- Das Aquarium Aquadom in Berlin ist am Freitag geplatzt.
- Am Sonnabend dauern die Aufräumarbeiten in Berlin-Mitte an.
- Eine am Bau beteiligte US-Firma will ein Untersuchungsteam schicken.
- 630 Tiere wurden gerettet, 1500 tropische Fische starben.
- Die Unglücksursache ist noch nicht endgültig geklärt.
Nach dem Platzen des Berliner Aquariums Aquadom sind nach Angaben des Gebäudeeigentümers etwa 630 Fische aus den unterirdischen Zuchtbecken gerettet worden. Diese Fische befanden sich nicht im geplatzten Aquarium Aquadom, sondern in anderen Becken, wie der Sprecher von Union Investment, Fabian Hellbusch, am Sonnabend mitteilte.
Sie seien auf den Berliner Tierpark, den Zoo, das Sealife im Dom Aquarée und unter einem Netzwerk von Spezialzüchtern verteilt worden. „Dieser Verteilungsvorgang ist aktuell noch nicht abgeschlossen – dies wird morgen vermutlich erledigt sein“, hieß es. Die Maßnahme werde mit Tiermedizinern abgestimmt. Aquarium in Berlin: Rettungsaktion für überlebende Fische - lesen Sie mehr.
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Aquarium in Berlin geplatzt: Sachverständige sollen Ursache klären
Die Ursachensuche, warum das gigantische Aquarium geborsten ist, läuft unterdessen auf Hochtouren. "Es besteht weiterhin Unklarheit, was die Gründe für das plötzliche Bersten des Acrylglaszylinders betrifft", erklärte Fabian Hellbusch. "Zur Begutachtung der Schäden werden ab Montag Sachverständige die Flächen näher in Augenschein nehmen."
Auch eine am Bau des geplatzten Aquariums beteiligte US-amerikanische Firma will ein Team zur Untersuchung des Vorfalls nach Berlin schicken. Das teilte das Unternehmen Reynolds Polymer Technology mit. Auf seiner Homepage schreibt das Unternehmen, es habe das Acrylfenster des gigantischen Aquadoms hergestellt.
Aquarium in Berlin zerstört - Eine Million Liter Wasser strömten aus
Zahlreiche Helfer waren am Sonnabend damit beschäftigt, die Trümmer wegzuräumen und beschädigte Läden und offene Fassaden zu sichern. Noch am Freitag hatten Statiker das Gebäude untersucht und Entwarnung für das Hotelgebäude Dom Aquarée gegeben, in dem sich der Aquadom befand. „Es ist nicht einsturzgefährdet“, so Eigentümer-Sprecher Hellbusch. Bautechnische Untersuchungen fänden aber weiterhin statt.
Ob der 16 Meter hohe Aquadom wiederaufgebaut wird oder eine alternative Nutzung in Frage kommt, ließe sich heute noch nicht sagen. Für die Wiedereröffnung des Hotels gebe es auch noch keinen Zeitplan.
Am Freitagmorgen war das Aquarium mit rund 1500 Fischen, das sich im Hotel Dom Aquarée nahe dem Dom befand, zerborsten. Vermutet wird eine Materialermüdung. Eine Million Liter Wasser ergossen sich aus dem zerstörten 16 Meter hohen Glaszylinder in das Hotel und auf die Straße, die Szenerie glich einem Trümmerfeld. Aquarium in Berlin geplatzt: Das war offenbar der Grund
Aquadom geplatzt - Die Bilder der Zerstörung
Hinweise auf einen gezielten, gewaltsamen Anschlag gab es laut Polizei nicht. „Im Moment deutet nichts darauf hin, dass etwas strafrechtlich Relevantes im Raum steht“, sagt eine Polizeisprecherin am Sonnabend. Nach Angaben der Feuerwehr wurde der Behälter sehr schnell zerstört. „Wenn das Aquarium defekt ist, dann platzt das schlagartig“, sagte ein Feuerwehrsprecher. „Das ist nicht ein kleiner Riss, aus dem das Wasser austritt, sondern das komplette Aquarium ist schlagartig geplatzt.“
Glück im Unglück: Weil so früh morgens zahlreiche Hotelgäste noch nicht im Erdgeschoss unterwegs waren, wurden nur zwei Menschen leicht verletzt. Laut Aussagen des Hotels, das zur Radisson Hotel Group gehört, handelt es sich um einen Gast und ein Teammitglied. "Wir entschuldigen uns aufrichtig bei unseren Gästen für die Unannehmlichkeiten, die durch Umstände verursacht wurden, die außerhalb unserer Kontrolle liegen", hieß es in einer Stellungnahme.
