Wohnungspolitik in Berlin

Keine Mieterhöhungen für 340.000 Berliner Haushalte

| Lesedauer: 4 Minuten
Isabell Jürgens
Wohnen in Berlin

Wohnen in Berlin

Berlin ist eine typische Mieterstadt. Die wichtigsten Zahlen und Fakten gibt es in diesem Video.

Beschreibung anzeigen

Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin wollen bis Ende 2023 auf Mieterhöhungen und Kündigungen verzichten.

Berlin. Gute Nachricht für die Mieter von rund 340.000 Wohnungen in Berlin: Die sechs landeseigenen Unternehmen Degewo, Howoge, Gewobag, Gesobau, Stadt und Land sowie WBM werden im gesamten kommenden Jahr auf Mieterhöhungen sowie Kündigungen verzichten. Das kündigte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am Donnerstag an.

„Ich habe der Regierenden Bürgermeisterin vorgeschlagen, das Kündigungsmoratorium bei den Landeseigenen Wohnungsunternehmen auf das ganze Jahr 2023 zu erstrecken und zusätzlich als Teil des Berliner Entlastungspakets bis Ende 2023 auf Mieterhöhungen zu verzichten“, so Geisel. „Die Regierende Bürgermeisterin hat dem zugestimmt.“ Die Entlastung für rund 20 Prozent der rund 1,7 Millionen Mieterhaushalte in Berlin ist damit gesichert. Die aktuelle Durchschnittsmiete bei den kommunalen Unternehmen liegt bei 6,29 Euro je Quadratmeter und Monat (kalt).

Offen ist noch, ob das Mieten- und Kündigungsmoratorium auch für die rund 23.500 Mieteinheiten der Berlinovo gelten wird. Die Berlinovo ist Verwalterin eines Immobilienfonds, der sich inzwischen zu 99,5 Prozent in Landeseigentum befindet. „Wir sind dazu mit der Berlinovo im Gespräch – im Moment gilt es für sie noch nicht“, sagte Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, auf Nachfrage der Berliner Morgenpost.

Stadtentwicklungssenator und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sind mit dieser Zusage einer Forderung der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus nur knapp zuvorgekommen. Der Koalitionspartner forderte ebenfalls am Donnerstag, neben einem einjährigen Mietenstopp bei den landeseigenen Unternehmen auch einen sechsmonatigen Mietenstopp in ganz Deutschland für alle Mieterinnen und Mieter.

Lesen Sie auch: Mieten oder Kaufen? So teuer wird jetzt Wohnen

Berlins Grüne fordern Mietenstopp auch für private Vermieter

Berlins Grüne fordern Engagement auch von privaten Vermietern
„Immer mehr Menschen haben Angst, dass sie sich ihr tägliches Leben und ihr Zuhause nicht mehr leisten können. Wenn die steigenden Energiepreise das Geld für die täglichen Mahlzeiten auffressen, dann ist es Zeit, auf die Bremse zu treten“, sagte Werner Graf, Fraktionsvorsitzender der Grünen, zur Begründung. Berlin sei gefordert, alles zu tun, um die Menschen schnell und unbürokratisch zu entlasten oder zumindest nicht stärker zu belasten.

Lesen Sie hier: Warum die Mieten in Zukunft noch schneller steigen könnten

„Wir brauchen einen Mietenstopp jetzt und sofort für ein Jahr. Die Stadt Potsdam macht es vor und hat für das kommunale Wohnungsunternehmen einen Mietenstopp erlassen“, ergänzte Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten der Grünen. Aber auch die restlichen 80 Prozent der Mieterhaushalte in Berlin müssen geschützt werden. „Ein vorerst sechsmonatiger Mietenstopp für alle Mieterinnen und Mieter in angespannten Wohnungsmärkten wäre das Mindeste“, so die Politikerin weiter. Entweder die Ampel-Koalition stoppe selbst die Mieten oder gestatte den Ländern eine Öffnungsklausel im Bundesmietrecht: „Es ist an der Zeit, auch die privaten Wohnungsunternehmen in die Pflicht zu nehmen“, betonte Schmidberger.

Auch interessant: Klara Geywitz: „Den Traum vom Einfamilienhaus ermöglichen“

„Wir begrüßen den Entschluss der Regierung, in unseren landeseigenen Beständen auf Mieterhöhungen gänzlich für über ein Jahr zu verzichten. Wir sehen das als positive Reaktion auf unsere Forderungen und erwarten von der privaten Wohnungswirtschaft, sich dem anzuschließen“, sagte auch die Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, Ulrike Hamann.

„Das Einfrieren der Mieten ausgerechnet bei den ohnehin schon günstigen landeseigenen Wohnungsbauunternehmen ist wirtschaftlich brisant“, warnte dagegen Maren Kern, Vorständin des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU ). Dabei sei das wachsende Berlin „mehr denn je auf starke landeseigene Wohnungsbauunternehmen angewiesen, die in Neubau, Klimaschutz und energetische Modernisierung investieren können“.

Auch von der Opposition kommt Kritik: „Der pauschale Verzicht auf Mieterhöhungen bei landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ist nicht fair“, sagt Björn Jotzo, Sprecher für Stadtentwicklung und Mieten der FDP-Fraktion. Denn alle Berlinerinnen und Berliner müssen letztlich die Kosten dieses Verzichts tragen. „Diese Entlastung mit der Gießkanne zugunsten nur eines Teils der Mieterinnen und Mieter ist daher fehl am Platz. Richtig wäre es, Menschen in Not zu entlasten, und zwar überall da, wo das Wohngeld nicht ausreicht – nicht nur bei den landeseigenen Gesellschaften.“