Berlin. Berliner Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger kritisieren einige Wahlversprechen der Berliner CDU im aktuellen Wahlkampf. Die Vereinigung der Berliner Strafverteidiger*innen verurteilt die nach ihrer Ansicht verfassungsfeindliche Wahlkampagne. In einer schriftlichen Mitteilung der Juristenvereinigung heißt es: „Die Wahlversprechen der CDU Berlin sind ob ihrer Verfassungswidrigkeit nicht umsetzbar.“
„Was Kriminelle demnächst häufiger hören: Haftbefehl.“, ist auf Plakaten der CDU Berlin für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus zu lesen. Die Juristen sind sauer, denn ihrer Meinung nach, würde die CDU mit diesem Wahlversprechen die Auflösung der Gewaltenteilung ankündigen.
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„Die Entscheidung über den Erlass und Bestand von Haftbefehlen obliegt allein den Gerichten. Ich bin mir absolut sicher: Alle Verantwortlichen in der Berliner Strafjustiz achten die strikte Trennung zwischen Parlament, Behörden und Justiz jetzt und auch in Zukunft und werden sich nicht von Mehrheitsverhältnissen des Berliner Abgeordnetenhauses leiten lassen, sondern weiter unabhängig entscheiden“, teilte Stephan Schneider, 2. Vorsitzender der Vereinigung, mit. „Das populistische Wahlversprechen geht ins Leere. Eine Umsetzung ist unmöglich – es sei denn, Wahlziel soll der Umsturz der Bundesrepublik Deutschland sein.“
Rechtsstaatliche Grundsätze werden über Bord geworfen
Auch an einem zweiten Wahlversprechen der Berliner CDU stören sich die Juristen, und sehen darin eine Ankündigung, dass rechtsstaatliche Grundsätze künftig über Bord geworfen werden sollen.
„Wir werden organisierte Kriminalität, die sich häufig in Form der Clankriminalität darstellt, konsequent bekämpfen. So werden wir die vollständige Beweislastumkehr für Fälle der organisierten Kriminalität durchsetzen und Straftaten im Umfeld krimineller Großfamilien grundsätzlich als bandenmäßige Delikte definieren“, verkünden die Christdemokraten.
So reagiert die CDU auf die Vorwürfe der Strafverteidiger
Die Juristen sehen darin eine Diskriminierung einzelner Menschen allein wegen eines bestimmten Nachnamens. „Das Strafverfahren ist durch die Unschuldsvermutung gekennzeichnet. Die propagierte Beweislastumkehr widerspricht Menschenrechtskonventionen und dem unumstößlichen Rechtsstaatsprinzip. Familienverbünde und strafrechtlicher Bandenbegriff werden auch weiterhin nicht pauschal gleichgesetzt werden können“, teilte der Vorstand der Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen mit. Die Vereinigung werde weiterhin dafür kämpfen, dass die Garantien aufgeklärter Rechtsstaatlichkeit bestehen bleiben.
Wie reagiert die CDU auf die Vorwürfe? „Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass manche Strafverteidiger und vor allem viele ihrer Mandanten unglücklich sein werden über unsere Pläne zur Stärkung von Polizei und Justiz – wir sehen Straftäter doch lieber hinter Gittern als auf der Straße", sagte der Generalsekretär der CDU Berlin, Stefan Evers, der Berliner Morgenpost. "Aber keine Sorge: Mehr Polizei auf der Straße und eine bessere Ausstattung der Strafjustiz haben zwar mehr Haftbefehle für Kriminelle zur Folge – aber dafür werden Herr Schneider und seine Kollegen jede Menge zusätzlicher Arbeit bekommen. Das kann doch eigentlich kein Grund zur Klage sein.“ Die CDU freue sich über die große Aufmerksamkeit für die Wahlkampagne. „Man kann inzwischen sagen: Chabos wissen, wer der Wegner ist.“