Berlin. Fünf Tage vor der Berlin-Wahl 2023 gibt sich Landeswahlleiter Stephan Bröchler optimistisch. „Ich bin zuversichtlich, dass diese Wahl funktionieren wird“, sagte er am Dienstag vor Journalisten. Die Landeswahlleitung und die Verantwortlichen in den Bezirken seien „startklar“. Die Bezirke nannte Bröchler, der seit Oktober vergangenen Jahres im Amt ist, die „Kraftwerke der Wahlorganisation“.
Einige Zahlen verdeutlichen den Umfang des Projekts: Mehr als 2,7 Millionen Berlinerinnen und Berliner sind am kommenden Sonntag wahlberechtigt. 2256 Wahllokale werden von 8 bis 18 Uhr geöffnet sein, hinzu kommen 1507 Briefwahllokale. 11,4 Millionen Stimmzettel wurden gedruckt. Drei verschiedene Exemplare waren notwendig: zwei für die Wahl zum Abgeordnetenhaus (Erst- und Zweitstimme), einer für die Wahl zu den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen. Rund 42.000 Wahlhelfer und Wahlhelferinnen sollen für einen weitgehend reibungslosen Ablauf sorgen.
Landesverfassungsgericht ordnete komplette Wahlwiederholung an
Zur Erinnerung: Den hatte es bei der Berliner Wahl am 26. September 2021 nicht gegeben. Daraufhin erklärte das Landesverfassungsgericht im November 2022 die Wahlen zum Landesparlament und zu den Bezirksvertretungen wegen zahlreicher Pannen und „schwerer systemischer Mängel“ für ungültig.
Zu den Problemen zählten falsche, fehlende oder kopierte Stimmzettel, zu wenige Wahlurnen, die vorübergehende Schließung von Wahllokalen sowie lange Schlangen davor und Abstimmungen teilweise weit nach 18 Uhr. Das Gericht ordnete eine komplette Wiederholung an.
- Wahlkarte: Wahlergebnis der Berlin-Wahl 2023 – So hat ihr Kiez abgestimmt
- Interaktive Übersicht: Das ist das neue Abgeordnetenhaus nach der Berlin-Wahl 2023
- Überblick: Alle Infos und Hintergründe zur Berlin-Wahl 2023 für Sie zusammengefasst
- Wiederholungswahl: Jetzt den kostenlosen Newsletter zur Berlin-Wahl 2023 abonnieren
Weniger Wahlscheine verschickt als zum Vergleichszeitpunkt 2021
Die Bezirkswahlämter haben bereits mehr als 723.000 Wahlscheine verschickt. Das entspricht 26,4 Prozent der Wahlberechtigten und ist ein erheblich geringerer Wert als 2021, wo zum vergleichbaren Zeitpunkt rund 33 Prozent der Wahlberechtigten Briefwahlunterlagen beantragt hatten. Laut Stephan Bröchler ist es aber noch zu früh, daraus Schlüsse zu ziehen oder gar auf eine geringere Wahlbeteiligung zu schließen. Er rechne mit einem Briefwähleranteil von 45 Prozent, wie bei der letzten Wahl.
Die Wahlbeteiligung werde vermutlich nicht den Wert von 2021 (75,4 Prozent) erreichen. Damals hatte die gemeinsam durchgeführte Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl für einen starken Zulauf gesorgt. Andererseits, so der Landeswahlleiter, werde über die jetzige Wahl sehr viel öffentlich gesprochen und geschrieben, das könnte die Wahlbeteiligung ankurbeln. Er wünsche sich 70 Prozent, sagte Bröchler am Dienstag, wäre aber auch mit 60 oder 65 Prozent „sehr zufrieden“.
Warnstreiks bei der Post sollen Briefwahl nicht behindern
Die Warnstreiks bei der Post sollen die Briefwahl nicht behindern. Guido Kleinert, Leiter der Geschäftsstelle der Landeswahlleitung, stehe im engen Austausch mit der Post und der PIN AG, betonte der Landeswahlleiter. Die Post habe ein Notfallkonzept und eine Sonderlogistik am Wochenende zugesagt. So solle es eine „bevorzugte Beförderung“ der roten Wahlbriefe und eine Sonderleerung der Briefkästen am Sonnabend nach 16 Uhr geben.
Dennoch bitte er alle Briefwähler- und -wählerinnen, die Unterlagen so schnell wie möglich in einen Briefkasten einzuwerfen oder selbst in der Briefwahlstelle seines Bezirks abzugeben. Die Adressen und Öffnungszeiten stehen auf der Webseite des Landeswahlleiters sowie in den Wahlunterlagen. Zudem kann in den Briefwahlstellen auch direkt gewählt werden („Briefwahl vor Ort“).
Bröchlers Ziel ist es, eine „reibungsarme Wahl“ durchzuführen – zu 100 Prozent reibungslose Wahlen gebe es auch international nicht. Die Wähler und Wählerinnen könnten mithelfen, Schlangen im Wahllokal zu vermeiden – indem sie möglichst früh wählen gehen. Morgens und mittags sei der Andrang erfahrungsgemäß geringer. Er stellte aber auch klar: Wenn bei Schließung des Wahllokals Wahlberechtigte anstehen, dürfen all diejenigen noch wählen, die nachweislich bis 18 Uhr in der Schlange standen. Ein Mitglied des Wahlvorstands stelle das fest und zähle die Wartenden.
Berlin-Wahl 2023 - Lesen Sie auch:
- Wahlprogramme der Parteien zur Berlin-Wahl im Überblick
- Berlin-Wahl 2023: Ziele der SPD
- Berlin-Wahl 2023: Ziele der Grünen
- Berlin-Wahl 2023: Ziele der CDU
- Berlin-Wahl 2023: Ziele der FDP
- Berlin-Wahl 2023: Ziele der Linken
Kongress der Gemeinden und Regionen Europas schickt Wahlbeobachter
Ob die Wiederholungswahl ordnungsgemäß läuft, steht auch unter internationaler Beobachtung. Zwar sah die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) keinen Bedarf, Wahlbeobachter nach Berlin zu entsenden.
Das tut allerdings der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates (KGRE). Die Vertreter kämen am Freitag in Berlin an und führten am Sonnabend Gespräche mit ihm, aber auch mit Parteienvertretern, kündigte der Landeswahlleiter an. Am Sonntag seien sie in Wahllokalen unterwegs, um sich über die Abläufe zu informieren.
Online-Umfrage: Berliner teilen ihre Beobachtungen bei der Wahl mit
Auch die Wähler- und Wählerinnen können ihre positiven oder negativen Beobachtungen, etwa zu Wartezeiten oder Organisation, mitteilen – bei einer Online-Umfrage, die von Sonntag an auf der Webseite des Landeswahlleiters zu finden ist. Dringende Störungen, die ein umgehendes Eingreifen des Wahlamtes oder der Polizei erfordern, sollen allerdings weiterhin über die Hotline (030)90223-1850 oder, noch besser, beim bezirklichen Wahlamt gemeldet werden.
Wenn die Wahl vorüber ist, steht der Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“ an. Ab Montag können die Abstimmungsunterlagen angefordert werden.