Objektschützer der Polizei

Dieses Gerichtsurteil könnte für Berlin extrem teuer werden

| Lesedauer: 5 Minuten
Ein Mitarbeiter des Zentralen Objektschutzes der Polizei Berlin steht vor der Botschaft der USA am Pariser Platz. Einrichtungen wie diese werden 24 Stunden am Tag überwacht.

Ein Mitarbeiter des Zentralen Objektschutzes der Polizei Berlin steht vor der Botschaft der USA am Pariser Platz. Einrichtungen wie diese werden 24 Stunden am Tag überwacht.

Foto: Maurizio Gambarini / FUNKE Foto Services

Ein Objektschützer klagte sich vor dem Bundesarbeitsgericht mehr Gehalt ein. Was das nun für das Land Berlin bedeutet.

Berlin.  Dass die Objektschützer der Berliner Polizei offensichtlich über Jahre zu wenig Gehalt erhielten, könnte das Land Berlin nun teuer zu stehen kommen. Denn nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BArbG) könnten möglicherweise Nachzahlungen von bis zu 15 Millionen Euro fällig werden. So wäre es zumindest, wenn eine Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (BArbG) flächendeckend auf alle Kräfte des Zentralen Objektschutzes (ZOS) Anwendung findet.

Bereits am 30. November gab der Vierte Senat des BArbG einem ZOS-Mitarbeiter Recht, der auf Einstufung in eine höhere Entgeltgruppe klagte. Dabei wiesen die Erfurter Richter eine Revision des Landes Berlin gegen ein Urteil des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LArbG) aus dem März ab, das somit rechtskräftig ist. „Es handelt sich hierbei um ein Grundsatzurteil“, sagt Kläger-Anwalt Johannes Weberling.

Die Einstufung seines Mandanten in eine höhere Entgeltgruppe erfolge rückwirkend ab dem Jahr 2012, so Weberling weiter. Aufgrund der höheren Gehaltsansprüche würde das Land Berlin ihm nun rund 10.000 Euro nachzahlen müssen. „150 Verfahren weitere Verfahren mit denselben Voraussetzungen ruhen derzeit beziehungsweise laufen nun wieder an.“

Weberling geht davon aus, dass Berliner Gericht sich an Erfurter Urteil hält

Weberling geht davon aus, dass die Richter am LArbG sich in ihren Entscheidungen an das Urteil des BArbG halten werden. Wenn nicht, würden seine Mandanten spätestens im Revisionsverfahren in Erfurt Recht erhalten. Davon ausgehend, dass alle Kläger rückwirkend eine Höhergruppierung und ebenfalls rund 10.000 Euro mehr erhalten, würden für das Land Berlin damit 1,5 Millionen Euro fällig werden.

Die Kräfte des ZOS stehen vor ausländischen Botschaften, jüdischen Einrichtungen oder Gebäuden des Landes wie dem Roten Rathaus oder dem Abgeordnetenhaus. Im Gegensatz zu den Vollzugsbeamten haben ZOS-Kräfte Eingriffsbefugnisse nur in Verbindung mit dem zu schützenden Objekt. Nur in diesem Zusammenhang dürfen sie etwa Platzverweise erteilen, Personen durchsuchen oder in Gewahrsam nehmen.

Bei Straftaten ohne diesen Bezug übersteigen die Rechte der ZOS-Kräfte nicht die eines jeden anderen Bürgers. Zwar tragen auch sie Schusswaffen, blicken jedoch auf eine deutlich kürzere und weniger umfangreiche Ausbildung als Vollzugskräfte zurück. Der wesentliche Unterschied ist jedoch: Sie sind keine Beamten sondern Tarifbeschäftigte. Weberling geht davon aus, dass 1500 von ihnen ein Recht auf rückwirkende Nachzahlung haben.

Anwalt würde im Zweifel auch 1350 weitere Klagen einreichen

Dabei handele es sich um den Teil der ZOS-Kräfte, die bereits vor der letzten Tarifeinigung im öffentlichen Dienst im Dezember 2020 eingestellt wurden. „Auch wenn nur ein Zehntel von ihnen geklagt hat, bin ich der Auffassung, dass alle zu niedrig eingestuft waren und eine Nachzahlung bekommen müssten“, sagt der Anwalt. Entsprechend könnten also bis zu 15 Millionen Euro fällig werden.

„Es bleibt abzuwarten, wie sich der Senat entscheidet“, sagt der Anwalt. Im Zweifel sei er jedoch bereit, 1350 weitere Verfahren vor dem LArbG anzustrengen.

„Nach Auskunft der federführenden Senatsverwaltung für Finanzen bleibt zunächst das vollständig begründete Urteil abzuwarten“, sagt Thilo Cablitz, Sprecher der der Polizei übergeordneten Senatsinnenverwaltung. „Nach dessen Eingang wird geprüft, welche Konsequenzen aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes zu ziehen sind und – selbstverständlich ebenfalls – wie in den noch laufenden gerichtlichen Prozessen weiter verfahren wird.“

Innenverwaltung beziffert geschätzte Nachzahlung auf 4,9 Millionen Euro

Laut Cablitz seien aktuell 1675 Mitarbeitende beim ZOS beschäftigt, wobei die Anzahl der Berechtigten rückwirkender Gehaltsnachzahlung geringer ausfalle. „Nach einer ersten überschlägigen Berechnung wären nach derzeitigem Stand circa 4,9 Millionen Euro nachzuzahlen.“

Die Geschichte des Zentralen Objektschutzes, der vergangenes Jahr sein 75-jähriges Bestehen feierte, geht auf das Jahr 1947 zurück. Damals wies die Alliierte Kommandantur den Oberbürgermeister der besetzten Stadt Berlin an, eine Hilfspolizei für den Wachdienst in Berlin mit einer Gesamtstärke von 3500 Mitarbeitenden aufzustellen. Ausgestattet mit ausrangierten Polizeiuniformen und Schusswaffen setzte sich die neue Wachpolizei aus allen Berufs- und Bildungsschichten zusammen.

Die Wachpolizei hatte anfangs deutlich mehr Aufgaben, etwa auch den Schutz von Geldtransporten, Personen und die Gefangenenbewachung. Heute geht es lediglich darum, Gebäude zu schützen – allerdings mit rund 700 in der gesamten Stadt nicht wenig und zuletzt wurden es immer mehr. Was zu überwachen ist und was nicht, geht auf die jeweilige Gefährdungseinschätzung des Staatsschutzes beim Landeskriminalamt zurück.

ZOS-Kräfte bewachen berlinweit rund 700 Objekte

Direkt an den Objekten eingesetzt, halten die ZOS-Kräfte Ausschau nach verdächtigen Personen und Gegenständen und stellen sicher, dass sich kein Unberechtigter Zugang verschafft. Manche arbeiten allerdings nicht fest an einem Ort sondern fahren mehrere pro Schicht ab und kontrollieren etwa, ob es Farbschmierereien gab. Auch die ZOS-Kräfte tragen während des Dienstes Polizeiuniformen. Durch schwarze Aufschiebeschlaufen auf den Schultern und ein schwarzes Mützenband sind sie jedoch von den Vollzugskräften zu unterschieden.

Lesen Sie auch: