Berlin. Der Klimawandel ist ein weltweites Megathema. Auch in Berlin ist die Frage, wie die Stadt wegkommt von fossilen Energiequellen unabhängig werden kann, ebenso ungelöst wie heiß diskutiert. Denn noch hängt die Stadt am Tropf von Kohle und Gas. Die Strategie, Kohle zunächst durch weniger klimaschädliches Gas zu ersetzen und dann ins erneuerbare Zeitalter zu rutschen, steht nach dem Lieferstopp für russisches Erdgas auf der Kippe. Die Klimabewegung macht Druck. Am 26. März wird in Berlin über einen Volksentscheid abgestimmt, der Berlin bis 2030 klimaneutral machen möchte, auch wenn das nach Ansicht fast aller Experten kaum zu schaffen ist.
Was hat der Senat geschafft
Der rot-grün-rote Senat hat Ziele für den Klimaschutz formuliert. Spätestens 2045 soll die Stadt klimaneutral sein. Ab 2030 sollen die Kraftwerke der Stadt keine Steinkohle mehr verbrennen, die noch klimaschädlichere Braunkohle ist bereits aus der Stadt verschwunden. Der Senat hat das Stadtwerk finanziell so ausgestattet, das es aktiv in Solaranlagen in Berlin und Windkraft in Brandenburg investieren kann. Die Umwelt- und Verkehrsverwaltung hat Förderprogramme aufgelegt, die aber in den meisten Fällen nicht komplett abgerufen werden. Der Senat hat sich auf eine Klima-Governance verständigt. Für jede wichtige Entscheidung sollen die Folgen für das Klima geprüft und abgewogen werden. Zwar gilt jetzt für Neubauten die Pflicht, ein Solardach zu installieren. Aber die große Solaroffensive gibt es noch nicht. Auch bei der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude ist das nötige Tempo nicht zu beobachten. Der Senat hat die Absicht, das Fernwärme-System von Vattenfall zurückzukaufen und möchte auch den Gasversorger Gasag übernehmen.
Das will die SPD
Die noch führende Regierungspartei will den CO₂-Ausstoß bis 2030 um 65 Prozent reduzieren. Angestrebt wird klimaneutrales Leben und Arbeiten in Berlin bis spätestens 2045. Dazu will sie den Umbau der Energieversorgung konsequenter vorantreiben und neben Solarenergie auch Windkraft, Geothermie und Abwärme aus Kanälen oder Rechenzentren nutzen. Die SPD setzt auf eine gemeinsam mit Brandenburg umzusetzende Wasserstoff-Strategie. Um die richtigen Hebel in der Hand zu haben, ist die SPD für die Rekommunalisierung der Fernwärme als „öffentliche Daseinsvorsorge“, die nicht allein dem Profitinteresse unterliegen dürfe. Die SPD möchte auch die Mehrheit an der Gasag kaufen. Vom Bund verlangt die SPD, das Mieterstrommodell zu entbürokratisieren und attraktiver zu machen, mit dem Mieter Strom vom eigenen Dach ernten.
Das wollen die Grünen
Für die Öko-Partei sind Klimaschutz und der Umbau der Energieversorgung zentrale politische Themen. Zwei Milliarden Euro möchten die Grünen in die Transformation der Energie-Landschaft investieren. Es geht darum, Gas und Kohlen durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Auch Altbauten sollen energetisch saniert, möglichst viele Dächer begrünt und/oder mit Solarzellen bestückt werden. Die Stadt soll durch weniger versiegelte Flächen und mehr Grün in der Stadt etwa in Form von Mini-Wäldchen besser durch Hitzesommer kommen. Und auch die Verkehrswende mit dem angestrebten Aus für Verbrennermotoren in der Innenstadt ab 2030 sieht die Partei als Beitrag zum Klimaschutz.
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Das will die CDU
Die CDU möchte energetische Sanierung von Wohngebäuden subventionieren, damit die Kosten dafür nicht die Mieter belasten. Das Land solle mit der Sanierung des eigenen Gebäudebestand ein Vorbild sein. Mit Mieterstrommodellen und Initiativen von Unternehmen, die selbst grünen Strom erzeugen, möchte die CDU die Energiewende in die Breite bringen. Die Energiegewinnung will die Partei ergänzen durch die Nutzung von Biomasse, Restholz aus Brandenburg oder Abwärme aus der Müllverbrennung. Parkplätze vor Supermärkten will die Partei mit Photovoltaik-Anlagen überdachen. Mit einem CO2-Kataster soll transparent werden, wie es mit den Emissionen in einzelnen Bezirken aussieht. Eine Enquete-Kommission Klimaschutz soll Maßnahmen für den Klimaschutz entwickeln und Umsetzungsprobleme in den Berliner Verwaltungen identifizieren und beheben. Insgesamt will die CDU für Klimaschutz deutlich mehrt Geld bereitstellen.
Das wollen die Linken
Die Linken begreifen die Klimakrise stärker als andere Parteien auch als soziales Problem, weil die Erderwärmung arme Menschen härter treffe als wohlhabende. Berlin solle bis 2040 klimaneutral werden. Die Linke schlägt ein CO₂-Budget für alle Sektoren vor, um zu sehen, wo es schneller voran gehen muss. Klimaschutz will die Partei als Ziel in der Berliner Landesverfassung verankern. Mit einem Klimavorbehalt wollen sie erreichen, dass bei allen Gesetzes- und Senatsvorlagen im Zweifel klimafreundlichere Alter-nativen zu wählen sind. Um die Bürger stärker einzubeziehen, soll ein „Klimabürger:innenrat“ geschaffen werden. Auch auf lokaler Ebene sollen die Menschen konkret an der Gestaltung von lokalen Klimaschutzmaßnahmen mitwirken.
Das will die AfD
Die rechte Oppositionspartei ist die einzige politische Kraft der Stadt, die Klimaschutz und Energiewende nicht als wichtiges Thema ansieht. Nicht wenige in der AfD zweifeln daran, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Und selbst wenn dem so sein wollte, hält es die AfD für sinnlos, in Deutschland teure Anstrengungen gegen CO₂-Emissionen zu unternehmen, wenn im Rest der Welt weiter Kohlekraftwerke gebaut werden. Die AfD möchte die Kernkraft in Deutschland weiter nutzen und verspricht sich davon billigere Energie.
Das will die FDP
Die FDP setzt im Klimaschutz auf Innovationen, Anreize und neue Technologien und weniger als andere Parteien auf staatliche Regulierung. Die Liberalen sind gegen weitere energetische Vorgaben für Gebäude. Auch der Bau von Solaranlagen soll über ökonomische Anreize erfolgen, nicht über Vorschriften. Für die Energiewende in der Region setzt die Partei auf Wasserstoff, der in großen Mengen produziert werden soll. In Pilotprojekten sollen Brennstoffzellen an Gebäuden Strom und Wärme produzieren.
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