Berlin. Berlin ist erneut das Bundesland mit den wenigsten Sitzenbleibern. Mit einer Quote von nur 1,2 Prozent haben in der Hauptstadt im Schuljahr 2021/2022 im Durchschnitt weniger Kinder und Jugendliche eine Schulklasse wiederholt als in den anderen Bundesländern. Das ergeben Zahlen, die das Statistische Bundesamt am Montag veröffentlichte. Insgesamt wiederholten demnach in Berlin im vergangenen Schuljahr 3660 Schülerinnen und Schüler eine Klasse oder Stufe. Am höchsten lag die Quote in diesem Schuljahr in Mecklenburg-Vorpommern (5 Prozent) und Sachsen-Anhalt (3,4 Prozent). Zuvor, im Schuljahr 2019/20, hatte Bayern mit 3,8 den „Spitzenplatz“ der Sitzenbleiber belegt.
Allerdings sind die Sitzenbleiber-Zahlen bundesweit gestiegen. Nach den veränderten Versetzungsregelungen im ersten Schuljahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie haben sowohl in Berlin wie deutschlandweit im Schuljahr 2021/2022 wieder deutlich mehr Kinder und Jugendliche eine Klassenstufe wiederholt als zuvor, so das Statistische Bundesamt. Einzige Ausnahme ist Bremen, wo die Quote von 1,7 Prozent auf 1,5 Prozent zurückging.
In Berlin deutlich mehr Sitzenbleiber als in den Jahren zuvor
Bundesweit stieg die Quote von 1,4 Prozent im Corona-Schuljahr 2020/2021 auf 2,4 Prozent im zurückliegenden Schuljahr. Der Anteil war auch geringfügig höher als im Schuljahr 2019/2020 (Quote: 2,3 Prozent), in dem die coronabedingten Versetzungsregeln noch nicht zum Tragen gekommen waren. In Berlin hatten im Corona-Schuljahr 2020/2021 nur 0,9 Prozent aller Schüler eine Klasse oder Stufe wiederholt. Im Schuljahr davor, also 2019/2020, hatte die Quote in Berlin bei 1,1 Prozent gelegen.
Aufgrund von Unterrichtsausfällen, Wechsel- und Distanzunterricht waren im Zuge der Pandemie in vielen Bundesländern besondere Regeln in Hinblick auf die Versetzung eingeführt worden, so auch in Berlin. Vielfach wurde die Versetzung nicht mehr an die schulischen Leistungen geknüpft. Die Versetzungen in den einzelnen Bundesländern seien unterschiedlich geregelt, heißt es in der Mitteilung des Bundesamtes für Statistik.
In Berlin sei ein „Sitzenbleiben“ als pädagogische Maßnahme schon länger nicht mehr möglich, sagt Tom Erdmann, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin. „Ich halte dies auch für sinnvoll. Dass ein Schuljahr wiederholt wird, sollte maximal freiwillig und als Ausnahme geschehen.“ Berlin sei da möglicherweise weiter als andere Bundesländer.
Auf die Schularten bezogen gab es die meisten „Wiederholer“ in Berlin mit 1665 Schülerinnen an den Gymnasien, gefolgt von 1234 Fällen an den Sekundarschulen. Bezogen auf die Klassenstufen wiederholten an den Grundschulen 436 Mädchen und Jungen eine Klasse (in den ersten Schuljahren ist „Sitzenbleiben“ in Berlin im eigentlich Sinne nicht möglich). Die meisten Teenager blieben im Sekundarbereich sitzen, also in den Klassenstufe 5 bis 10 – insgesamt waren das 1744. Im Sekundarbereich II, zu dem die Klassenstufen 11 bis 13 bzw. die Stufen E, Q1 und Q2 zählen, waren es insgesamt 1480 Schülerinnen und Schüler.
Es bleiben deutlich mehr Jungen als Mädchen sitzen
Unter den „wiederholenden“ Schülern sind in Berlin deutlich mehr Jungen als Mädchen. 2174 Jungen und 1486 Mädchen blieben im Schuljahr 2021/22 sitzen oder wiederholten freiwillig ein Jahr, das Verhältnis lag etwa bei 60 zu 40. Die Wiederholer-Quote lag demnach unter den männlichen Schülern bei 1,4 und bei den weiblichen bei 1,0 Prozent.
Auch deutschlandweit waren mehr als die Hälfte der Sitzenbleiber im Schuljahr 2021/2022 Jungen. Bundesweit waren 58 Prozent der Jugendlichen, die im Schuljahr 2021/2022 die Klassenstufe wiederholten, männlich, 42 Prozent waren weiblich. Zum Vergleich: Im Schuljahr 2019/20 hatte die Quote bei 60 zu 40 gelegen.
Immer mehr Schüler in Berlin wiederholen freiwillig
In Berlin gab es in der Vergangenheit einen weiteren Grund für die steigende Zahl an Schülern, die eine Klassenstufe wiederholten: Immer mehr Schülerinnen und Schüler wiederholten ein Schuljahr freiwillig, und das teilweise auch, um ihre ohnehin passablen Abschlussnoten noch einmal zu verbessen. Diese Quote lag nach Angaben der Schulverwaltung vor einem Jahr bei 0,3 Prozent. In der Hauptstadt seien die Schulklassen bundesweit am größten, hieß es damals. Durchschnittlich besuchten vor einem Jahr 26 Schülerinnen und Schüler eine Klasse, das waren damals zwei mehr als im bundesweiten Durchschnitt. In Berliner Grundschulen waren es 23 Kinder – verglichen mit 21 im Bundesschnitt.