Berlin. Eine Woche vor der Berlin-Wahl 2023 spitzt sich der Kampf ums Rote Rathaus zu. Nach Äußerungen des CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner über die Abgrenzung der CDU von den Grünen, gewinnt der Streit an Schärfe. „Die Vorschläge der letzten Tage und Wochen von den Grünen und deren Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, gerade was die aggressive Politik gegen Autofahrer angeht, sind mit mir nicht zu machen“, sagte Wegner am Sonnabend der Berliner Morgenpost.
„Hiervon müssen die Grünen runterkommen, Neustart heißt miteinander statt gegeneinander. Zuvor hatte er ähnliche Äußerungen gegenüber dem „Tagesspiegel“ gemacht. Er begründete das mit Plänen der Grünen, die Hälfte der Parkplätze in der Hauptstadt entfernen zu wollen – das sei „eine einseitige Politik gegen das Auto“, so Wegner.
Die Grünen sehen die Stadt nun vor einer Grundsatzentscheidung. „Berlin steht vor einer Richtungswahl und entwickelt sich entweder mit Schwarz-Rot zurück oder wir gehen mit Grün weiter voran“, sagte Jarasch der Berliner Morgenpost. Was Metropolen wie New York oder Kopenhagen könnten, könne Berlin auch: „Eine moderne grüne Metropole sein, dazu gehört die Mobilitätswende.“
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Berlin-Wahl 2023: Koalition zwischen CDU und Grünen wird immer unwahrscheinlicher
Damit ist eine Koalition zwischen CDU und Grünen in weite Ferne gerückt. Die Mobilitätswende steht im Zentrum der Politik der Grünen, dazu gehört, den motorisierten Individualverkehr aus der Innenstadt zu drängen. „Nach der Absage an eine vielfältige Stadt sagt die CDU nun auch die Mobilitätswende ab“, reagierte Jarasch am Sonnabend auf die klare Absage der CDU.
CDU-Spitzenkandidat Wegner sprach sich hingegen für ein Zweierbündnis mit der SPD aus. „Ich bin ein großer Fan von Zweier-Konstellationen. Das ist immer gut für eine stabile Regierung“, sagte Wegner. „Wenn die Sozialdemokraten glauben, alles bleibt, wie es ist und sie regieren jetzt mal eben dreieinhalb Jahre in anderer Konstellation weiter, mache ich das nicht mit“, schränkte der CDU-Politiker jedoch ein.
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Wahl in Berlin 2023: SPD zeigt sich von den Avancen der CDU irritiert
Die SPD zeigt sich von derartigen Avancen des CDU-Chefs irritiert. „Erst hörten die erstaunten Berlinerinnen und Berliner, die CDU will nicht mit der SPD, die FDP will nicht mit Bettina Jarasch, die Grünen wollten plötzlich nicht mehr mit der CDU und jetzt hören wir hektisch, die CDU will nun doch nicht mehr mit den Grünen, verteilt aber bereits munter und anmaßend Senatsposten“, sagte Landes- und Fraktionschef Raed Saleh der Berliner Morgenpost.
Damit reagierte er auf verschiedene Aussagen von Spitzenpolitikern der vergangenen Tage, unter anderem den Aussagen Wegners, sollte die CDU die Wahl gewinnen, werde er den Spandauer Musikmanager Joe Chiallo zum Kultursenator und die Lehrerin Katharina Günther-Wünsch zur Bildungssenatorin machen.
Wiederholung der Wahl in Berlin 2023: Umfragen sehen die CDU derzeit vorn
„Bei diesem chaotischen Karussell der Absagen und Distanzierungen wird aber etwas sehr Wesentliches ignoriert“, sagte Saleh. „Die Berlinerinnen und Berliner sind es, die durch ihre Wahlentscheidung maßgeblich mitbestimmen.“ Alles werde davon abhängen, wem die Berlinerinnen und Berliner zutrauten, die Stadt professionell zu führen.
„Für mich ist klar: Den verwaltungsunerfahrenen und konzeptionslosen Vermieterlobbyisten Kai Wegner sehen die Berlinerinnen und Berliner da nicht“, sagte Saleh. „Franziska Giffey regiert Berlin verantwortungsvoll und abgewogen und repräsentiert Berlin weltweit exzellent.“
Umfragen sehen die CDU derzeit deutlich vorn. In einer am Freitag veröffentlichten Erhebung für das ZDF kommen die Christdemokraten auf 24 Prozent, eine ARD-Befragung von Donnerstag sah sie sogar bei 25 Prozent. Die SPD der derzeit Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey folgte mit 21 beziehungsweise 19 Prozent.
Grüne rutschen in Umfragen zur Berlin-Wahl 2023 auf den dritten Rang ab
Auf dem dritten Platz wurden in beiden Befragungen mit 18 Prozent die Grünen gesehen. Die Linke lag bei 11 beziehungsweise 12 Prozent, die AfD bei 10. Die FDP würde laut beiden Erhebungen mit 6 Prozent den Einzug in das Landesparlament knapp schaffen. Rechnerisch greifbar wäre die von Wegner favorisierte Zweierkoalition mit der SPD nur dann, wenn die FDP den Wiedereinzug ins Berliner Abgeordnetenhaus verpasst.
Die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, hat stets betont, dass sie in der gegenwärtigen Regierungskoalition weitermachen wolle, allerdings unter Grüner Führung. Wegen der derzeit schlechten Umfragewerte für die Partei, scheint das jedoch schwierig. Zudem ist es schwer vorstellbar, dass die grüne Parteibasis ein Bündnis mit der CDU absegnen würde, wenn eine andere Konstellation möglich wäre.
Neben den Verkehrsfragen dürfte vor allem der Streit um mögliche Enteignungen ein Hindernis sein. Für Jarasch stellt sich nach dem Zwischenfazit der Expertenkommission zur Enteignung nicht die Frage, ob es zu Enteignungen kommt, sondern wie so etwas gelingen kann. Die CDU schließt Enteignungen kategorisch aus.
Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin – die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten
Name | Partei |
Franziska Giffey | SPD |
Kai Wegner | CDU |
Bettina Jarasch | Grüne |
Klaus Lederer | Linke |
Kristin Brinker | AfD |
Sebastian Czaja | FDP |