Berlin. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey appelliert an die Achtsamkeit der Berliner. Das ist die Lage in Berlin.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat die Berlinerinnen und Berliner aufgefordert, nach Möglichkeit Energie zu sparen. „Wir sind alle gefordert, achtsamer mit den Ressourcen umzugehen“, sagte Giffey am Dienstag nach der Senatssitzung. Dazu gehöre, das Licht auszuschalten, wenn sich niemand im Raum befindet und die Heizung im Winter nicht auf der höchsten Stufe laufen zu lassen, wenn niemand zu Hause sei.
Nach Angaben Giffeys hat Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) als Ziel ausgegeben, für die öffentlichen Gebäude mindestens zehn Prozent an Energie einzusparen. Das könne durch eine geringe Absenkung der Raumtemperatur oder die Senkung der Vorlauftemperaturen stattfinden. Im August soll dazu ein Konzept vorliegen.
Insgesamt treibe den Senat eine große Sorge vor sozialen Verwerfungen in den kommenden Monaten um. Durch den enormen Anstieg der Energiekosten drohen den Berlinern hohe Nachzahlungen für die Betriebskostenabrechnung. Nach Berechnungen von Bausenator Andreas Geisel (SPD) stehen Nachzahlungen in Höhe von zwei Monatsmieten an. Um schlimmste Härtefälle zu vermeiden, hat der Senat einen Notfallfonds beschlossen. 380 Millionen Euro stehen bereit, um Mietern zu helfen, die hohen Nebenkosten bestreiten zu können. Die Landesregierung treffe dafür Vorsorge, dass es für die Berlinerinnen und Berliner nicht zu schlimm werde, kündigte Giffey an.
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„Wir haben also mit Blick auf den Winter Handlungsbedarf auch bei uns in der Stadt“
„Im Moment ist die Versorgung gesichert“, sagte die Regierende Bürgermeisterin. „Aber durch die reduzierten Gaslieferungen sind wir in einer Situation, dass wir wahrscheinlich unsere Gasspeicher nicht so füllen können, dass sie bis zum Winter den vorgeschriebenen Füllstand erreichen.“ Ziel ist ein Füllstand von 90 Prozent bis zum 1. November. „Der aktuelle Füllstand liegt gerade bei 60 Prozent“, sagte Giffey. Der mehrtägige Lieferstopp durch die Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nord Stream 1 ab Anfang kommender Woche erschwere die Befüllung zusätzlich, warnte die SPD-Politikerin. Und es sei nicht sicher, wie viel Gas Russland nach der Wartung liefere. „Wir haben also mit Blick auf den Winter Handlungsbedarf auch bei uns in der Stadt.“
Die Bundesregierung will in der Gaskrise mit der Stützung von Energieunternehmen Verbraucher vor Preisexplosionen bewahren. Dazu könnte der Staat mit Milliarden-Steuergeldern bei angeschlagenen Firmen wie Uniper einsteigen. Um dies zu erleichtern, brachte das Kabinett am Dienstag gesetzliche Änderungen auf den Weg. Geplant ist außerdem als Option ein Umlagesystem, damit Preissprünge gleichmäßiger an Kunden weitergeben werden können. Die Bundesregierung will aber verhindern, dass dieses Instrument zum Einsatz kommen muss.
„Die Lage am Gasmarkt ist angespannt, und wir können eine Verschlechterung der Situation leider nicht ausschließen“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass sich die Lage zuspitzt.“ Deshalb sollten Instrumente nachgeschärft werden. „Es geht darum, alles zu tun, um auch im kommenden Winter die grundlegende Versorgung aufrechtzuerhalten und die Energiemärkte so lange es geht am Laufen zu halten – trotz hoher Preise und wachsender Risiken.“
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Hintergrund ist die Drosselung russischer Gaslieferungen
Hintergrund ist die Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1. Dadurch geriet Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas, Uniper, in Turbulenzen und rief nach Staatshilfen. Uniper spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert viele Stadtwerke. Der Konzern kann aber derzeit Mehrkosten beim Einkauf von Gas nicht an die Kunden weitergeben. Daraus entstünden deutliche finanzielle Belastungen, so das Düsseldorfer Unternehmen. Die Bundesregierung verhandelt mit Uniper über staatliche Hilfen. Priorität sollen nun Stabilisierungsmaßnahmen für Energieunternehmen haben – damit Gasversorger ihren Kunden nicht massenhaft die Verträge kündigen und die Tarife erhöhen.
Zudem will die Ampelkoalition Bremsen beim Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne lösen. Die Koalitionsfraktionen im Bundestag einigten sich auf zahlreiche Maßnahmen. Bis es aber deutlich mehr Windräder und Solaranlagen gibt, dürfte es Jahre dauern. Die FDP kippte das Ziel von Habeck, dass ab dem Jahr 2035 die Stromerzeugung in Deutschland nahezu treibhausgasneutral erfolgen soll. Es bleibt aber dabei, dass bis 2030 der Anteil an grünem Strom auf 80 Prozent steigen soll. Nach vorläufigen Berechnungen deckten im ersten Halbjahr 2022 erneuerbare Energien 49 Prozent des Stromverbrauches.