ICC Berlin

ICC Berlin: Kongresszentrum für zwei Tage wiederbelebt

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Dirk Krampitz und Miriam Schaptke

Das ICC hat eine bewegte Geschichte: Architektonische Ikone, Abrisspläne, Geflüchteten-Unterkunft, Impfzentrum. Nun kehrt Leben zurück.

Berlin.  Jahrelang fanden hier keine Veranstaltungen statt – nun geht im „Internationalen Congress Centrum“ (ICC) wieder das Licht an, um noch einmal seinem alten Zweck gerecht zu werden. Zumindest für zwei Tage wird es zum Veranstaltungsort für den Kongress „Q-Berlin“.

2015 wurde der silberne Architektur-Gigant am Funkturm stillgelegt, seither nicht mehr für Messen und Kongresse genutzt. Zeitweise diente das Gebäude als Unterkunft für geflüchtete Menschen, dann wurde es als Impfzentrum genutzt.

Erste Verantaltung im ICC seit zehn Jahren

Q-Berlin ist die erste Konferenz seit zehn Jahren im ICC, das wird auch international als etwas Besonderes wahrgenommen“, sagt Kurator und Organisator Lutz Henke von „Visit Berlin“. Er hat sich das ICC ganz bewusst ausgesucht. „Wir suchen uns jedes Jahr besondere Berliner Orte für die Konferenz. Orte, die für Berlin wichtig waren und sind und auch für die Zukunft wichtig sein könnten. Das ICC war schon vor 40 Jahren futuristisch und ist noch immer gut für Zukunftsvisionen“, sagt Henke über die Architektur-Ikone.

Das ICC ist ein Stück Geschichte: Für knapp eine Milliarde Mark wurde es vom Berliner Architektenpaar Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte entworfen und gebaut. 1979 fertiggestellt, war es Europas größtes Kongresszentrum und ein Symbol des Fortschritts. Noch immer ist es eines der markantesten Bauwerke Berlins.

ICC steht seit 2019 unter Denkmalschutz

2004 wurde es zum Sanierungsfall erklärt, 2014 für den Kongressbetrieb gesperrt. Laut Messe Berlin hat der TÜV 2015 die Betriebsstättenerlaubnis entzogen. Seit 2019 steht das Gebäude, das mitunter auch „Arche Noah“ genannt wird, unter Denkmalschutz. Und dass obwohl sogar zeitweise über einen Abriss diskutiert wurde.

Der Unterhalt des Gebäudes im Leerstand kostet nach Schätzungen 15 Millionen Euro pro Jahr. Die letzte Kostenschätzung für die Sanierung stammt aus dem Jahr 2012. Damals rechnete man mit gut 330 Millionen Euro. Heute hört man hinter vorgehaltener Hand Schätzungen in dreifacher Höhe.

ICC ist offenbar noch gut in Schuss

Doch laut dem Kongress-Organisator Henke sei das Gebäude gut in Schuss. „Strom ist drin, Wasser ist drin“, sagt er. „Uns wurde anfangs gesagt, dass es eine einprozentige Chance gibt, dass das Wasser Trinkwasserqualität hat. Aber das hat es – es ist hervorragend. Wir haben es extra testen lassen.“ Natürlich sei die Haustechnik veraltet, aber Medien, Lüftung und die Infrastruktur funktionierten gut.

Nur die Rolltreppen liefen nicht, aber man könne auch über die stehenden Rolltreppen laufen, dass sei kein Sicherheitsproblem, so Henke. Problematischer ist es bei den Fahrstühlen: Die alte Technik sei fragil, ein Steckenbleiben möglich. Deswegen werden diese nicht genutzt.

„Instagrammability“ der 1970er-Jahre-Architektur

Henke spricht mit der Begeisterung eines Frischverliebten, der über kleine Schönheitsfehler hinweg sieht. Messe-Sprecher Emanuel Höger klingt da schon deutlich skeptischer: Das mit dem Wasser sei ihm neu. Auch wegen verbauten Asbests war das ICC in der Diskussion. Gesundheitlich sei das aber kein Problem, sagt Höger weiter: „Das Asbest ist gebunden, und wir führen Luftmessungen durch, es gibt keine Fasern in der Luft. Solange dort nicht eingegriffen wird, wird die Luft auch nicht belastet.“ Das große Problem beginne erst bei einer eventuellen Sanierung. „Dann werden die Stoffe freigesetzt und um das zu verhindern, wird es ganz schnell ziemlich teuer.“

„Das Gebäude ist nicht mehr effizient, man wird es wohl kaum kostendeckend betreiben können“, glaubt auch Henke. Zwischen den Zeilen hört man bei ihm heraus, dass er sich eine nicht-kommerzielle Nutzung des Hauses wünschen würde. Erst in den vergangenen Jahren erkenne man den Wert dieser Art von Architektur in der Breite an. Seit einiger Zeit sei die 1970er-Jahre-Architektur wieder schick und bringe „Instagrammability“ mit sich, so Henke weiter.

Die Begeisterung für das ICC spiegelt sich im Programm

Die Macher von „Q-Berlin“ veranstalten ihre Konferenz im leicht zugänglichen Foyer vor dem Saal 1, der eine Kapazität von 5000 Plätzen hat. „Wir gehen bewusst ins Hauptfoyer. Dort bekommen wir mehr vom Gebäude mit“, erklärt Henke. Mit rund 500 Teilnehmern pro Tag wurde gerechnet, doch schon jetzt zeichne sich ab, dass es deutlich mehr werden, so der Veranstalter. Bis zu 1000 Leute dürfen in das ICC.

Die Begeisterung spiegelt sich im Programm der „Q-Berlin“. Da geht es auch ums Haus. „Wir hatten gar nicht geplant, so viel über das Gebäude zu sprechen, dann hat sich aber gezeigt, dass sie alle total gerne das Gebäude zum Ausgangspunkt nehmen wollen, um über die Städte und ihre Herausforderungen zu sprechen.“

Dazu gibt es am Freitag einen Themenschwerpunkt: Landeskonservator Christoph Rauhut geht auf den Wert des Denkmals ein, und Berliner Initiativen, wie „Graft Architects und ICC“, präsentieren ihre eigenen Visionen für das Gebäude. Ergänzt wird dieser Themenschwerpunkt von internationalen Experten wie dem Architekten Rem Koolhaas.

Zwischen den beiden Konferenztagen – am Donnerstagabend ab 18.30 Uhr können Interessierte das Gebäude erkunden, an den Bars verweilen oder verschiedene Kunstprojekte sehen. Das sogenannte „Late Worm-Ticket“ kostet 15 Euro und ist im Internet buchbar.

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