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Wie Oda in Berlin Supermärkten Konkurrenz machen will

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In Berlin startet der norwegische Online-Supermarkt Oda. Geliefert wird in alle zwölf Bezirke.

In Berlin startet der norwegische Online-Supermarkt Oda. Geliefert wird in alle zwölf Bezirke.

Foto: ODA / oda

Online-Supermarkt startet mit Lieferungen in allen zwölf Berliner Bezirken. Wie das Konzept funktioniert und wie hoch die Preise sind.

Berlin.  Lebensmittel online einkaufen? Das ist bislang bei Berlinerinnen und Berlinern nur wenig beliebt. Nur elf Prozent der Hauptstädter würden regelmäßig Lebensmittel online einkaufen, berichtet Malte Nousch. Er ist der Deutschland-Chef des norwegischen Online-Supermarkts Oda und will genau das ändern. Nach einer Testphase startet Oda nun mit Lieferungen von Lebensmitteln in die gesamte Hauptstadt. Und Nousch zeigt sich zuversichtlich: „Der Mehrwert für die Kunden – ob Single-Haushalte, Familien, Ältere oder in der Mobilität eingeschränkte Menschen – liegt für mich auf der Hand.“ Denn eine von Oda beauftragte Umfrage unter rund 1000 Berlinern habe ergeben: Die Menschen verbringen im Schnitt etwa drei Stunden mit ihrem Wocheneinkauf.

Oda gibt es außer in Norwegen seit dem vergangenen Jahr auch in Finnland, Berlin bildet den Anfang für den Markteintritt in Deutschland. 145 Millionen Euro hat das Unternehmen Ende 2022 für seine Expansion bekommen; der Umsatz aus Norwegen reicht laut Nousch bislang nicht aus, um das internationale Wachstum zu finanzieren. Um Berlin mit Lebensmitteln zu beliefern, ist seit November 2021 ein großer Logistikstandort in Ragow, einem Ortsteil der Stadt Mittenwalde südlich von Berlin, entstanden. Die Anlage dort ist nach norwegischem Vorbild gebaut und setzt stark auf Automatisierung. Die Kartons, in denen im Anschluss die Produkte landen, werden von einer Maschine zusammengebaut, und mittels eines Barcodes direkt dem Kunden zugeordnet.

Danach geht es für die Pappkisten über Förderbänder auf eine Fahrt durchs Lager – entweder durch den gekühlten oder den ungekühlten Bereich. Mehr als 9000 Produkte umfasst das aktuelle Oda-Sortiment in Ragow. Auch eine Bäckerei gibt es, wobei bislang noch auf das Aufbacken von Tiefkühlwaren gesetzt wird. Perspektivisch soll der Bäckermeister von Oda aber auch selbst Teig herstellen.

Online-Supermarkt Oda will Alternative für Wocheneinkauf darstellen

Entlang des Förderbands wirken die Produkte auf den ersten Blick ungeordnet: Gummibärchen stehen an derselben Station wie Kaffeefilter, Reis oder Waschmittel. „Wir haben nicht das klassische Haribo-Regal“, sagt auch Steffen Christ, Operations Director von Oda Deutschland. Stattdessen seien die Produkte eher nach Platz und Gewicht sortiert und danach, wie oft sie verkauft werden. Ein weiterer Vorteil: Die Mitarbeitenden, die die Waren in die Kisten packen, müssten nicht lange überlegen, welche Art von Gummibärchen der Kunde bestellt hat, weil sich im Regal vor ihnen in der Regel nur eine Sorte befindet. „Das macht es auch effizienter“, erklärt Christ.

Oda will in Berlin in erster Linie eine Alternative zum geplanten Wocheneinkauf werden. Das Konzept sieht daher keine Lieferungen innerhalb weniger Minuten vor, wie sie Quick-Commerce-Anbieter wie Getir oder Flink versprechen. Stattdessen können Einkäufe über die App oder die Website frühestens für den nächsten Tag bestellt werden. Derzeit wird von Montag bis Sonnabend zwischen neun und 22 Uhr geliefert, langfristig sollen schon ab sechs Uhr Bestellungen bei den Kunden ankommen. Die Lieferkosten betragen Oda zufolge je nach gewähltem Zeitfenster und Bestellwert maximal 3,99 Euro, teilweise fallen aber auch keine Gebühren an.

