Letzte Generation

Gemäldegalerie: Klimaaktivisten kleben sich an Cranach-Bild

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Zwei Aktivisten der Guppe "Letzte Generation" haben sich an einem Kunstwerk der Gemäldegalerie festgeklebt.

Zwei Aktivisten der Guppe "Letzte Generation" haben sich an einem Kunstwerk der Gemäldegalerie festgeklebt.

Foto: Paul Zinken

Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ haben sich in der Gemäldegalerie an ein Bild von Lucas Cranach dem Älteren festgeklebt.

Berlin. Nach Frankfurt und Dresden nun auch in Berlin: Zwei Klimaaktivisten der Protestbewegung „Letzte Generation“ haben sich am Donnerstag in der Berliner Gemäldegalerie an ein Gemälde geklebt. „Wir machen das, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, denn die Regierung unterschätzt die Ernsthaftigkeit dieses Themas“, erklärte Mario Burkhardt, Mitglied im sogenannten Ermittlungsausschuss der Bewegung.

Mit ihren Händen hatten sich die beiden Aktivistinnen im Alter von 19 und 24 Jahren am Rahmen des Bildes „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Lucas Cranach dem Älteren aus dem frühen 16. Jahrhundert geklebt. "Maria, Josef und Jesus waren auf dem Weg zur sicheren Zuflucht. Die Menschheit befindet sich aber auf der Überholspur in die tödliche Klimakatastrophe", twitterte die "Letzte Generation" zu der Aktion.

Nach dpa-Informationen wurde die Alarmanlage ausgelöst, als sich die beiden jungen Frauen am Rahmen des Gemäldes festklebten. Sie hatten ein Plakat der Bewegung „Letzte Generation“ dabei, auf ihren T-Shirts stand „Stoppt den fossilen Wahnsinn“.

Beamte der Berliner Polizei nahmen die beiden Frauen fest - genau wie eine ebenfalls 24-Jährige sowie ein 58-Jähriger, die die Aktion gefilmt haben sollen. "Während die mutmaßlich Filmenden sowie die 19-Jährige nach den polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen wurden, wurde die erstgenannte 24-Jährige dem Polizeilichen Staatsschutz beim Landeskriminalamt der Polizei Berlin überstellt, wo die weiteren, noch andauernden Ermittlungen geführt werden", hieß es am Freitag in einer Mitteilung der Polizei.

Klimaaktivisten in Berliner Gemäldegalerie: Kostbarer Renaissance-Rahmen muss restauriert werden

Am Abend gab die Direktorin der Gemäldegalerie, Dagmar Hirschfelder, Auskunft über den Zustand des Kunstwerks von Cranach nach der Attacke. "Nach erster Inaugenscheinnahme unserer Restauratorinnen hat die Tafel keinen Schaden genommen, aber hier müssen wir noch die genaue Untersuchung abwarten", sagte sie gegenüber der Berliner Morgenpost. "Das Gemälde ist auf Holz gemalt und verglast, Klebstoff ist nicht auf die Tafel gelangt." Der Rahmen sei aber auf jeden Fall beschädigt worden und müsse restauriert werden. Er habe zwar ursprünglich nicht zu dem kostbaren Frühwerk von Cranach gehört, es handele sich aber um einen Renaissance-Rahmen.

Das Gemälde „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Lucas Cranach dem Älteren entstand im Jahr 1504. Es zeigt die Heilige Familie auf einem rasenbedeckten Hang mit mehreren Engelsfiguren. Bei dem Bild handelt es sich um die erste von Cranach signierte und datierte Arbeit, sie gilt als eines seiner bedeutendsten Werke. Nachdem es viele Jahre lang nur durch Beschreibungen bekannt war, wurde es erstmals 1892 auf einer Ausstellung gezeigt und kam zehn Jahre später nach Berlin.

