Berlin. Die Umwidmung zur Fußgängerzone soll nach Meinung von „Rettet die Friedrichstraße“ das gesamte Quartier dauerhaft schädigen.
Das Aktionsbündnis „Rettet die Friedrichstraße“ hat nach zehn Monaten zum zweiten Mal eine mithilfe von GPS-Daten von Smartphones durchgeführte Analyse präsentiert. Sie zeigt dem beauftragten Unternehmen PlaceSense zufolge: Als Verkehrsversuch „Flaniermeile“ hat die Friedrichstraße stark an Besuchern verloren. Die kurzzeitige Öffnung der Straße für den Autoverkehr von November bis Januar hingegen habe einen Erholungseffekt gezeigt – zeitlich verzögert um sechs bis acht Wochen. Im Dezember seien zwei Prozent mehr Menschen gezählt worden, im Januar sogar um 49 Prozent.
Das Aktionsbündnis hat gegen die erneute Sperrung für Autos zwischen Französischer Straße und Leipziger Straße und die Ausweisung als Fußgängerzone Widerspruch eingelegt. Das Konzept, die Friedrichstraße auf einem 500-Meter-Teilstück autofrei zu halten, werde nicht angenommen – weder von Berlinern noch von Touristen, heißt es seitens des Aktionsbündnisses, in dem sich unter anderen der Wirtschaftskreis Mitte und die IG Gendarmenmarkt zusammengeschlossen haben. Die Friedrichstraße rutsche im Vergleich zu anderen Einkaufsstraßen Berlins in die Bedeutungslosigkeit ab und reiße die Nachbarstraßen gleich mit.
„Die Erholung des Einzelhandels verläuft deutlich unterdurchschnittlich.“
Die GPS-Daten zeigten, dass die Friedrichstraße während der Projektzeit deutlich hinter andere Berliner Straßen zurückgefallen sei, so Pressesprecherin Gritt Ockert. Verglichen mit 2019, das Jahr vor der ersten Sperrung für Autos, sei die Besucherfrequenz im Dezember 2022 um die Hälfte zurückgegangen. Der Kurfürstendamm habe im gleichen Zeitraum sogar um 41 Prozent an Besucherfrequenz zulegen können. Selbst der „obere Ku’damm“, also Halensee, verzeichne nach den Daten einen Zuwachs von zwölf Prozent. „Die so dringend benötigte Erholung des Einzelhandels nach den Corona-Maßnahmen verläuft in der Friedrichstraße leider deutlich unterdurchschnittlich.“
Die Senatsmobilitätsverwaltung hatte anhand von Passantenbefragungen auf positive Effekte der Sperrung für den Pkw-Verkehr verwiesen, auch spontane Umfragen unter den Händlern um die Friedrichstraße deuteten bislang selten auf Unzufriedenheit, viele zeigten sogar Zuversicht. Das Aktionsbündnis „Rettet die Friedrichstraße“ befürchtet hingegen, dass mit der erneuten Sperrung der Friedrichstraße und dem gesamten Quartier eine dauerhafte Schädigung drohe.
Aktionsbündnis und Handelsverband bestehen auf Verkehrskonzept
Als Einkaufsstraße habe die Friedrichstraße unterschiedlich funktioniert, als Flaniermeile tue sie das eindeutig nicht, sagte Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer vom Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB), der das Aktionsbündnis unterstützt. Das gesamte Areal – von Höhe Checkpoint Charlie bis zur Spree – brauche diese Straße als Impulsgeber. Daher müsse die Politik ein Verkehrskonzept vorlegen, entwickelt mit den Anrainern und auf Grundlage valider Daten.