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Eigentümerfirma des Aquadoms nennt Grund noch „völlig unklar“
Doch warum platzte das weltweit größte Zylinderaquarium im Dom Aquarée Berlin? Und das, obwohl der Aquadom doch vor zwei Jahren grundüberholt wurde? Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte: „Die Ermittlungen zur Ursache sind natürlich noch nicht abgeschlossen, erste Anzeichen deuten jedoch auf eine Materialermüdung.“
Ob das Unglück hätte verhindert werden können, können nur Experten beurteilen. „Wenn Leib und Leben durch das Betreiben eines Großaquariums in Gefahr sein können, dann müssen Prüftechniker, Statiker oder die Ingenieure der Bauaufsichten in regelmäßigen Abständen Sicht- oder Tiefenkontrollen durchführen“, sagt Aquariums-Experte Florian Schuran. Schuran ist der Inhaber und Geschäftsführer der Firma New Wave Aquarium Concepts in Wasserberg in Nordrhein-Westfalen. Sein Unternehmen hat sich auf den Bau von Aquarien und Unterwasserlandschaften in allen Größenordnungen spezialisiert. „Klebenähte werden beispielsweise mit Laserscans und/oder polarisiertem Licht kontrolliert. Damit können Materialspannungen sichtbar gemacht werden.“ Das Material unterliege Alterungsprozessen. Auch das Salzwasser im Aquarium beanspruche Nähte und Acryl, so der Experte.
Ein Zylinderaquarium in dieser Größenordnung bestehe aus sehr vielen Einzelteilen und unzähligen Klebeverbindungen, erklärt er. Das 18 Jahre alte Zylinderaquarium wurde laut Herstellerangaben aus 41 Teilen zusammengebaut. „Da gibt es viele Punkte, die das Material beanspruchen. Es wird vermutlich nicht die eine Ursache für das Unglück haben, sondern es ist ein Zusammenspiel unterschiedlicher Ursachen“, so Schuran.
Der Experte verwies auf das Quellverhalten im Material. Auch die mechanischen Beanspruchungen, wie möglicherweise Vibrationen durch den Fahrstuhl im Innern des Aquariums, könnten mögliche Gründe sein. Auch das Trockenlegen eines Aquariums kann Auswirkungen auf das Material haben. Erst vor zwei Jahren war das Wasser abgelassen worden, um das Aquarium zu sanieren.
Aquarium geplatzt: Wasser in benachbarten Gebäuden
Auch die umliegenden Gebäude und Straßen wurden von dem Zerplatzen des Riesenaquariums beeinträchtigt. Viel Wasser lief in die Kanalisation, viel aber auch in Keller und benachbarte Einrichtungen - etwa das DDR-Museum. Ein Teil der Decke brach ein, Exponate sind bedroht.
Der Aquadom war nach Angaben der Betreiber das „größte, zylindrische frei stehende Aquarium der Welt“. Es war ein Behälter aus Acrylglas, der einen Durchmesser von 11,5 Metern hatte. Die Scheiben sollen 20 Zentimeter dick gewesen sein. Das Aquarium wurde den Angaben zufolge bis Sommer 2020 umfassend modernisiert und öffnete dann wegen der Corona-Pandemie erst 2022 wieder. Der Bau soll vor knapp 20 Jahren nach damaligen Mitteilungen und Berichten knapp 13 Millionen Euro gekostet haben. Fische von über 100 verschiedenen Arten schwammen in den 1000 Kubikmetern Salzwasser. Das entsprach einem Gewicht von etwa 1000 Tonnen.
Tierschützer sind empört: "Fahrlässiger Umgang mit Leben"
Kritik gab es von der Tierschutzorganisation Peta. „Wir werden Strafanzeige gegen die Verantwortlichen erstatten, weil hier offenbar fahrlässig mit dem Leben von rund 1500 Fischen umgegangen wurde“, teilte ein Sprecher der Organisation gestern mit. Die Zerstörung des Aquariums sei eine „riesengroße, menschengemachte Tragödie“. Es dürfe nicht wieder aufgebaut werden.
Die Tierschutzpartei rief dazu auf, am Sonnabend ab 13 Uhr mit ihr den vielen Tieren zu gedenken. „Wir müssen die Frage für die Erteilung von Genehmigungen für solche Projekte noch einmal völlig neu denken“, so die Leiterin des Bundesarbeitskreises für Meeresschutz, Ricarda Scholz. „Besonders tropische Fische können nur ganz schwer nachgezüchtet werden, sodass es sich Großteils weiterhin um Lebendfänge handelt. Allein beim Transport versterben bereits unzählige Tiere. Braucht es wirklich ein künstliches Korallenriff mitten in Berlin?“
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