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Berlin-Wahl 2023: Reaktionen zur Entscheidung aus Karlsruhe

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Nach Wahl-Chaos in Berlin: "Wir wollen aus Fehlern lernen"

Nach Wahl-Chaos in Berlin: "Wir wollen aus Fehlern lernen"

In gut einem Monat wird in Berlin erneut das Abgeordnetenhaus gewählt. Die von Pannen geprägte Wahl vom September 2021 war vom Verfassungsgerichtshof des Landes für vollständig ungültig erklärt worden. Auch wenn der neue Landeswahlleiter Stephan Bröchler keine reibungslose Wahl versprechen kann - eine Menge Defizite seien beseitigt worden, sagt er.

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Das Bundesverfassungsgericht stoppt die Berlin-Wahl 2023 nicht. Das sind die Reaktionen aus der Politik zur Entscheidung.

Berlin. Die Berlin-Wahl 2023 kann wie geplant am 12. Februar stattfinden. Das Bundesverfassungsgericht lehnte es im Eilverfahren ab, kurzfristig noch eine Verschiebung der Abstimmung anzuordnen. Das teilten die Karlsruher Richterinnen und Richter am Dienstag mit.

Im politischen Berlin fallen die Reaktionen auf die Entscheidung der Verfassungsrichter überwiegend erleichtert aus.

Berlin-Wahl 2023: Landeswahlleiter zur Entscheidung aus Karlsruhe - „Wir atmen jetzt durch“

Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler reagierte mit Erleichterung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. „Wir atmen jetzt durch, weil die Entscheidung uns Planungssicherheit gibt“, sagte Bröchler am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Wir können nun auf Hochtouren mit der Planung und Durchführung der Wahl fortfahren.“

Ihn habe die Entscheidung in Karlsruhe nicht überrascht, so Bröchler. „Alles andere wäre ein ganz erheblicher Eingriff in eine schon laufende Wahl gewesen.“ Er erinnerte daran, dass die Briefwahl schon seit einigen Wochen in Gang sei und schon viele Menschen gewählt hätten.

Berlin-Wahl 2023: Franziska Giffey (SPD) - "Werden alles für reibungslose Wahl tun"

"Die #BerlinWahl findet statt. Wir werden jetzt bis zum 12. Februar alles dafür tun, dass eine reibungslose Wahl in Berlin durchgeführt wird. Der Senat ist handlungsfähig", twitterte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).

Bettina Jarasch (Grüne) über Entscheidung zur Berlin-Wahl 2023: "Gehen Sie bitte wählen"

Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch äußerte sich auf Twitter: "Ich bin erleichtert, weil alles andere nicht mehr vermittelbar wäre. Deshalb: Gehen Sie bitte wählen. Berlin steht vor einer Richtungswahl. #GrünRotRot für Mieter- und Klimaschutz oder eine Deutschlandkoalition aus CDU und SPD, die nicht zu einer Weltmetropole passt."

Susanne Mertens und Philmon Ghirmai, Grüne-Landesvorsitzende zur Berlin-Wahl 2023

Ähnlich wie die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sehen es auch die Landesvorsitzenden der Grünen. „Die Wiederholungswahl wird am 12. Februar stattfinden. Das Bundesverfassungsgericht sieht aber offenbar weiteren Prüfungsbedarf. Wir nehmen mit Erleichterung zur Kenntnis, dass das Gericht dessen ungeachtet einen Stopp der Wiederholungswahl nicht für geboten hält. Wir stehen vor einer Richtungswahl. Grün-Rot-Rot oder Deutschlandkoalition aus CDU und SPD. Die Berlinerinnen und Berliner haben die Wahl: Mehr Klimaschutz, mehr Mieterschutz, dafür treten wir mit Bettina Jarasch an. Oder eine konservative Koalition, die nicht zu einer Weltmetropole passt.“

Linke will nach Karlsruher Entscheidung um jede Stimme werben

Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer kündigte an, seine Partei werde nach der Entscheidung zur Wiederholungswahl aus Karlsruhe um jede Stimme werben. „Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Durchführung der Berlin-Wahl am 12. Februar abgelehnt“, twitterte der Linke-Politiker und Berliner Kultursenator. „Wir konzentrieren uns jetzt mit voller Kraft weiter auf das Wesentliche und die anstehende Wahl und werben um jede Stimme.“

