Berlin. Um zu zeigen, warum langlebige Produkte besser sind für das Klima und die Umwelt hat Ronja Scholz viele kleine Pakete und einen großen Rucksack mit zur IFA gebracht. Die durchaus gewichtigen Mitbringsel stehen für den CO2-Ausstoß, der bei der Herstellung eines Smartphones anfällt. Gut 35 Kilogramm seien das. „Jedes Mal, wenn wir ein solches Produkt kaufen, entsteht ein solcher Rucksack an CO2-Emissionen und die Nutzungsdauer ist im Verhältnis dazu relativ klein“, sagt die Wissenschaftlerin vom Berliner Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM.
Dortige Forscher haben auch untersucht, wie sich die CO2-Belastung bei der Produktion der Technik reduzieren ließe – und sich auch die Reparaturfähigkeit einzelner Geräte angeschaut. Ergebnisse fielen mitunter dürftig aus. Bei einem Staubsauger etwa benötigen die Forscher rund 70 Arbeitsschritte bis sie ein kaputtes Bauteil durch ein neues ersetzen konnten. Verbraucherfreundlich ist das nicht und deswegen landen viele, Geräte, die eigentlich noch genutzt werden könnten, schnell wieder auf dem Müll.
Indoor-Garten: Rund 10.000 Green Boxes sollen in diesem Jahr produziert werden
In der Halle 20 auf dem Messegelände unterm Funkturm führen noch bis zum 6. September neben dem IZM auch einige Start-ups Wege und Ideen für mehr Nachhaltigkeit auf dem Elektrogeräte-Markt vor. Darunter ist Commown aus Frankreich, das eine Vielzahl elektronischer Geräte vermietet und gleichzeitig zahlreiche Dienstleistungen anbietet, zum Beispiel die Reparatur. Auch eine Idee aus Berlin stellt sich auf der IFA den Besuchern vor: Die Firma Berlin Green hat einen Indoor-Garten entwickelt und lässt diesen auch vor Ort, in Neukölln, herstellen. Im vergangenen Jahr hatte das Start-up 3000 der Geräte verkauft, in diesem Jahr sollen es 10.000 werden, erzählt Mitgründerin Olga Blaszak.
Für acht kleine Pflanzen wie Tomaten, Basilikum oder Petersilie bietet die Greenbox Platz. In ein Kokosnusssubstrat werden die Samen direkt eingesetzt. Mithilfe von LED-Technologie wird das Sonnenlicht nachgeahmt, der eingebaute Wassertank soll zwei bis drei Wochen reichen. Per App kann die Beleuchtung gesteuert – und so dem Gemüse gewissermaßen beim Wachsen zugeschaut werden. Nachhaltiger ist der Kleingarten in den eigenen vier Wänden auch, weil Wege zum Supermarkt entfallen – für die Verbraucher und auch die Logistiker, die Waren üblicherweise in die Läden bringen, so Gründerin Blaszak. Zudem werde in der Indoorfarm nur das geerntet, was auch verzehrt werde. „Das bedeutet weniger Müll.“
Nicht immer sollte man sofort ein neues Gerät kaufen
Nachhaltigkeit, Effizienz und Energiesparen haben sich viele Hersteller, die auf der IFA in diesem Jahr ihre Neuheiten zeigen, auch in diesem auf die Fahnen geschrieben. Dabei gebe es weiterhin Luft nach oben, sagen einige. Die großen Hersteller der sogenannten weißen Ware betonen hingegen, dass ihre Waschmaschinen, Kühlschränke oder Spülmaschinen mit Blick auf die Energieeffizienz bereits ein sehr hohes Niveau erreicht hätten.
Miele-Geschäftsführer Markus Miele sieht angesichts der weiter hohen Strompreise eine steigende Nachfrage nach der Technik seiner Firma. „Wir testen unsere Geräte zudem auf 20 Jahre Lebensdauer. Das heißt, auch die Themen Langlebigkeit und Nachhaltigkeit sind bei Miele gegeben“, sagt er. Nicht jeder müsse allerdings sofort in eine neues Gerät investieren. Wer schon Waschmaschine & Co. mit Energieeffizienzklasse A Zuhause habe, sollte die Geräte lieber weiter nutzen.
Bosch: 844 Euro über 15 Jahre mit einem neuen Klasse-A-Kühlgerät sparen
Auch Konkurrent Bosch zeigt auf der IFA neue, energiesparende Modelle. Harald Friedrich, Geschäftsführer der Robert Bosch Hausgeräte GmbH, berechnet bereitwillig den Preisvorteil beim Kauf eines neuen Kühlschranks. „Wenn Sie da ein Gerät der Energieeffizienzklasse A mit einem mit E vergleichen, können Sie bei einem Strompreis von aktuell 42 Cent pro Kilowattstunde über eine Lebensdauer von 15 Jahren gut 844 Euro sparen. Das ist die harte Währung, die den Verbraucher interessiert“, sagt Friedrich im Gespräch mit der Berliner Morgenpost.
Bei der EcoFridge, die Bosch auf der IFA präsentiert, zahlt aber nicht nur der Stromverbrauch mit Blick auf die Nachhaltigkeit ein: Dem Hersteller zufolge wurden herkömmliche Materialien durch recycelte oder durch CO2-reduziert oder CO2-neutral produzierte Alternativen ersetzt. In dem Gerät findet sich so etwa grüner Stahl. Schäume und Kunststoffe wurden gegen bio-basierte Produkte ausgetauscht, für die Türdichtungen kamen thermoplastische Elastomere anstelle von PVC zum Einsatz. Als Verbraucher muss man sich das aber auch leisten könnten: Den EcoFridge gibt es ab 1719 Euro.
Wissenschaftler: Verbraucher müssen auch selbst dazu beitragen, Lebensdauer der Geräte zu erhöhen
IZM-Wissenschaftler Karsten Schischke, Experte für Umweltfragen in der Elektronik, sieht in der Frage Nachhaltigkeit aber noch weitere Stellschrauben. Gerade bei der Reparierbarkeit der Geräte sei noch viel zu tun. Weil immer mehr Hersteller aber auch digitale Services zu ihren Produkten anbieten würden, verbessere sich dies gerade. Die einfache Rechnung: Je länger ein Produkt genutzt wird, desto länger können digitale Services und Angebote dazu gebucht werden.
Verbraucher seien in puncto Lebensdauer der Technik jedoch auch vielfach selbst am Zuge: „Gerade bei Haushaltsgeräten zeigt sich, dass viele Defekte sich über eine bessere Pflege der Produkte vermeiden lassen könnten“, erklärt er.