Berlin. Das Start-up Trawa aus Berlin-Wilmersdorf will kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) künftig unterstützen, Stromkosten einzusparen. Eine Software soll dafür Einsparpotenziale in den Firmen ermitteln und im zweiten Schritt mithilfe von KI-Unterstützung die günstigsten Preise am Markt finden. Mehr Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit von klassischen Energieversorgern versprechen die Gründer.
Alleine über den optimierten Einkauf seien bis zu 20 Prozent an Energieeinsparungen möglich. Große Ankündigungen. Aufhorchen lässt allerdings, dass das junge Unternehmen aus Wilmersdorf in einer ersten sogenannten Pre-Seed-Finanzierungsrunde – also in einer sehr frühen Phase Unternehmensentwicklung – bereits 2,4 Millionen Euro von Investoren einsammeln konnte, die von dem Konzept überzeugt scheinen.
Gewerkschaften: Strompreise bleiben für Industrie in Deutschland hochproblematisch
Der Strompreis sei für die energieintensive Industrie nicht erst seit der Energiekrise ein Problem, die Lage habe sich zuletzt aber zugespitzt, erklärten im März 2023 gemeinsam die Gewerkschaften IG Metall, IGBCE und IG BAU. Habe der Börsenstrompreis 2020 im Jahresdurchschnitt noch bei 30 Euro pro Megawattstunde gelegen, habe er 2022 im Schnitt 235 Euro erreicht. Blieben die Preise im internationalen Vergleich so hoch, stehe die energieintensive Industrie in Deutschland mittel- bis langfristig vor dem Aus, heißt es.
Nicht nur sind die Preise auf dem Markt hoch, sie schwanken auch stark. Große Industrieunternehmen unterhalten oft eigene Abteilungen, die täglich schauen, wo sie Strom am günstigsten herbekommen. Kleinere Unternehmen bestellen meist einen Tarif und können dann nicht auf Schwankungen reagieren.
„Wir wollen auch KMUs die Möglichkeit geben, auf einem sich rasant verändernden Markt diese Potenziale zu nutzen“, so David Budde, Mitgründer und CEO. Durch einfachen tagesaktuellen Stromeinkauf und nachhaltiger Portfoliobeschaffung erneuerbarer Energien, einschließlich Direktstromlieferverträgen
Mischung aus langfristigen Direktverträgen und tagesaktuellem Einkauf
Denn um die Schwankungen abzufangen greifen Unternehmen auch auf sogenannte Power Purchase Agreements („Stromkaufvereinbarung“), kurz PPA zurück. Das ist ein oft langfristiger Stromliefervertrag zwischen zwischen einem Stromproduzenten – meist Solar- und Windparks – und einem Stromabnehmer.
Vorteil: Handelsmargen fallen aufgrund der Direktabnahme weg – wobei natürlich auch das Start-up dann seinen Anteil bekommen wird – und Unternehmen können ihren ökologischen Fußabdruck verbessern.
Nachteil: Zukünftige Preisentwicklungen müssen im Voraus prognostiziert werden. Bei einer abweichenden Entwicklung besteht das Risiko, mit einem Festvertrag gegenüber dem Marktpreis draufzuzahlen. Zuletzt hatte beispielsweise die Einführung der Strompreisbremse den Markt in Deutschland deutlich entspannt.
Auch die Industrie- und Handelskammer Berlin zeigte sich in ihrem jüngsten Konjunkturbericht optimistisch. Das im Herbst prognostizierte Schreckensszenario sei ausgeblieben. Dank energetischer Anpassungsleistungen, neuerschlossenen Energielieferanten sowie staatlichen Kostenbremsen seien die Energiepreise zum Jahresbeginn 2023 auf ein zwarhohes, aber erträglicheres Niveaugesunken, heißt es.
Software soll günstigste Kombination von Stromprodukten berechnen
Ob eine Software all diese Entwicklungen vorhersehen kann? „Der Markt verändert sich. Strom wird nicht nur teuerer, sondern vor allem auch volatiler, gerade durch den Ausbau der erneuerbaren Energien. Unsere Software ermöglicht es, dass kleine Unternehmen da mithalten“, sagt Mitbegründer Budde. Die Lösung von Trawa sehe daher wohl später in vielen Fällen die Kombination von Wind-, Solar- und Börsenstrom vor.
Somit fördere das Geschäftsmodell den Ausbau erneuerbarer Energien. Als nächstes wolle das Start-up eine Lizenz als Energieversorger beantragen und das Produkt- und Entwicklungsteam weiter ausbauen.
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