Berlin . Die Hochschule hatte einen biologischen Vortrag “aus Sicherheitsgründen“ gestrichen. Der Hochschulverband sieht die Absage kritisch.
Die Absage eines Vortrags zur Gender-Debatte an der Humboldt Universität aus Sicherheitsgründen hat zu breiter Kritik geführt. „Die genannten Vorwürfe der Transfeindlichkeit sind ehrverletzend und durch nichts zu rechtfertigen“, schrieb das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der Präsident des Deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, hat die Absage des Vortrags der Biologin Marie-Luise Vollbrecht ebenfalls verurteilt. Die Universität habe der Wissenschaftsfreiheit einen Bärendienst erwiesen, sagte Kempen am Montag. „Sie hätte stattdessen Rückgrat beweisen sollen und alles daran setzen müssen, dass der Vortrag stattfinden kann“, so Kempen.
Auch innerhalb der Landespolitik stieß die Entscheidung auf Unverständnis. „Ich finde es grundsätzlich schwierig, Veranstaltungen aufgrund von Demonstrationen oder Gegendemonstrationen abzusagen“, sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD, Ina Czybora.
Aus Sicht des wissenschaftspolitischen Sprechers der Linken, Tobias Schulze, wäre die Absage nicht notwendig gewesen. „Außer vier Leuten, die da Plakate hochgehalten haben, wäre nicht viel passiert“, sagte Schulze. „Einen Riesenskandal sehe ich darin aber auch nicht.“
Der Vorfall wird ein parlamentarisches Nachspiel haben
Die Absage wird auch ein parlamentarisches Nachspiel haben. „Der Senat muss die Frage beantworten, ob er die Freiheit der Wissenschaft in Berlin noch gewährleisten kann“, sagte der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Adrian Grasse. Der Vorgang offenbare eine bedenkliche Entwicklung. Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) wollte sich am Montag nicht zu dem Vorfall äußern.
Nach der Ankündigung von Protesten hatte die Hochschule den Vortrag „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht, Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“, der während der Langen Nacht der Wissenschaft am 2. Juli gehalten werden sollte, aus Sicherheitsgründen gestrichen.
Eine Diskussionsrunde ist für den 14. Juli geplant
Hochschulsprecher Boris Nitzsche kündigte an, dass statt des Vortrags demnächst eine Podiumsdiskussion stattfindet. Diese ist für den 14. Juli geplant. Zuvor hatte der RBB über den neuen Termin berichtet. Auch Bundeswissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und die Berliner Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) sollen eingeladen werden.
Universitäten seien Stätten geistiger Auseinandersetzung, so der Präsident des Deutschen Hochschulverbands. „Hier muss jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler ihre und seine Forschungsergebnisse, Thesen und Ansichten ohne Angst zur Diskussion stellen können.“ Differenzen zu Andersdenkenden seien im argumentativen Streit auszutragen. „Boykott, Bashing, Mobbing oder gar Gewalt dürfen keinen Erfolg haben“, so Kempen weiter.
Vollbrechts Vortrag ist auf Youtube zu finden und hatte bis zum Montagvormittag mehr als 41.000 Zugriffe. Für eine Stellungnahme war die Wissenschaftlerin der Humboldt Universität am Montag zunächst nicht zu erreichen.