Landgericht Berlin

Bushido-Prozess: Erneute Vernehmung verschiebt sich weiter

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Anis Mohamed Youssef Ferchichi, bekannt als Rapper Bushido, sitzt im Landgericht.

Anis Mohamed Youssef Ferchichi, bekannt als Rapper Bushido, sitzt im Landgericht.

Foto: Paul Zinken/dpa-Zentralbild/Pool/dpa

Das Gericht tagt am Mittwoch nur kurz. Corona-Fälle bringen den Terminplan durcheinander. Das ist der Stand im Verfahren.

Berlin. Die erneute Zeugenvernehmung von Rapper Bushido im Prozess gegen seinen Ex-Geschäftspartner, einen Berliner Clanchef, verschiebt sich weiter. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin wird der Termin nicht wie geplant in dieser Woche vor dem Landgericht Berlin stattfinden können. Corona-Fälle bei Verfahrensbeteiligten haben den Terminplan durcheinander gebracht. An diesem Donnerstag tagt die zuständige 38. Strafkammer nur kurz, um Fristen zu wahren. Danach legt der Prozess eine Sommerpause ein und soll am 3. August fortgesetzt werden.

Angeklagt sind Bushidos früherer Geschäftspartner Arafat A.-Ch. und drei seiner Brüder. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderen Freiheitsberaubung, versuchte schwere räuberische Erpressung, Nötigung, gefährliche Körperverletzung, Beleidigung und Untreue vor.

Der Musiker, mit bürgerlichen Namen Anis Mohamed Ferchichi, ist Zeuge und Nebenkläger in dem Strafverfahren. Ein Großteil der Vorwürfe basiert auf seinen Aussagen. Nachdem während des fast zweijährigen Prozesses ein Tondokument aufgetaucht ist, das heimlich aufgenommen worden sein soll, soll Bushido dazu erneut befragt werden.

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Zuletzt hatte das Landgericht Berlin eine ernüchternde Bilanz gezogen: Demnach haben sich einige Vorwürfe der Anklage gegen Arafat A.-Ch. und drei seiner mitangeklagten Brüder aus Sicht der Richter nach derzeitigem Stand nicht bestätigt. Wo steht der Prozess? Ein Überblick nach 72 Verhandlungstagen.

Warum soll der Musiker Bushido erneut aussagen?

Während des Prozesses ist ein Tondokument aufgetaucht, das heimlich bei einem für das Verfahren entscheidenden Treffen des Rappers und seines Ex-Managers am 18. Januar 2018 angefertigt worden sein soll. Darüber hatte zunächst das Magazin „Stern“ berichtet, seit Anfang Februar liegt die Audiodatei auch der zuständigen Strafkammer vor. Das Tondokument ist verschriftlicht worden und soll nun - im Beisein von Bushido - im Gerichtssaal durchgegangen werden.

Bushido, mit bürgerlichen Namen Anis Mohamed Ferchichi, ist der wichtigste Zeuge in dem Strafverfahren, das für viele Schlagzeilen sorgt. Ein Großteil der Vorwürfe basiert auf den Aussagen des 43-Jährigen, der auch Nebenkläger ist. Die Anklage gegen Arafat A.-Ch. und drei seiner Brüder lautet unter anderem auf Freiheitsberaubung, versuchte schwere räuberische Erpressung, Nötigung, gefährliche Körperverletzung, Beleidigung und Untreue.

Warum ist dieses Dokument von Bedeutung?

Aus Sicht der Verteidiger widerlegt die Tondatei die Darstellung von Bushido. An 25 Prozesstagen hatte der Rapper über sein Leben und insbesondere über seine Zeit mit Arafat A.-Ch. als Manager berichtet – manchmal kämpfte er mit den Tränen. Seine Beziehung zu dem Clanchef verglich er mit einer Zwangsehe. 16 Jahre lang habe er geschwiegen - „aus Angst und Ehre“. Sein Ex-Geschäftspartner habe bis zu 50 Prozent seiner Einnahmen als Rapper verlangt. Bei dem Treffen im Januar 2018 sei der nun Hauptangeklagte „förmlich explodiert“, habe ihn als Verräter und Lügner beschimpft und bedroht. Bushido: „Er hatte nicht vorgehabt, die Trennung zu erlauben.“

Was sagt Bushidos Anwalt dazu?

