Berlin. Bereits in diesem Sommer sollten Lehrer in Berlin verbeamtet werden. Nun will die Linksfraktion das Vorhaben stoppen.

Kurz bevor Berlin im Sommer die ersten Lehrer verbeamten will, droht die Linksfraktion damit, das Vorhaben zu stoppen. Ohne Kompensation für die Bestandslehrkräfte wolle sie die Wiedereinführung der Verbeamtung nicht mittragen, sagte Franziska Brychcy, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. „Sie ist für uns die Bedingung“, führte die Politikerin weiter aus.

Mit der Wiedereinführung der Lehrer-Verbeamtung will Berlin dem Fachkräftemangel entgegenwirken. In den vergangenen Jahren hatten jährlich Hunderte Lehrer die Hauptstadt verlassen, weil sie in allen anderen Bundesländern verbeamtet worden sind. Der Verbeamtung hat die Linksfraktion allerdings nur unter der Bedingung zugestimmt, dass es dafür einen angemessenen Nachteilsausgleich für die Lehrkräfte gebe, die nicht verbeamtet werden wollen oder können. So wurde es auch im Koalitionsvertrag festgehalten, ebenso wie die Fortsetzung der Fachkräfteoffensive und der Ausbau der Studienkapazitäten.

Doch von diesem Gesamtpaket sei nun im Schreiben der Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) an die Schulleitungen und Lehrkräfte zum Stand der Verbeamtung keine Rede mehr. „Dass die Bildungssenatorin in ihrem Schreiben den Eindruck entstehen lässt, ein Nachteilsausgleich würde lediglich geprüft, und es gäbe keine Spielräume im Rahmen der TdL (Tarifgemeinschaft deutscher Länder, d.A.), ist sachlich falsch und widerspricht unserer Koalitionsvereinbarung“, sagte Brychcy. „Im Bundesland Sachsen gibt es eine solches Kompensationsmodell über ein Beförderungsamt mit Zulage bereits.“ Brychcy betonte, dass es ihr nicht darum ginge, die Verbeamtung zu stoppen, sondern „einzufordern, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist“. Die Senatorin sei hier mit einem nicht fertigen Konzept vorgeprescht, das sei „unprofessionell“.

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigte sich irritiert über Busses Schreiben. Es sorge für viel Unruhe unter den Kolleginnen und Kollegen. „Die entscheidenden Fragen sind noch immer nicht geklärt“, sagt Tom Erdmann, Vorsitzender der Berliner GEW. „Wie ist das mit der Altersgrenze, wie ist das mit dem Nachteilsausgleich, was ist mit den Funktionsstelleninhabern? Das ist alles noch offen, betrifft aber tausende Berliner Lehrkräfte.“ Sollte der Nachteilsausgleich jetzt nicht kommen, handele es sich nach Erdmanns Meinung um Wahlbetrug.

Die Bildungsverwaltung betonte auf Nachfrage, dass es nicht so einfach sei, einen Nachteilsausgleich auszugestalten. „Berlin wird schon jetzt mit der Eingruppierung von allen Lehrkräften in Erfahrungsstufe 5 und der Hauptstadtzulage von der Tarifgemeinschaft der Länder sehr kritisch beäugt“, so Sprecher Martin Klesmann. „Mit weiteren großzügigen Schritten könnte gar ein Ausschluss Berlins aus der TdL drohen.“

Verbeamtung der Lehrer: Senat prüft alle Möglichkeiten

Ein angemessener Nachteilsausgleich für die Bestandslehrkräfte, die nicht verbeamtet werden können oder wollen, sei im Koalitionsvertrag verhandelt worden. „Den fordern wir jetzt auch ein“, so bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Die Bildungsverwaltung räumte bereits ein, dass es nicht einfach sei, einen Nachteilsausgleich auszugestalten. „Senatorin Busse hat sich intensiv dafür eingesetzt, das Großprojekt Verbeamtung von Lehrkräften voranzubringen. Die längst nicht selbstverständliche Anhebung der Altersgrenze ist ihr ein ganz wichtiges Anliegen“, betonte Sprecher Martin Klesmann. Außerdem prüfe man wirklich alle Möglichkeiten, um einen Nachteilsausgleich zu erreichen.

Dass lediglich „geprüft“ werde, widerspreche laut Brychcy den Koalitionsvereinbarungen. Ebenso wie das Fehlen der vereinbarten zehn Millionen Euro für das Sonderprogramm „Beste Lehrkräfte für Berlin“ im aktuellen Haushaltsplan. Dies kritisiert auch die Bildungsinitiative „Schule muss anders“. „Vor dem Hintergrund des aktuellen Lehrkräftemangels und der Situation an den Universitäten wäre die Nicht-Fortführung des Sonderprogramms zur Lehrkräftebildung skandalös“, warnt Claudius Baumann, selbst Lehramtsstudierender und Teil der Initiative. Auf Nachfrage hätten sie dazu von der Bildungsverwaltung aber nur vage Aussagen dazu erhalten.

Streit um die Frage, woher das Geld kommt

Diese Kritik weist die Verwaltung zurück. „Das ist eine irreführende Darstellung. Für das Sonderprogramm haben auch in den vergangenen Jahren keine gesonderten Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden, sondern die Maßnahmen wurden größtenteils durch die damals zuständige Senatskanzlei finanziert, und die Senatsverwaltung für Bildung hat sich aus verschiedenen bereitstehenden Mitteln an der Finanzierung beteiligt“, so Klesmann. Die Mittel würden auch im Etat 2022/2023 nicht gesondert abgebildet, da das Sonderprogramm in die Regelfinanzierung der Hochschulen durch die kommenden Hochschulverträge überführt werden soll. Die Maßnahmen würden also fortgesetzt.

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