Berlin. Nach dem Bericht der Berliner Morgenpost über die Neugestaltung der Flaniermeile Friedrichstraße hat sich Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) zu den weiteren Plänen auf dem autofreien Abschnitt geäußert. „Der Verkehrsversuch hat erwiesen, dass der gelb markierte Fahrradstreifen die Fußgänger*innen daran hindert, den Raum so zu nutzen, wie wir es uns gewünscht haben“, sagte Jarasch am Donnerstag und bestätigte damit den Bericht.
Deshalb werde der Radweg künftig aus der Friedrichstraße herausgenommen, hieß es vonseiten eines Sprechers der Senatsverkehrsverwaltung. „Hier wird künftig überall der Fußverkehr Vorrang haben.“ Sobald die Teileinziehung der Friedrichstraße für den Autoverkehr genehmigt sei, soll der entfernt werden. Der Radverkehr hingegen werde künftig über die parallel verlaufende Charlottenstraße als Fahrradstraße ohne Auto-Durchgangsverkehr geführt. „Damit wird auch die Charlottenstraße vom Kfz-Verkehr entlastet“, so der Sprecher weiter. Geschäfte und Häuser sollen dabei aber für den Lieferverkehr erreichbar bleiben.
Friedrichstraße in Berlin - mehr zum Thema:
- Friedrichstraße soll zur reinen Fußgängerzone werden
- Autofreie Friedrichstraße verliert laut Studie Besucher
- Berliner wollen weiter Platz für Autos
- Der lange Weg zur Fahrradstadt
- Friedrichstraße: Auf der Suche nach Berlins verlorener Mitte
Friedrichstraße: Gestaltungswettbewerb für gesamtes Gebiet geplant
Mit dieser Neuauflage des Verkehrsversuchs auf der Friedrichstraße soll eine dauerhafte, qualitätsvolle Gestaltung möglich sein. Hierzu wolle die Senatsverkehrsverwaltung einen Gestaltungswettbewerb vorbereiten, der das gesamte Gebiet bis hin zum Gendarmenmarkt berücksichtige. „Wir werden die Friedrichstraße und ihre Umgebung zu einem attraktiven, modernen und grünen Stadtraum entwickeln – gemeinsam mit der Zivilgesellschaft“, sagte Jarasch.
Der Handelsverband Berlin-Brandenburg begrüßte das Umdenken an der Friedrichstraße. „Eine Radschneise durch die Fußgängerzone zu ziehen, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Nils Busch-Petersen. Verkehrssenatorin Jarasch habe von Anfang an in mehreren Gesprächen gezeigt, dass sie die Probleme an der Einkaufsstraße ernst nehme und nach pragmatischen Lösungen suche. „Das rechne ich ihr hoch an.“ Ob aber die Verlegung des Radverkehrs in die Charlottenstraße eine gute Lösung sei, werde sich erst in den kommenden Gesprächen zeigen. Busch-Petersen bezweifelt das, da die Charlottenstraße der Zubringer zu sämtlichen Parkhäusern in der Gegend sei.
Berliner CDU-Chef: "Wahnsinnsplan"
Felix Reifschneider, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, hält die Pläne, den Fahrradverkehr über die Charlottenstraße zu lenken, für bedenklich. „Das macht es dem Autoverkehr noch schwieriger, durch Mitte zu kommen“, so Reifschneider. Er befürchtete, dass ein „Verkehrschaos“ und „eine hohe Belastung“ für die Menschen, den Handel und die Gastronomie vor Ort in Kauf genommen würden. Deshalb forderte er eine Prüfung, ob die Charlotten- und die Glinkastraße in gegenläufige Einbahnstraßen verwandelt werden können und die Durchfahrt an der Britischen Botschaft in der Wilhelmstraße geöffnet werden könne. „So kann der Verkehrsfluss durch Berlins Mitte für unterschiedliche Anforderungen gut gesteuert werden.“
Der Berliner CDU-Chef Kai Wegner äußerte sich via Twitter zur Neugestaltung der Friedrichstraße. Er sprach von einem "Wahnsinnsplan", bei dem Luftverschmutzung und sinkende Umsätze vorprogrammiert seien. Statt auf die Hilferufe der Gewerbetreibenden zu hören und die Mobilitätsbedürfnisse der Berliner zu berücksichtigen, baue Jarasch an ihrem "Büllerbü" weiter, so Wegner.
Harsche Kritik kam auch von der Berliner AfD. „Die Pläne der Verkehrssenatorin stellen eine Entwicklung von schlimm zu katastrophal dar“, erklärte der AfD-Verkehrspolitiker Harald Laatsch am Donnerstag. „Charlottenstraße als Fahrradstraße, Friedrichstraße als Fußgängerzone – damit wären zwei der ohnehin wenigen Nord-Süd-Verbindungen in Mitte für Autos unpassierbar“, erklärte er. So werde der Verkehrsinfarkt mutwillig herbeigeführt. „Jarasch und der Senat machen eine Verkehrspolitik, die boshaft gegen die Interessen der Bürger gerichtet ist.“
Die Mitte e.V. fordert sofortige Beendigung des Verkehrsversuchs
Die Grünen sprangen ihrer Verkehrssenatorin Jarasch bei. „Die Friedrichstraße bleibt dauerhaft autofrei. Gut so“, erklärten die Landesvorsitzenden Susanne Mertens und Philmon Ghirmai. Jarasch führe eine sach- und bürgerorientierte Politik fort, „statt den lauten Stimmen zu folgen, die die Autostadt konservieren wollen“.
Der Verein die Mitte e.V. fordert nach Bekanntwerden der neuen Pläne weiterhin die „sofortige“ Beendigung des Verkehrsversuchs auf der Friedrichstraße, also den bisherigen Zustand vorerst wiederherstellen und die Gestaltungselemente abbauen, heißt es in einer Mitteilung am Donnerstag. „Wir begrüßen, dass endlich die Friedrichstraße nicht singulär betrachtet wird, sondern in einem größeren Gebiet gedacht wird“, heißt es weiter. Es brauche aber eine Gesamtkonzeption für die Friedrichstraße, Gendarmenmarkt und Unter den Linden, die nicht nur den Verkehr betrachte, sondern auch die Städtebaugestaltung. „Das Ergebnis der Planung und Umsetzung muss für Mitte und Berlin eine Qualität auf internationalem Niveau haben.“