Stefan Evers von der CDU: "Die Möchtegern-Wahlverhinderer sind gescheitert"

"Die Möchtegern-Wahlverhinderer aus FDP, SPD und Linke sind mit ihrem Versuch gescheitert, die Wahl noch in letzter Minute zu stoppen. Gut für die Demokratie, gut für Berlin. Jetzt haben die Wählerinnen und Wähler das Wort. Der Neustart für unsere Stadt ist so nötig wie nie", teilte Stefan Evers, Generalsekretär der CDU Berlin, mit.

“Am 12. Februar wählt Berlin sich neu. Eine Stimme für Frau Giffey bedeutet die Fortsetzung von Rot-Grün-Rot. Wer Grüne verhindern will, muss diesmal CDU wählen“, sagte CDU-Spitzenkandidat und Landeschef Kai Wegner.

Marcel Luthe (FDP): "Programm für Politikverdrossenheit"

Der ehemalige FDP-Politiker und einer der Initiatoren des Widerspruchs gegen die Wahl, Marcel Luthe, sieht die Umstände der Karlsruher Entscheidung kritisch. „Das ist ein Programm für Politikverdrossenheit“, sagte Luthe vor dem Hintergrund, dass das Gericht die Wahlwiederholung zulässt, sich aber vorenthält, sie später für ungültig zu erklären.

AfD: Berlin wählen nur unter Vorbehalt

Die Berliner AfD hat die Ankündigung des Bundesverfassungsgerichts kritisiert, sich noch nicht abschließend zur kompletten Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl zu äußern. Es sei unglücklich, dass die Entscheidung in der Hauptsache erst nach dem Wahltermin fallen solle, sagte die Landes- und Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker am Dienstag. „Dadurch wählen die Berliner am 12. Februar lediglich unter Vorbehalt.“ Es stehe zu befürchten, dass das negative Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung und auf das Ansehen der Demokratie bei den Bürgern habe.

Die Berliner AfD war nach den zahlreichen Pannen bei der Abgeordnetenhauswahl im September 2021 vor den Landesverfassungsgerichtshof gezogen.

Wahlforscher: Gericht hat sich für das kleinere Übel entschieden

Nach Einschätzung des Wahlforschers Thorsten Faas hat sich das Bundesverfassungsgericht mit seiner Ablehnung einer Wahlverschiebung in Berlin für das kleinere Übel entschieden. „Letztlich hätte man mit der Absage des Wahltermins in ein laufendes Verfahren eingegriffen mit ungewissem Ausgang“, sagte der Politikwissenschaftler, der an der Freien Universität in Berlin lehrt, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Es sind schon viele Tausend Briefwahlstimmen abgegeben, der Wahlkampf läuft auf Hochtouren.“

„In dieser Situation Stopp zu sagen, hätte in ein ohnehin schon komplexes und verwirrendes Verfahren noch einmal viel mehr Ärger gebracht“, sagte Fass. „Ich glaube, in der Abwägung bleibt es das kleinere Übel, den Wahltermin nicht zu verschieben.“

„Die Wahl findet jetzt statt.“ Insofern werde sich für viele Menschen im Wahlkampf und für das Abgeben ihrer Stimmen nichts verändern. „Ich glaube nicht, dass sich viele jetzt fragen, lohnt es sich noch, die Stimme abzugeben, auch wenn da diese Restunsicherheit bleibt, wie das Bundesverfassungsgericht im Hauptverfahren entscheidet.“

„Auch so betrachtet, aus Sicht von Bürgerinnen und Bürgern wäre der Schaden größer gewesen, ein hartes, unmittelbar erlebbares Signal zu senden: Stopp, wir lassen es nicht stattfinden, wissen aber auch nicht genau, wie es weitergeht“, sagte Faas. „Das hätte ganz unmittelbar für viel mehr Entrüstung und Unverständnis gesorgt als eine Situation, die uns sicher noch eine Weile beschäftigen, aber trotzdem nicht diese Entfaltung in der Breite entfalten wird.“

( JP/dpa )