In Berlin hat Oda zunächst für rund einen Monat einen Testbetrieb durchgeführt. Mehr als 20.000 potenzielle Kunden haben sich laut Deutschland-Chef Nousch in der Zeit registriert, etwa 3000 Belieferungen seien in den vergangenen Wochen schon rausgegangen. „Wir haben den Druck an täglichen Bestellungen langsam hochgefahren, denn man hat nur eine Chance, einen ersten Eindruck zu machen“, erklärt er. Mit den ersten Wochen zeigt er sich zufrieden. „Jetzt schauen wir mal, wo wir bei Wiederbestellungen liegen.“

Neuer Online-Supermarkt vertreibt auch Produkte der Bio Company

Dass Online-Lebensmittel-Bestellungen in Deutschland nur ein Hype während der Corona-Pandemie waren, glaubt Manager Malte Nousch nicht. Auch wenn die Nachfrage im Quick-Commerce-Bereich zuletzt rückläufig war. Er begründet seine Zuversicht auch mit Zahlen aus anderen Ländern: Während der Online-Marktanteil im Lebensmittelbereich deutschlandweit nur bei drei Prozent liege, seien es in Frankreich acht und in England sogar 15 Prozent. „Dass das nur an den Kunden liegt, dass es andere Bedürfnisse in Deutschland gibt, das glaube ich nicht“, sagt Nousch. Denn die Annahme von Online-Angeboten über alle Warengruppen hinweg zeige, dass es auch hier Potenzial gebe.

Gefehlt hat aus seiner Sicht bislang nur das passende Angebot. Das ist einerseits eine Preisfrage: Oda will vergleichbar zu stationären Supermarktfilialen sein. „Wir vergleichen uns laufend, sodass sich Kunden darauf verlassen können, dass sie attraktive Preise bekommen“, betont Nousch. Im Sortiment sollen sowohl Produkte auf Discounter-Niveau, aber auch Bio-Lebensmittel zu finden sein, darunter rund 400 Produkte der Bio-Company-Eigenmarke. Betont wird zudem, dass etwa ein Viertel der Lieferanten regionale Erzeuger seien.

Online-Supermarkt will bis 2025 auf E-Fahrzeuge umstellen

Weil von Ragow aus in alle zwölf Berliner Bezirke geliefert wird, bedeutet das aber durchaus weite Fahrten, mehr als 50 Kilometer sind es etwa in den Berliner Norden. Ist das im Sinne der Nachhaltigkeit? Die Transporter von Oda sind bislang herkömmliche Verbrenner, als Ziel hat sich das Unternehmen eine Umstellung auf Elektrofahrzeuge bis zum Jahr 2025 gesetzt. Die Herausforderung ist dabei, dass nicht nur der Antrieb des Transporters über die Batterie laufen müsste, sondern auch der Betrieb der Kühlkammer im Wagen. Tests mit Fahrzeugherstellern zusammen laufen Nousch zufolge aber bereits.

Dennoch könnte laut dem Manager schon jetzt CO2 eingespart werden, wenn dafür Autofahrten von Kunden zum Supermarkt wegfallen – das habe zumindest eine Studie in Norwegen ergeben. Zudem gebe es eine große Solaranlage auf dem Dach des Logistikzentrums. „Und wir nutzen die Abwärme aus der Kühlung, um den Standort möglichst energieeffizient zu betreiben“, sagt er.

Oda-Sortiment soll auf 12.000 Produkte aufgestockt werden

In Norwegen habe sich auch gezeigt, dass Oda weniger Lebensmittel entsorgen müsse als andere Supermärkte. Über die Kundenbestellungen könne man relativ gut vorhersagen, welche Produkte benötigt werden. „Viel davon wird on demand produziert oder angeliefert“, erklärt der Deutschland-Chef. Gebacken werde etwa nur, was für den nächsten Tag bestellt worden ist. Gibt es doch zu viele Lebensmittel, die beispielsweise wegen begrenzter Haltbarkeiten nicht mehr verkauft werden, kooperiert Oda eigenen Angaben zufolge mit dem Verein Berliner Engel.

Sein Sortiment will Oda in den kommenden Monaten weiter aufstocken, von den aktuell gut 9000 Artikeln auf etwa 12.000. Angedacht ist außerdem bereits, das Liefergebiet noch auszuweiten. Mithilfe von kleineren Verteilzentren will das Unternehmen mittelgroße Städte in einem Umkreis von bis zu zweieinhalb Stunden Fahrt von Ragow aus ansteuern. Perspektivisch soll ein zweiter Standort im Ruhrgebiet an den Start gehen. „Aber“, sagt Nousch, „wir machen jetzt einen Schritt nach dem anderen.“

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