Berlin. Noch ist nicht endgültig entschieden, ob die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und in den Bezirken wiederholt werden müssen, aber beim Landeswahlleiter laufen bereits die Vorbereitungen dafür. Nie war die Vorbereitungszeit kürzer, da eine Wahlwiederholung in dem Umfang noch nie stattfand. Bereits beschlossen durch den Deutschen Bundestag ist die Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin in insgesamt 431 Berliner Abstimmungsbezirken.
Landeswahlleiter Stephan Bröchler stellen diese Wahlen vor Probleme. Vor allem die Suche nach Wahlhelfern bereitet Sorgen. Innerhalb von drei Monaten müssen mindestens 38.000 Wahlhelfer gefunden werden. Sollte das Verfassungsgericht, wie in einer ersten Einschätzung angekündigt, fordern, dass die Wahlen so vorbereitet werden müssen, dass von einer 100-prozentigen Präsenzwahl ausgegangen wird, müssten sogar deutlich mehr Wahllokale eingerichtet und Wahlhelfer angeworben werden.
Im September 2021 waren 2256 Wahllokale geöffnet. Der Anteil er Briefwähler betrug 40 Prozent. Der Landeswahlleiter geht von einer ähnlich hohen Anzahl an Briefwählern aus, so dass aus seiner Sicht nicht mehr Wahllokale notwendig sind.
Der Landeswahlleiter hat seine Sorgen dem Verfassungsgericht mitgeteilt
In einem Brief hat Bröchler seine Sorgen gegenüber dem Verfassungsgerichtshof formuliert. Die Folgen für die Vorbereitung und Durchführung der Wahl wären nur schwer erfüllbar, hatte Bröchler schon bei der Vorstellung der Wahlvorbereitung gesagt. Er bitte das Gericht, das bei der Urteilsverkündung zu berücksichtigen.
Wahl-Entscheid könnte vor Bundesverfassungsgericht landen
Schon jetzt können sich Interessierte als Wahlhelfer auf der Homepage des Landes (berlin.de) anmelden. Offiziell geht der Aufruf erst nach einem entsprechenden Beschluss des Verfassungsgerichts am 16. November los. Auch feste Zusagen würden erst nach dem Verkündungstermin gemacht.
In den Bezirken haben sich bereits erste Wahlhelfer gemeldet. So würden im Fall einer Wahlwiederholung in Spandau 2540 Wahlhelfer benötigt. 70 haben sich bereits angemeldet. Es fehlen also noch 2470. In Spandau, wie in allen anderen Bezirken auch, werden alle Wahlhelfer aus dem vergangenen Jahr angeschrieben und gebeten, sich erneut bereitzuerklären, bei einer Nachwahl wieder mitzuhelfen.
Tempelhof-Schöneberg wirbt bereits aktiv um Wahlhelfer
Um ein erneutes Wahl-Debakel zu verhindern, trifft man im Wahlamt in Tempelhof-Schöneberg auch ohne endgültige Entscheidung über eine Neuwahl bereits Vorkehrungen. „Der Aufbau des Wahlamtes, die Einstellung von Wahlamtsmitarbeitern, die Akquise von Wahlhelfern und die Bereitstellung der Wahllokale werden derzeit vorbereitet und geplant. Des Weiteren werden Raum,- Sachmittel und Personalbedarfe angezeigt und Rücksprachen mit allen involvierten Fachbereichen des Bezirksamts gehalten“, teilt das Bezirksamt auf Nachfrage mit.
Besonders bei den Wahlhelfern prescht der Bezirk vor und wirbt bereits jetzt um Unterstützung aus der Bevölkerung. „Wahlen sind ein Hochamt der Demokratie. Bitte unterstützen Sie das Wahlamt Tempelhof-Schöneberg als Wahlhelfer und werden Sie ein Teil des Teams“, lautet der Aufruf von Bezirksstadtrat Matthias Steuckardt (CDU), zuständig für Bürgerdienste, Soziales und Senioren.
Kommt es nicht zu neuen Wahlen, werden die Daten der bereits angemeldeten Personen wieder gelöscht, teilt das Bezirksamt auf Nachfrage mit. Ohne Nachwahl werden die Helfer nicht benötigt. Wie viele Wahlhelfer genau im Falle einer neuen Wahl gebraucht werden, wisse man derzeit nicht, so das Bezirksamt. Bislang hätten sich 200 Unterstützer gemeldet.
Die Anmeldung als Wahlhelfer in Tempelhof-Schöneberg ist auf der Internetseite des Bezirks zu finden. Bei Fragen können sich Bürger telefonisch unter (030) 90277-3020 /-3022 /-3023 oder per E-Mail (Wahlhelfende@ba-ts.berlin.de) an das Wahlamt wenden.
Wahlhelfer erhalten einmalig 240 Euro
Um die notwendige Anzahl an Helfern anwerben zu können, ist der Senat der Forderung Bröchlers gefolgt, das sogenannte Erfrischungsgeld für Wahlhelfer deutlich zu erhöhen. Es wurde vervierfacht. Wahlhelfer würden bei einer Wahlwiederholung, die voraussichtlich am 12. Februar stattfinden würde, 240 Euro Aufwandsentschädigung erhalten – so viel wie in keinem anderen Bundesland. Bislang waren es 35 bis 60 Euro.
Die stattliche Erhöhung der Aufwandsentschädigung wird wegen der knappen Zeit nur für eine mögliche Wahlwiederholung gezahlt. Der Senat hat insgesamt 39 Millionen Euro für die Durchführung neuer Wahlen bereitgestellt.
Wegen ungenügender Vorbereitung waren die Wahlen im vergangenen September teilweise im Chaos versunken. Es fehlten Wahlunterlagen oder es wurden falsche ausgegeben. Wegen des hohen Andrangs mussten andere Wahllokale zwischenzeitlich geschlossen werden, oder waren bis weit nach 18 Uhr geöffnet.
Das Verfassungsgericht hat scharfe Kritik geübt
Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte sich im Oktober drastisch zum Wahltag geäußert. Schon die Vorbereitung sei derart fehlerhaft verlaufen, dass die Wahl nicht hätte stattfinden dürfen, bilanzierten die höchsten Berliner Richter in einer ersten Bewertung der Vorgänge.
Um das verloren gegangene Vertrauen in freie und geheime Wahlen wiederherzustellen, sieht das Gericht bislang keine andere Möglichkeit, als die Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und in den Bezirken zu wiederholen.
Gegen den ebenfalls am 26. September 2021 vorgenommenen Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne liegen keine Einsprüche vor.
Sollte das Gericht am 16. November die Nachwahlen anordnen, hat das Land 90 Tage lang Zeit, sie vorzubereiten. Der voraussichtliche Wahltermin wäre nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge der 12. Februar.