Der Anwalt des Musikers zweifelt die Echtheit des Tondokuments an. „Aus meiner Sicht handelt es sich mindestens um eine verfälschte Datei“, sagte Steffen Tzschoppe im Prozess. Im Zusammenhang damit sieht er viele Fragen, etwa: Handelt es sich bei der Aufnahme, die dem Gericht vorliegt, um dieselbe, die dem „Stern“-Bericht zugrunde liegt? Woher stammt die Aufnahme? Wieso taucht sie erst jetzt auf? Tzschoppe mutmaßt, es könnten Aufnahmen zusammengeschnitten worden sein. Auf dem beschlagnahmten Handy des Clanchefs sei die Datei - anders als andere illegale Mitschnitte - nicht gefunden worden.

Wie verhalten sich die Angeklagten?

Der 46 Jahre alte Clanchef und seine Brüder schweigen, können sich allerdings manchmal Zwischenrufe nicht verkneifen. Als freie Männer kommen sie zu den Terminen im Kriminalgericht – meistens schlendernd und betont sportlich gekleidet. Wenn Bushido persönlich erscheint, wird er dagegen stets abgeschirmt von mehreren vermummten Personenschützern in den Saal 500 gebracht.

Welche Rolle spielt Bushidos Ehefrau Anna-Maria Ferchichi?

Bushido sagte im Prozess, ihr sei es zu verdanken, dass er den Schritt zur Trennung von Arafat A.-Ch. gewagt habe. Auch die 40-Jährige, die als starke Frau an der Seite des Musikers gilt, hat Personenschutz. Anna-Maria Ferchichi sagte an insgesamt fünf Tagen vor Gericht aus, allerdings zog sich dies über Monate hin, weil die Vernehmung wegen ihrer Drillingsschwangerschaft unterbrochen werden musste. Anfang Januar musste die inzwischen achtfache Mutter dann bislang zum letzten Mal vor Gericht erscheinen.

Was sagen andere Zeugen?

Mehrere prominente Rapper hatten bereits ihren Auftritt in dem Prozess – Samra, Fler und Ali Bumaye gehörten dazu. Zuletzt war der Rapper Kay One aus München angereist, um sich Fragen zu seiner Zeit mit Bushido und Arafat A.-Ch. zu stellen. Er sprach von „besten Freunden“ und machte immer wieder verblasste Erinnerungen geltend – nur von 2007 bis 2012 habe er den Kollegen und dessen damaligen Manager erlebt. Der Berliner Rapper Fler hatte im Zeugenstand erklärt, aus seiner Sicht seien die beiden ein „perfektes Team“ gewesen.

Ist ein Urteil in dem seit 17. August 2020 laufenden Prozess in Sicht?

Von einem schnellen Ende des Prozesses für den Fall, dass das Tonband als echt bewertet werden könnte, geht Bushidos Anwalt Tzschoppe nicht aus. Aus seiner Sicht werden die weiteren Termine, die die 38. Große Strafkammer bislang bis zum 26. Oktober geplant hat, auch genutzt werden. Noch sind nicht alle vorgesehenen Zeugen befragt worden. Zwar steht die Zwischenbilanz des Gerichts im Raum, wonach sich die Vorwürfe der Freiheitsberaubung und der versuchten schweren räuberischen Erpressung nach vorläufiger Einschätzung nicht bestätigt hätten. Doch es gibt weitere Vorwürfe wie etwa die Veruntreuung von 180 000 Euro, Nötigung und gefährliche Körperverletzung.

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( dpa )