Flüchtlinge

Ukraine-Krieg: Mehr Familien mit Kindern kommen nach Berlin

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Joachim Fahrun
Ukrainische Flüchtlinge bei der Ankunft im Ankunftszentrum in Tegel.

Ukrainische Flüchtlinge bei der Ankunft im Ankunftszentrum in Tegel.

Foto: Reto Klar / FUNKE Foto Services

Die Lage der Flüchtlinge am ehemaligen Flughafen Tegel spitzt sich zu. Jetzt wird auch das Terminal B für Not-Übernachtungen genutzt.

Berlin. Die Drohnenattacken auf zivile Ziele und die Infrastruktur zur Energieversorgung in der Ukraine durch die russischen Streitkräfte treiben vor dem Winter wieder mehr Ukrainerinnen und Ukrainer zu einer Flucht nach Westen. Berlins Behörden zählen derzeit rund 320 neue Kriegsflüchtlinge täglich, darunter sind auch wieder mehr Familien mit Kindern und Jugendlichen.

Zudem erreichen über die Balkanroute viele Menschen aus den klassischen Asylbewerber-Staaten Afghanistan, Syrien, Libanon und Türkei die deutsche Hauptstadt. Darunter sind auch viele Minderjährige, die alleine in Berlin ankommen. Insgesamt spitzt sich die Lage der Flüchtlinge in Berlin deutlich zu. Der Senat will sich am Dienstag mit dem Thema beschäftigen.

Die für die Unterbringung der unbegleiteten Kinder und Jugendlichen zuständige Senatsjugendverwaltung berichtet von etwa zehn alleinreisenden Minderjährigen am Tag, meist seien sie im Teenager-Alter. Die speziellen Kapazitäten, um Minderjährige ohne Angehörige aufzunehmen und zu betreuen, seien in den vergangenen Woche von 100 auf inzwischen 800 ausgebaut worden, sagte eine Sprecherin der Jugendverwaltung am Montag. Jede Woche schaffe man 80 neue Plätze. Es werde aber schwieriger, geeignete Immobilien zu finden und vor allem das nötige Betreuungspersonal zu rekrutieren. „Wir sind extrem am Anschlag“, hieß es.

Ex-Flughafen Tegel muss Terminal B öffnen

Berichte der Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer, wonach allein am Berliner Hauptbahnhof täglich bis zu 20 Minderjährige aus der Ukraine ankämen, darunter auch achtjährige Kinder, wies die Behörde zurück. In den Clearingstellen, die sich sofort nach der Ankunft um unbegleitete Minderjährige kümmerten, seien so viele junge Ukrainern nicht aufgelaufen. Es kämen zwar auch Kinder und Jugendliche alleine aus der Ukraine an. Aber im Verhältnis zu den anderen zu betreuenden Geflüchteten unterhalb der Volljährigkeit sei deren Anteil seit dem Sommer eher zurückgegangen.

Insgesamt beobachten Berlins Behörden aber wieder vermehrt die Ankunft von Ukrainerinnen und Ukrainern in Berlin. Im Ankunftszentrum am ehemaligen Flughafen Tegel sind über das Wochenende mit rund 1000 Neuankömmlingen so viele Menschen aufgenommen worden, dass man auch Teile des Terminals B als Notunterkunft heranziehen musste. Das eigentliche Ankunftszentrum im früheren Air-Berlin-Terminal C mit 950 Betten sei voll, hieß es aus dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF).

Mehrere Dutzend Personen mussten deshalb im B-Bereich des Flughafens nächtigen, der eigentlich als Unterkunft aufgegeben werden sollte. Von dort sollen die Menschen innerhalb weniger Tage weiterverteilt werden – in andere Bundesländer oder auf geeignetere Unterkünfte in Berlin. Aber in der Hauptstadt sind die Kapazitäten annähernd erschöpft, deshalb bleiben viele Menschen länger in Tegel. Man habe in den regulären Unterkünften nur noch 100 freie Betten, hieß es aus dem LAF.

Hilfe des Bundes bringt Berlin nicht weiter

Die bisher in Aussicht gestellten Immobilien aus dem Besitz des Bundes helfen in Berlin bisher überhaupt nicht weiter. Nach Informationen der Morgenpost stehen oben auf der Angebot ein bereits seit Monaten belegtes früheres Hotel in der Nähe des Flughafens Tegel, ein Grundstück in Reinickendorf, das womöglich mit Containern bebaut werden könnte, und ein Hostel in Mitte mit 100 Plätzen. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte am Wochenende die Bundesregierung zum wiederholten Mal um Hilfe gebeten und großflächige Immobilien aus Bundesbesitz gefordert.

Der Senat berät am Dienstag über das Anliegen der Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke), die Terminals B und A für die nächsten Monate als Notunterkunft für Geflüchtete nicht nur aus der Ukraine nutzen zu dürfen. Teile der Koalition befürchten jedoch, dass eine Belegung mit bis zu 2000 Menschen den Baustart für den Umbau des Flughafens in ein Wissenschafts- und Gewerbezentrum verzögern könnte.

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