Berlin. Wenn Hoteldirektor Carsten Rudolph aus dem Fenster in der Lobby des Park Plaza Berlin in der Lietzenburger Straße in Charlottenburg-Wilmersdorf schaut, gerät er beim Blick auf die Kräne über der Baustelle des Projekt Fürst regelrecht ins Schwärmen. „Als ein Kind des Kudamms sehe ich, dass sich gerade viel zum Positiven verändert.“ Er könne sich noch gut erinnern, als Investoren für Großprojekte in der City-West mit großen Ideen kamen, wieder verschwanden und statt Aufbruch wieder Stillstand folgte.
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Nun verändere sich der Kudamm und die City West rasant – und damit auch sein Geschäftszweig. „Wir sehen uns in der Branche alle lange nicht mehr als Konkurrenz, weil wir wissen, dass Erfolg nur gemeinsam gelingen kann. Es herrscht eine Aufbruch- und Mitmachstimmung.“ Luxushotels, Hostels, Büros, Shopping, Gastronomie und Kultur. Sie seien alle Teil des Aufschwungs, der aber gleichzeitig nicht von Problemen ablenken dürfe.
Deutlich mehr Übernachtungen, aber noch kein Vor-Corona-Niveau
Der Anlass für die Einladung am Montag ist die Umbenennung des art’otel Berlin Kudamm in Park Plaza Berlin, die bereits im Dezember 2022 stattgefunden hat. Eine strategische Entscheidung und Teil des laufenden Investitionsprogramms, heißt es seitens des Unternehmens. „Mit seiner Nähe zur Berliner Messe und dem Berliner Kurfürstendamm, dem City Center West, direkt vor der Haustür, ist das Hotel der ideale Ort für Touristen und Messebesucher“, sagt der Hotel-Chef. Die nach Corona auch wieder öfter kommen.
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Gut 26,5 Millionen Übernachtungen gab es laut dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg im Jahr 2022 in Berlin. Das waren fast doppelt so viele wie 2021. Aber der Wert liegt noch unter dem Jahr 2019, als noch 34,1 Millionen Touristen in der Stadt übernachteten. Auch wenn die Zahlen noch nicht wieder auf dem Vor-Corona-Niveau seien, habe die Pandemie nicht nur negative Folgen gehabt. „Wir sind unseren Gäste näher gekommen. Das hat ein Stück weit die Philosophie verändert“, sagt er. Immer öfter setze sich auch im Umgang mit Geschäftsreisenden oder gerade auch mit treuen Stammgästen das „Du“ als Anrede durch.
Hotellerie wird lockerer und nachhaltiger
Vieles sei lockerer und auch herzlicher geworden. Ein selbst mitgebrachtes Bier im Barbereich des Hotels würde niemanden mehr stören. Nachhaltigkeit setze sich als Anspruch unter den Gästen immer mehr durch. So verschwanden die Wäschetüten sowie die kleinen Fläschchen mit Shampoo und Lotion aus den Zimmern und wurden durch große Varianten, die nachgefüllt werden, ersetzt. „Wer es gerne so hätte, bekommt es immer noch so. Aber die Nachfrage ist auch spürbar zurück gegangen“, sagt Hoteldirektor Carsten Rudolph. Sich auf die individuellen Ansprüche der Gäste einstellen, gehöre schließlich weiter dazu.
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Der Bezirk ziehe nach wie vor eine wohlhabende, bürgerliche Gästeklientel an, die bewusst oder intuitiv am traditionellen Mythos des ‚alten West-Berlins’ andockt, heißt es im Tourismuskonzept von Charlottenburg-Wilmersdorf. Mit 4,4 Millionen Übernachtungen zählt er nach Mitte zum zweitbeliebtesten Bezirk, in denen Touristen nächtigen. Auf dem Tourismusportal Visit Berlin finden sich in den zehn Top-Sehenswürdigkeiten gleich zwei Orte aus Charlottenburg-Wilmersdorf: Das Schloss Charlottenburg und der Kurfürstendamm.
BER-Schulden und Messen: Das sind die Probleme im Berliner Tourismus
Aber die durchaus positiven Entwicklungen dürften auch nicht über die Baustellen im Bereich des Tourismus hinwegtäuschen. „Es fehlen mehr internationale Messen“, sagt Carsten Rudolph. Laut den Volkswirten der Investitionsbank Berlin (IBB) würde ein Euro Messe- und Veranstaltungsumsatz rund sechs Euro Kaufkraft in Berlin auslösen. Durch die Messen käme ein zusätzliches Berliner Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 1,6 Milliarden Euro zusammen. Aktuell findet die Internationale Tourismus-Börse Berlin statt.
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Zudem brauche der Flughafen Berlin Brandenburg BER dringend einen Schuldenschnitt, auch um die teuren Gebühren für die Airlines in den Griff zu bekommen. Weil der Flughafen über Steuermittel finanziert sei, dürften die Hotels dort auch nicht werben. „Der Tourismus in Berlin lebt immer noch zu stark von den deutschen Gästen“, sagt Rudolph. 61,8 Prozent der Gäste kamen im Jahr 2022 aus Deutschland nach Berlin.
Gute Erfahrungen habe er hingegen bei der Gewinnung von Fachkräften gemacht. Ein gutes Gehalt und eine faire Work-Life-Balance hätte auch viele Fachkräfte, die der Branche während Corona den Rücken gekehrt hätten, zurückgebracht. Auf Zeugnisse achte er heute kaum noch. „Wer das Herz an der richtigen Stelle hat und uns damit überzeugt, der ist schnell im Team dabei“, sagt Hoteldirektor Carsten Rudolph.
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