Berlin. Drei Stunden lang hat die FDP am Dienstagabend auf einem kleinen Parteitag zusammengesessen und die Niederlage bei der Berlin-Wahl 2023 analysiert. „Es gab weder ein Scherbengericht noch ein reinigendes Gewitter“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Partei, Björn Jotzo, am Tag danach. Im Gegenteil, die Partei sei mit sich im Reinen. „Die Kampagne war gut, der Spitzenkandidat herausragend“, laute die einhellige Meinung. Aber die FDP habe es nicht geschafft, sich eindeutig von der CDU abzugrenzen und den Wählern zu verdeutlichen, warum es die FDP im Parlament brauche.
Der negative Trend aus der Bundespolitik, wo die FDP in der Ampel-Koalition ebenfalls nicht gut dasteht, habe möglicherweise eine Rolle gespielt. „Und vielleicht haben zu viele gedacht, dass wir es sowieso schaffen“, sagt Jotzo. Die Umfragen hätten ja zunächst gut ausgesehen, vielleicht hätte es umgekehrt zu einer besseren Mobilisierung der eigenen Wählerschaft gereicht.
Mit 4,6 Prozent ist die FDP am vergangenen Sonntag an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die zwölf Fraktionsmitglieder und etwa 20 Mitarbeiter verlieren damit ihre Jobs. Bis zum 16. März muss die FDP die Räume im Preußischen Landtag räumen, dann konstituiert sich das Abgeordnetenhaus neu, die neu gewählten Abgeordneten ziehen ein.
Nach sechs Jahren fliegt die FDP wieder aus dem Parlament
Für Björn Jotzo ist das keine neue Erfahrung. Bereits 2011, als die FDP mit desaströsen 1,8 Prozent der Stimmen aus dem Parlament flog, wickelte er die Fraktion ab. Diesmal erledigt er den Auszug zusammen mit Fraktionsgeschäftsführer Paul Fresdorf.
Hätte man das Ruder noch rumreißen können, haben sich die Freidemokraten am Dienstagabend gefragt? Eher nicht, lautet eine erste Analyse. „Die CDU hat einen harten Wahlkampf gegen uns geführt“, sagt Jotzo. „Das ist ok.“ Beim Streit um die Aufarbeitung der Silvesterkrawalle habe die FDP differenzierter argumentiert als die CDU und eine pauschale Diskriminierung der Täter abgelehnt. „Aber die lautere Stimme der CDU hat sich durchgesetzt“, bilanziert der Parlamentarische Geschäftsführer.
Vielleicht, so vermuten andere Parteimitglieder, sei die Schwerpunktsetzung nicht die richtige gewesen. Zwar haben alle Parteien die Verwaltungsreform thematisiert, aber am Ende hat das Thema die Wählerinnen und Wähler nicht elektrisiert. Vielleicht sei die FDP mit ihrer Forderung, die Bezirke zu entmachten, auch ein wenig über das Ziel hinausgeschossen, vermuten andere.
Die FDP will 2026 wieder angreifen
Am Ende werde sich der Wahlsieg der CDU als Pyrrhussieg herausstellen, sind sich die Freidemokraten sicher. Auch die Oppositionsarbeit leide, wenn die FDP fehle. Tatsächlich hat keine andere andere Fraktion derartig viele parlamentarische Anfragen gestellt wie die FDP.
Jetzt will die Partei sich auf die kommenden Wahlen vorbereiten, sie finden ja bereits in dreieinhalb Jahren statt. „Wir werden den Leitbildprozess beschleunigen und bereiten uns auf den Wiedereinzug 2026 vor“, sagt Jotzo. Man wolle aus der Not ein Tugend machen.
Sechs Mal flog die FDP in Berlin bereits aus dem Parlament
Es ist das vierte Mal, dass die FDP seit der Wiedervereinigung aus dem Berliner Abgeordnetenhaus fliegt. 1995 und 1999 klappte der Einzug zwei Mal hintereinander nicht, 2011, bei der ersten Wahl nach der weltweiten Finanzkrise, führte die neoliberale Haltung der Partei zum historisch schlechtesten Ergebnis mit 1,8 Prozent, damals sogar knapp hinter der Tierschutzpartei. In West-Berlin war die FDP bereits 1958 und 1989 an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.
Ihre besten Ergebnisse erzielte sie in West-Berlin 1954 mit 12,8 Prozent und in der wiedervereinigten Stadt mit 9,9 Prozent im Jahr 2001.
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