie, wie 2015, als der damalige Showroom der Bundeswehr Ziel eines Farbschlags war mit dem Motto: ‘Wir kämpfen auch dafür, dass Du gegen uns sein kannst’.“
Während die Aktivisten-Gruppe behauptet, die Bundeswehr hätte für die Werbekampagne „tief in die Tasche gegriffen“, wollte die Militär-Pressestelle keine Auskunft zu den Kosten geben. Der Grund: Es handele sich um Agenturpreise.
Adbusting: In Vergangenheit gegen Polizei, A 100 und Gerhard Schröder
Hinter der Adbusting-Aktion steht die Kampagne „Werbung abrüsten“, die Sticker-Sets zur Verfügung stellt. Gemäß einer Kampagnen-Mitteilung wird davon ausgegangen, dass die Emojis und Sprechblasen, die nun in der Friedrichstraße hängen, demnächst auch andernorts das Stadtbild prägen werden.
Die Bundeswehr ist nicht das einzige Ziel von sogenannten Adbusting-Kampagnen. Schon vor Jahren wurde die Polizei auf Plakaten als Gewalttäter dargestellt. Auch der Ausbau der A 100, Parteien wie die FDP oder Einzelpersonen, wie der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, standen in der Vergangenheit immer wieder im Fokus von Adbusting-Gruppen. Dabei wurden jedoch anders als in der Friedrichstraße Werbevitrinen gekapert und die Plakate ausgetauscht.
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