Berlin. Die BSR soll bald unkompliziert illegalen Müll in Berlin einsammeln. Eine Einladung für alle, Unrat einfach auf die Straße zu stellen?
Berlin hat nicht nur ein Müllproblem, dieses Müllproblem wächst auch noch stetig: Möbel, Kühlschränke, Toilettenbecken und zum Teil ganze Wohnzimmereinrichtungen werden einfach am Straßenrand abgestellt. Die Menge an illegal abgeladenem Sperrmüll, Elektroschrott und sonstigem Müll, wie zum Beispiel blauen Säcken, ist im ersten Halbjahr 2022 mit rund 22.000 Kubikmetern im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 um rund sechs Prozent gestiegen. Und das ist nur die Menge, die die BSR entsorgt und erfasst hat.
Die Umweltverwaltung hat das Problem erkannt. Ab Frühjahr 2023 startet eine Berliner Mülloffensive. Die bisher sporadisch angebotenen BSR-Kieztage sollen dann jeden Monat zweimal pro Bezirk angeboten werden. Und zwar das ganze Jahr über – mit Ausnahme extremer Wettersituationen. Eine Übersicht der Daten und Orte gibt es hier.
Zwei SUV pro Kieztag an Sperrmüll
Die BSR möchte die Kieztage nicht nur dafür nutzen, dass die Bewohner ihren Müll abladen, sondern sie wollen den Bürgern auch Beratungsangebote zum Thema Abfall machen, außerdem auf ihren Tausch- und Verschenkmarkt aufmerksam machen, um Abfall zu vermeiden. Mehr als 3000 Gegenstände fanden so schon einen neuen Besitzer und mussten nicht weggeworfen werden. „Diese neuen Bausteine wurden bei einem Pilotversuch in diesem Frühjahr auf 22 Kieztagen ausprobiert und sind sehr gut von der Bevölkerung angenommen worden“, sagt BSR-Sprecher Sebastian Harnisch. Pro Veranstaltung besuchten im Durchschnitt rund 300 Berlinerinnen und Berliner den Kieztag und gaben dort durchschnittlich rund 5,6 Tonnen Sperrmüll ab – so viel wie zwei schwere SUV wiegen.
Unseriöse Firmen stellen ihren Baumüll auf die Straße
Doch es sind nicht nur nur Schrankwände und Toiletten, die illegal auf der Straße abgeladen werden, weil jemand den Weg zum Recyclinghof scheut. Es findet sich auch immer öfter Bauschutt, die unseriöse Unternehmen dort einfach entsorgen, um Kosten und Aufwand zu sparen.
„Illegale Ablagerungen in Berlin sind ein Problem. Leider gibt es offensichtlich immer noch eine große Anzahl von Menschen, die nicht wissen, dass die Allgemeinheit die Kosten für die Beräumung übernehmen muss. Darüber hinaus gibt es vorsätzlich handelnde gewerbliche Akteure, die zu Lasten der öffentlichen Hand Abfälle illegal in der Öffentlichkeit ablagern“, sagt Sara Lühmann, Sprecherin der Senatsverwaltung für Umwelt.
Pilotprojekte, um den Müll schneller zu beseitigen
Darum gab es in diesem Jahr zwei Pilotprojekte im Süden Berlins, bei denen die BSR illegalen Bauschutt ohne extra Beauftragung unkompliziert mit entsorgt hat. „Die beiden Pilotprojekte zu illegal abgelagerten Bauabfällen sind erfolgreich verlaufen und haben zu einer effizienteren Beseitigung dieser Abfälle geführt“, sagt BSR-Sprecher Sebastian Harnisch.
So wurden in Tempelhof-Schöneberg im Jahr 2021 rund 470 Kubikmeter Bauabfälle von der BSR beseitigt und im Jahr 2022 bislang circa 490 Kubikmeter. In Steglitz-Zehlendorf waren es im Jahr 2021 rund 90 Kubikmeter Kubikmeter und im Jahr 2022 circa 100 Kubikmeter. Darum soll nun das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin geändert werden, noch befindet es sich im Gesetzgebungsverfahren.

Mit der beabsichtigten Gesetzesänderung wird für die BSR die Möglichkeit geschaffen, zeitnah Abfälle aus dem gesamten öffentlichen Straßenland sowie aus allen öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen und landeseigenen Waldflächen zu entsorgen. Alle verbotswidrig gelagerten Abfälle – einschließlich illegal abgelagerte Bauabfällen, nicht jedoch Schrottautos – werden so künftig umfassend aus einer Hand durch die BSR beseitigt. Der gesetzliche Auftrag an die BSR zur Beseitigung illegaler Müllablagerungen und Bauabfälle ist vermutlich im Laufe des Jahres 2023 zu erwarten.
Ein Freibrief für illegale Müllablagerungen?
Ein Freibrief für unseriöse Firmen und Entrümpler, ihren Müll künftig einfach an den Straßenrand zu stellen? Die Senatsumweltverwaltung: „Nein. Illegale Ablagerungen bleiben verboten und werden auch geahndet“, beteuert Sara Lühmann. Die Stadtsauberkeit lebe auch davon, dass sich alle an die geltenden Regeln hielten.
Die Senatsumweltverwaltung setzt lieber auf einen „Verhaltenswandel“, aber sie will auch illegale Ablagerungen zukünftig konsequenter verfolgen. Das ist auch dringend nötig, denn Müllsünder werden bisher nur selten ermittelt.
BSR-Sprecher Harnisch bleibt vorsichtig, was allzu rosige Hoffnungen auf ein sauberes Berlin allein durch Kiez-Tage und die Gesetzesänderung angeht: „Auch nach der Etablierung eines gesetzlichen Auftrags an die BSR bleibt es wichtig, dass die Ordnungsbehörden – im Sinne ihres eigenen Sicherheits- und Ordnungsauftrags – eine effiziente Beseitigung illegaler Ablagerungen durch konsequente ordnungs- bzw. strafrechtliche Maßnahmen flankieren.“ Allein durchs Wegräume lässt sich das Problem illegaler Ablagerungen eben nicht dauerhaft lösen.
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