Krise beim RBB

RBB: Nächster Direktor muss wohl Posten räumen

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Christoph Augenstein, Produktions- und Betriebsdirektor des RBB, soll wegen einer umstrittenen Zulage den Sender verlassen.

Christoph Augenstein, Produktions- und Betriebsdirektor des RBB, soll wegen einer umstrittenen Zulage den Sender verlassen.

Foto: Jens Kalaene / picture alliance/dpa

Produktionsdirektor Christoph Augenstein könnte fristlos entlassen werden. Auch der frühere Stellvertreter von Schlesinger könnte gehen.

Berlin.  Die Aufarbeitung der Krise beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) geht weiter. Nun soll offenbar der letzte verbliebene Direktor aus der Ära von Patricia Schlesinger den Sender verlassen. Das geht aus einem Bericht des Online-Portals „Business Insider“ hervor. Demnach will sich Interims-Intendantin Katrin Vernau von dem Produktions- und Betriebsdirektor Christoph Augenstein trennen. Ihm droht die fristlose Kündigung. Der Grund ist dem Bericht zufolge eine umstrittene Sonderzulage, die Augenstein angenommen haben soll.

Laut „Business Insider“ hatten sich die früheren Führungskräfte um die Ex-Intendantin Schlesinger eine Aufwandsentschädigung auszahlen lassen, um die Mehrarbeit während der Übernahme des ARD-Vorsitzes vom RBB zu entlohnen. So soll die Geschäftsleitung von Juli 2021 an eine Sonderzulage erhalten haben, die auch nach dem Ende des Vorsitzes der Sendergemeinschaft 2023 ein halbes Jahr weitergezahlt werden sollte. Im Falle von Augenstein, der seit 2018 Produktions- und Betriebsdirektor beim RBB ist, soll es sich um eine monatliche Zahlung von 1700 Euro handeln. Dies geht aus der schriftlichen Vereinbarung zwischen ihm und Schlesinger vor, die "Business Insider" laut dem Bericht vorliegt.

Augenstein soll 16.000 Euro monatlich verdienen

Augenstein hätte dem Bericht zufolge diese Sonderzahlung aber nicht annehmen dürfen, da es Unstimmigkeiten bei der Unterzeichnung mit dem Verwaltungsrat gegeben haben soll. Denn gegengezeichnet haben soll die Dokumente der Sonderzahlung der frühere Chef des RBB-Verwaltungsrat, Wolf-Dieter Wolf. Er war inmitten des RBB-Skandals zurückgetreten. Inzwischen ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft gegen ihn. Demnach soll Augenstein dem „Business Insider“ zufolge eigentlich einen Dienstvertrag besitzen, der mit einem monatlichen Grundgehalt von 16.000 Euro dotiert ist. In dem Arbeitspapier soll zur Vergütung festgeschrieben sein, dass mit jenen 16.000 Euro sämtliche Tätigkeiten und Leistungen abgegolten seien.

Das bedeutet, sämtliche zusätzlichen Leistungen bedürfen der Zustimmung des Verwaltungsrats. Doch das Aufsichtsgremium des RBB soll von Wolf nicht miteinbezogen worden sein. Die Vorsitzenden des Verwaltungsrats erklärten zuletzt gegenüber der Deutschen-Presse-Agentur, dass es keine Beschlussvorlagen gegeben habe. Somit soll die Sonderzahlung nicht gültig gewesen sein und Augenstein, so der Vorwurf der Interims-Intendantin, hätte das erkennen müssen. Augenstein weist die Kritik dem Onlineportal zufolge zurück.

Vertrag des Produktionsdirektors läuft noch bis August 2023

Eine fristlose Kündigung Augensteins könnte teuer für den RBB werden und eine weitere juristische Auseinandersetzung nach sich ziehen. Denn sein Vertrag läuft noch bis August 2023.

Die Sonderzahlung ist womöglich aber nicht nur für Augenstein gefährlich. So soll sie auch mit anderen Mitgliedern der damaligen Geschäftsführung vereinbart worden sein, darunter Susann Lange. Die frühere juristische Direktorin wurde Anfang Dezember abberufen. Zuletzt scheiterte ein Gütetermin vor dem Berliner Arbeitsgericht. Zudem soll es auch eine Vereinbarung mit dem RBB-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus gegeben haben und Hagen Brandstäter, dem Verwaltungschef des Senders.

Hagen Brandstäter droht ebenfalls die fristlose Kündigung

Der 64-Jährige war zunächst nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Schlesinger als Intendant nachgerückt und sollte den RBB aus der Krise führen. Doch auch gegen ihn wurden Vorwürfe laut. Er ist seit Monaten krankgeschrieben und wollte im April in den Ruhestand gehen. Dem „Business Insider“ zufolge stehen ihm Altersbezüge von rund 12.500 Euro zu. Doch Vernau soll auch seine fristlose Kündigung anstreben. Dabei bezieht sich das Onlineportal auf Informationen aus Senderkreisen.

Indes hat der Programmdirektor des RBB, Jan Schulte-Kellinghaus, den Sender zum Monatswechsel auf eigenen Wunsch verlassen. Interims-Intendantin Katrin Vernau sagte zu dem Austritt: „Er gibt uns nun durch seinen Abschied zusätzlichen Gestaltungsspielraum für den Neustart im RBB“. Dabei soll Schulte-Kellinghaus „erhebliche“ finanzielle Einbußen in Kauf nehmen Das sei keineswegs selbstverständlich, so Vernau weiter. Jan Schulte-Kellinghaus war seit 2017 Programmdirektor des RBB. Zuvor war er Leiter des Programmbereichs NDR Fernsehen und Koordination beim NDR. Seine Aufgaben im RBB hat zunächst die stellvertretende Programmdirektorin, Katrin Günther, übernommen.

Interims-Intendantin musste von eigentlicher Position abrücken

Sollte Augenstein tatsächlich entlassen werden, hätte Katrin Vernau die komplette Führungsetage beim RBB ausgetauscht. Das forderten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bereits Mitte Oktober von der Interimschefin des Senders. Damals erteilte sie diesem Personalwechsel allerdings eine Absage. Sie begründete das damit, dass nicht noch mehr ehemalige Mitarbeiter aus der Führungsriege hohe Gehälter ohne Arbeit für den Sender beziehen sollen. Allerdings musste Vernau von dieser Position in den vergangenen Monaten abweichen, da durch die internen Untersuchungen von Anwaltskanzleien nach und nach immer mehr Details bekannt wurden.

Neben der Aufarbeitung der Krise steckt der RBB auch mitten in einem Tarifstreit. Vergangene Woche streikten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Senders. Es kam zu Programmausfällen im Fernsehen und im Radio. Statt Nachrichten liefen Beiträge über Wassertiere und das ARD-Mittagsmagazin musste mit einem anderen Programm ersetzt werden. Bislang konnten die Gewerkschaften und der RBB noch keine Einigung erzielen, zu weit lagen Forderungen und Angebot auseinander.

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