Attacke in Berliner Gemäldegalerie: Dritte Aktion innerhalb weniger Tage

Es ist die dritte Aktion der Gruppe in einem deutschen Kunstmuseum innerhalb weniger Tage. Am Mittwoch klebten sich ein Aktivist und eine Aktivistin im Frankfurter Städel Museum an den Rahmen des Bildes „Gewitterlandschaft mit Pyramus und Thisbe“ von Nicolas Poussin. Am Dienstag hatten sie es auf die weltberühmte „Sixtinische Madonna“ von Raffael abgesehen, die in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden hängt. Nach den jüngsten Vorfällen seien Museen und Aufsichtspersonal zusätzlich sensibilisiert worden, sagte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in einer ersten Reaktion in Berlin. „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nie.“

Von Seiten der „Letzten Generation“ wurde die Wahl des Gemäldes „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ begründet. „Auf einer zwei oder vier Grad heißeren Welt wird es keine sichere Zuflucht mehr geben“, hieß es in einer Mitteilung. Cranachs Gemälde zeigt Maria und Joseph mit dem Jesus-Kind, die sich auf ihrer Flucht umringt von einer Schar von Engeln erschöpft ausruhen. In der Mitteilung begründete Aktivistin Lina Eichler die Attacke: Sie habe sich an das Gemälde geklebt, „um für eine sichere Zukunft für uns und alle Kinder zu kämpfen“.

Letzte Generation: Erste Prozesse beginnen

Währenddessen schreitet die juristische Aufarbeitung der Aktionen der Gruppe voran. Seit Januar haben sich Mitglieder vor allem im morgendlichen Berufsverkehr auf Straßen und Autobahnzufahrten festgeklebt. Sie forderten ein entschiedeneres Vorgehen gegen den Klimawandel. Das Amtsgericht Tiergarten hat in 66 Fällen eine Strafe ausgesprochen, wie eine Sprecherin sagte. Dabei ergingen, wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, Strafbefehle, ohne dass es zu einer mündlichen Verhandlung kam. Da allerdings bereits in 24 Verfahren Einspruch eingelegt wurde, kommt es doch zu Prozessen.

Die ersten beginnen in der kommenden Woche. Am Dienstag muss sich ein 20-Jähriger wegen des Vorwurfs der Nötigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten. Er soll sich am 29. Juni mit sechs weiteren Personen auf der A100 in Wedding auf die Fahrbahn geklebt haben. Am Donnerstag beginnt dann der Prozess gegen einen 59-Jährigen, der sich an den ersten Klebaktionen am 26. und 28. Januar beteiligt haben soll.

Bislang lägen dem Gericht inzwischen 114 solcher Verfahren vor, so die Sprecherin weiter. Rechtskräftige Entscheidungen gebe es bislang nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte jeweils Geldstrafen beantragt, deren Höhe sich nach dem Einkommen und der Schwere des jeweiligen Vergehens richtet.

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Polizei erlässt Gebührenbescheide gegen Demonstranten

Parallel zu den Verfahren bei der Justiz geht auch die Polizei verstärkt gegen die Autobahnblockierer vor und erlässt sogenannte Gebührenbescheide für das Ablösen der Demonstranten vom Asphalt. Bis Ende Juli waren es 340, teilte der Senat auf eine CDU-Anfrage mit. Die Höhe der Gebührenbescheide betrug meist 241 Euro. Die „Letzte Generation“ bittet daher um Spenden und hat nach eigenen Angaben bislang rund 16.700 Euro eingenommen.

Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) hatte zuletzt abgelehnt, sich in die Ermittlungen einzumischen. „Wir leben in einem Rechtsstaat mit einer Gewaltenteilung, da haben politische Einflussnahmen auf Richter und Strafverfolgungsbehörden nichts verloren“, sagte sie. Die Opposition im Abgeordnetenhaus hatte zuvor kritisiert, dass die Fälle zu lange dauern würden.

( mit dpa )