Berlin. In einer Unterkunft in Schöneberg können sich wohnungslose Personen täglich von 10 bis 20 Uhr vor der Sommerhitze schützen.
Menschen ohne eigene Wohnung leiden nicht nur im Winter bei großer Kälte, auch im Sommer bei starker Hitze wird das Leben auf der Straße zur Qual. Während die Berliner Kältehilfe seit Jahren bekannt ist, hat am Montag die Hitzehilfe in der Stadt begonnen. In einer Unterkunft in Schöneberg können sich obdachlose Menschen vor der Wärme schützen. Und das nicht nur in den kommenden Tagen, an denen Temperaturen knapp an die 40 Grad erwartet werden.
Das Modellprojekt des Internationalen Bundes (IB) Berlin-Brandenburg bietet täglich von 10 bis 20 Uhr wohnungslosen Personen Platz, die sich abkühlen, duschen, essen und trinken wollen. Außerdem werden Sonnencremes und Kopfbedeckungen verteilt. „Am Montagnachmittag war noch nicht so viel los, wir hatten zwischen sechs und zehn Besucher, aber das wird sich spätestens ab Dienstag, Mittwoch ändern“, sagte Artan Zeka, Koordinator der Hitzehilfe des IB. Er gehe davon aus, dass die neu eröffnete Einrichtung in den kommenden Tagen voll wird. „Unser Angebot spricht sich auf der Straße wie ein Lauffeuer herum. Da gibt es viel Mundpropaganda.“
Zum Angebot der Einrichtung an der Kurmärkischen Straße 1–3 gehören sieben Zimmer, eine Dusche, ein Aufenthaltsraum und eine Küche. „Wir bieten zwischen 40 und 45 Menschen gleichzeitig Platz“, sagte Zeka. „In den sieben Zimmern stehen 30 Betten zur Verfügung, wo sich die Besucher hinlegen und ausruhen können.“ Außerdem erhalten sie Essen und Getränke und bei Bedarf auch Kleidung, Kopfbedeckungen und Sonnencreme. „Wir haben am Montag mit 50 bis 60 Tuben Sonnencreme in unseren Regalen begonnen, aber wir erwarten in den nächsten Tagen viele Spenden“, sagte Zeka. „Wir haben einige Aufrufe gestartet. Spenden sind uns immer willkommen.“
Extreme Hitze und Kälte machen das Leben auf der Straße lebensgefährlich
Neu an dem Projekt ist, dass die Strukturen der alljährlichen Kältehilfe jetzt auch bei der Hitzehilfe eingesetzt werden. „Wenn Passanten sehen, dass obdachlose Menschen unter der großen Hitze leiden, in der Sonne eingeschlafen sind, möglicherweise schon bewusstlos sind oder unter großem Durst leiden, können sie eine Hotline anrufen oder Polizei und Feuerwehr verständigen“, erklärte Zeka. „Große Hitze ist genauso gefährlich wie große Kälte.“ Der Berliner Senat unterstützt das bis Ende September laufende Modellprojekt mit knapp 106.000 Euro.
„Das Leben auf der Straße ist gefährlich, extreme Hitze und extreme Kälte machen es lebensgefährlich“, sagte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke). Auch ihr Sprecher Stefan Strauß wies darauf hin, dass Obdachlose nicht nur Kälte, sondern auch Hitze zu schaffen mache. „Das Leben auf der Straße bietet wenig Möglichkeiten zur Abkühlung und birgt ständig das Risiko der Dehydrierung.“
Für die Hitzehilfe des sozialen Trägers Karuna sind laut Sozialverwaltung 23 Obdachlosen-Lotsen unterwegs, die Menschen ansprechen, Wasser, Sonnencreme, Brillen und Hygieneartikel verteilen. Karuna betreibt Cooling-Busse, in denen sich Menschen vom Hitzestress erholen können. Die Karuna-Hitzehilfe arbeitet seit 2020. Die Hilfe-Hotline für obdachlose Menschen ist Montag bis Freitag 9 bis 17 Uhr unter der Telefonnummer 0157-80 59 78 70 erreichbar.
"Hitzeschutz ist eine zutiefst gesellschaftliche, solidarische Aufgabe"
Angesichts der heißen Tage in Berlin und ganz Deutschland weist der Präsident der Berliner Ärztekammer auf die große Bedeutung von Hitzeschutz und entsprechenden Angeboten hin. „Hitzeschutz ist eine zutiefst gesellschaftliche, solidarische Aufgabe“, sagte Peter Bobbert am Dienstag im Inforadio des RBB.
Hitze sei eine Gefahr für die Gesundheit, insbesondere bei vulnerablen Gruppen wie Älteren oder Menschen mit Vorerkrankungen, aber auch für Schwangere und Kinder. „Wir müssen gerade auf die achten, auch hier in dieser Stadt, die sich nicht so gut vor Hitze schützen können, zum Beispiel die vielen Obdachlosen in dieser Stadt. Die sind besonders betroffen von der Hitze“, mahnte Bobbert.
Die Stadt Berlin sehe er mit Blick auf die Hitze gut vorbereitet. So sei das Berliner Hitzeschutzbündnis im Gesundheitswesen ein wichtiger Schritt gewesen. Dadurch gebe es nun beispielsweise in den Kliniken Menschen, die sich dafür verantwortlich fühlten, Räume kühl zu halten und Medikamente richtig zu lagern.
Den Forderungen des Bundesverbands nach einem nationalen Hitzeschutzplan schloss sich Bobbert an. So kämen auch bundesweit Anfragen zum Berliner Hitzebündnis – und was für Berlin gelte, gelte natürlich auch in anderen Städten. Um Dinge schnell und effektiv umsetzen zu können, mahnte er zum stärkeren Austausch der Kommunen untereinander in Sachen Hitzeschutz. „Wir müssen mehr voneinander lernen, miteinander sprechen, damit wir Dinge umsetzen können.“
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mit dpa