Berlin. Das Bundesverfassungsgericht wird an diesem Dienstag die Entscheidung über die Widersprüche gegen die Wahlwiederholung am 12. Februar veröffentlichen. Das teilten die Richter am Montag mit. Die Entscheidung wird gegen 9.30 Uhr erwartet. 43 Berliner Politikerinnen und Politiker hatten sich gegen die vom Berliner Verfassungsgerichtshof angeordnete Wahlwiederholung gewandt. Lesen Sie auch: Berlin-Wahl 2023: Wahl-Wiederholung kann stattfinden
Darunter befanden sich Abgeordnete auf Bezirks- und Landesebene aus mehreren Parteien sowie Menschen ohne politisches Mandat. Die Politiker kritisieren, dass der Berliner Verfassungsgerichtshof eine komplette Wahlwiederholung anordnete, obwohl nicht in allen Wahllokalen Fehler passiert seien – die Abstimmungsergebnisse dort also korrekt ermittelt worden waren.
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Berlin-Wahl: Ein Brief sorgt für Verwirrung
Für Verwirrung sorgte am Montag ein Brief des Bundesverfassungsgerichts an den Berliner Parlamentspräsidenten Dennis Buchner (SPD). Demnach geben die Richter den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses bis zum 2. März Gelegenheit, sich zu den Widersprüchen gegen die Wahlwiederholung zu äußern – 20 Tage nach dem angeordneten neuen Urnengang.
Offenbar will das Gericht sich grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt zur Wahlwiederholung äußern, deshalb erfolgte das Schreiben an Parlamentspräsident Buchner mit der Fristsetzung zum 2. März. An diesem Dienstag wird sich das Gericht voraussichtlich zum Antrag der Beschwerdeführer äußern, eine Eilentscheidung über die Wahlwiederholung herbeizuführen.
Entscheidung aus Karlsruhe: Es ist unklar, welche Auswirkungen es auf den Wahl-Termin hat
Welche Auswirkungen die angekündigte Entscheidung aus Karlsruhe auf den Termin 12. Februar hat, ist unklar. Eine Wiederholungswahl durchführen zu lassen, die dann ebenfalls im Nachhinein wegen Verfassungsbedenken für nichtig erklärt wird, wäre kaum nachvollziehbar, hätte mit Sicherheit Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung und würde neue demokratietheoretische Fragen aufwerfen.
Eine Absage der Wahlwiederholung zwölf Tage vor dem angeordneten Termin vor dem Hintergrund einer anstehenden Grundsatzentscheidung würde das Wahlchaos allerdings genauso komplettieren. Seit vier Wochen befinden sich die Parteien im Wahlkampf, in den vergangenen Monaten wurden 43.000 Wahlhelfer rekrutiert und mehr als 2000 Wahllokale bestimmt, um die vom Berliner Verfassungsgerichtshof angeordnete Wahl durchzuführen. Insgesamt hat das Abgeordnetenhaus 70 Millionen Euro für die Abstimmung zur Verfügung gestellt, um einen reibungslosen Ablauf abzusichern.
Landesverfassungsrichter erklärten Wahl für ungültig
Die Landesverfassungsrichter hatten die Wahl vom 26. September 2021 wegen zahlreicher Pannen komplett für ungültig erklärt. Als Termin für die Wiederholungswahl, die auch die Abstimmungen in den Bezirken betrifft, hatte der Landeswahlleiter den 12. Februar 2023 bestimmt.
Die Entscheidung der Berliner Verfassungsrichter stand im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das für eine Wahlwiederholung sehr enge Grenzen setzt. So müssen Wahlfehler und die möglichen Auswirkungen auf die Mandatsverteilung sehr genau dokumentiert werden, hieß es in vergangenen Entscheidungen der Karlsruher Verfassungshüter. So soll sichergestellt werden, dass die demokratischen Institutionen auch bei zahlreichen Widersprüchen gegen Wahlergebnisse arbeitsfähig bleiben.
Der Berliner Verfassungsgerichtshof beschloss dagegen, dass allein die Fülle an Wahlpannen ausreiche, um die Wiederholung anzuordnen. Wegen der Masse an Fehlern sei nicht genau nachvollziehbar, welche Auswirkungen das Desaster auf die Verteilung der Mandate hatte, hieß es in der Urteilsbegründung der Berliner Richter. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, dass ein Gericht eine komplette Wahlwiederholung angeordnet hat.
Bundestagswahl: Bundestag beschloss erneute Abstimmung in 431 Berliner Wahlbezirken
Auch eine mögliche Wiederholung der Bundestagswahl wird in Karlsruhe überprüft. Der Bundestag hatte eine erneute Abstimmung in 431 Berliner Wahlbezirken beschlossen. Auch dagegen haben sich mehrere Politiker gewandt. Das Bundesverfassungsgericht wird darüber zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden – nun möglicherweise zusammen mit der Entscheidung zur Berliner Wahl.
Wegen der unterschiedlichen Begründungen hatten sich Verfassungsjuristen eine Grundsatzentscheidung der Karlsruher Richter gewünscht, um Klarheit zu schaffen. Während für Widersprüche gegen die Berliner Wahl laut Verfassung der Berliner Verfassungsgerichtshof zuständig ist, entscheidet der Bundestag laut Bundeswahlordnung selbst über die mögliche Wiederholung. Diese Entscheidung ist aber ebenfalls in Karlsruhe anfechtbar.