Berlin. Weil ein 40-jähriger Mann zwei Richterinnen des Amtsgerichts Tiergarten per E-Mail beleidigt, ein Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses verunglimpft und Nachbarinnen beleidigt und bedroht haben soll, muss er sich nun vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Ihm wird unter anderem Beleidigung, Bedrohung und üble Nachrede vorgeworfen.
„Sie ist eine Rassistin“, sagt Stefan S. T. und schaut dem Vorsitzenden Richter dabei in die Augen. Obwohl sein Anwalt sich zu ihm dreht und ihm deutlich zu verstehen gibt, dass Beleidigungen im Gerichtssaal nicht angebracht sind, wiederholt er exakt diesen Satz laut und deutlich. Was war passiert?
Stefan S. T. saß bereits wegen verschiedener Verfahren an unterschiedlichen Gerichten auf der Anklagebank oder auch im Zeugenstand. Im Rahmen eines dieser Verfahren hätte nach Aussage des Angeklagten die Vorsitzende Richterin gefragt: „Haben Sie Scharia gemacht?“, was er als Beleidigung und Rassismus aufgefasst habe. Daraufhin habe er eine Anzeige erstattet und Schmerzensgeld in Höhe von 5000 Euro gefordert. Es folgten E-Mails mit Beleidigungen.
Angeklagter: Richterin habe ihm Menschenwürde abgesprochen
Eine weitere Richterin des Amtsgerichts Tiergarten soll gesagt haben, dass er keine Menschenwürde besäße. Daraufhin soll Stefan S. T. sie in einer E-Mail als oberflächlich, stumpfsinnig und respektlos beschrieben haben. Diese Nachricht streitet er aber ab, ein Trojaner soll seinen Computer befallen haben, dieser gehackt worden sein, woraufhin jemand anderes diese Mail abgeschickt haben soll.
Wesentlich schlimmer muss es aber seiner ehemaligen Nachbarin ergangen sein, die erste Zeugin in dem Prozess. Die 35-Jährige spricht von anfänglichen, wie sie sagt, harmlosen Briefen auf ihrer Fußmatte vor der Wohnungstür, in denen er ihr einen Job angeboten haben soll.
Nachbarin von Stefan S. T. soll E-Mails laut Angeklagtem selbst verfasst haben
„Das hat sich aber schnell geändert“, sagt sie. Zeitnah folgten Zettel, auf denen sinngemäß steht: „ Du denkst nicht weiter, als ein Schwein scheißt“ und: „Wenn ich dich sehe, trenne ich dir den Kopf ab“. Wegen derartiger Nachrichten, Beschimpfungen im Hausflur und Spuckattacken habe sie nicht nur Angstzustände und schlaflose Nächte gehabt, auch ihr ehemaliger Partner habe sich von ihr getrennt, weil er sich bei ihr nicht mehr wohl fühlte und sie sich verändert habe, sagt die Zeugin. Mittlerweile wohnt sie woanders.
Einer weiteren Nachbarin soll er beleidigende Nachrichten per E-Mail geschrieben haben. Doch obwohl die Signatur seiner Immobilienfirma auf dem Schriftstück steht, streitet er die Nachrichten ab. Er sieht sich eher als Opfer, ist sich sicher, dass die Nachbarin die E-Mails selbst verfasst, als Entwurf gespeichert und in ihren eigenen Posteingang geschoben hat, um sie so als Beweisstück vorlegen zu können – mit seiner Mail-Adresse als Absender. Auf die Frage des Richters, wie das gehe, findet er keine plausible Antwort.
Am 7. November wird der Prozess fortgeführt. Dann gilt es für den Vorsitzenden Richter weiter zu klären, wer wem welche E-Mails geschrieben haben soll.
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