Wasser wird knapper

Grundwasserspiegel in Berlin sinkt um 50 Zentimeter

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Wenig Regen, hoher Verbrauch: Die Wasserbetriebe sehen eine hohe Belastung für die Systeme. Rekordsumme für Abwasserreinigung.

Berlin. Seit dem Bau der Autofabrik des US-amerikanischen Unternehmens Tesla in Grünheide südwestlich von Berlin diskutieren Menschen in Berlin und Brandenburg über Wasser als schwindende Ressource. In Berlins Nachbarbundesland hatte der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) zuletzt damit begonnen, mit Neukunden eine Deckelung der Wasserversorgung zu vereinbaren.

Eine solche Rationierung schlossen die Berliner Wasserbetriebe am Mittwoch auf ihrer Jahrespressekonferenz aus. Interims-Vorstandschef Frank Bruckmann mahnte jedoch einen sorgsameren Umgang mit Trinkwasser in der deutschen Hauptstadt an.

„Wir brauchen ein neues Bewusstsein bei den Bürgerinnen und Bürgern, dass Wasser eine kostbare Ressource ist“, sagte Bruckmann. Das bedeute zwar nicht Wassersparen auf Teufel komm raus, aber einen bewussteren Umgang mit dieser Ressource, erklärte er.

Berliner Wasserbetriebe: Berliner verbrauchten 2021 etwas weniger Wasser

In Berlin bewegt sich der Verbrauch von Wasser seit einigen Jahren auf konstant hohem Niveau. 2021 verkauften die Wasserbetriebe stadtweit 215 Millionen Kubikmeter Wasser. Damit floss zwar mengenmäßig sechs Prozent weniger aus den Berliner Wasserhähnen als im Vorjahr. Bruckmann attestierte dennoch eine Dynamik.

„Immer neue Höchststände bedeuten mehr Belastung für unsere Systeme“, sagte er. Damit einher gehe eine seit Jahren sinkende Regenmenge in der Stadt. Bereits seit 2014 liege der Niederschlag konstant unter dem langjährigen Mittel. Das wirke sich mit ein wenig Verzögerung auch auf die Grundwasserspiegel aus, die sich bereits jetzt 20 bis 50 Zentimeter unter dem langfristigen Durchschnitt befänden, so die Wasserbetriebe.

Berliner Wasserbetriebe: Doppelt so viel Ausgaben für Reinigung wie 2016

Die Anforderungen an die Systeme und die Infrastruktur des Berliner Landesunternehmens nehmen somit zu. Und die Aufgaben auch. 2021 stieg die Menge des gereinigten Abwassers um zwei Millionen auf 260 Millionen Kubikmeter.

Die Wasserbetriebe unternehmen mittlerweile viel, um das Nass gereinigt ableiten zu können. 2021 wurden rund 397 Millionen Euro investiert. Für dieses Jahr ist ein Sprung der Ausgaben auf 478 Millionen Euro geplant. Das wäre doppelt so viel Geld wie noch 2016. Zwei Drittel der Investitionen fließen Angaben des Unternehmens zufolge in die Ableitung und Reinigung des Abwassers und somit auch in den Ressourcenschutz.

Wirtschaftssenator: Wasserbetriebe Wirtschaftsfaktor für Berlin

Trinkwasser gewinnen die Berliner Wasserbetriebe vor allem als Uferfiltrat aus den Flüssen Havel und Spree. In den Gewässern sei nun immer mehr gereinigtes Abwasser enthalten, hieß es. Das liegt auch daran, dass die Wasserbetriebe gut mit der Ausrüstung ihrer Klärwerke vorankommen.

In Schönerlinde, wo sich das drittgrößte der sechs Klärwerke der Wasserbetriebe befindet, wurde im Dezember 2021 mit dem Bau einer weiteren Reinigungsstufe begonnen. Dort entsteht nun die erste Ozon-Anlage zur Eliminierung von Spurenstoffen. An Planungen zur Ausrüstung weiterer Berliner Klärwerke mit dieser Technik werde gearbeitet, so der Landesbetrieb.

Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) bezeichnete die Wasserbetriebe am Mittwoch als einen „wichtigen Antrieb für die Berliner Wirtschaft“. Die Investitionen würden in die Wirtschaftskreisläufe der Stadt hineinlaufen. Die Wasserbetriebe seien somit auch ein „echter Wirtschaftsfaktor“ Berlins.

Berliner Wasserbetriebe: Ab 2024 ist Preissteigerung denkbar

In erster Linie sei das Unternehmen aber Ver- und Entsorger, so Schwarz. „Mit diesen beträchtlichen Ausgaben vor allem in die weiter verbesserte Abwasserreinigung und die Resilienz der Systeme stellen sich die Berliner Wasserbetriebe den Anforderungen an einen immer enger geschlossenen regionalen Wasserkreislauf“, erklärte der Politiker weiter. Für das Land Berlin blieb im vergangenen Jahr allerdings weniger übrig: Nach 194 Millionen Euro im Jahr 2020 führte der Landesbetrieb 2021 nur noch 122 Millionen Euro an den Eigentümer ab.

Angesichts der weiter zunehmenden Aufgaben und steigenden Ausgaben für Investitionen schlossen die Wasserbetriebe Preissteigerungen für die Berliner nicht mehr aus. Man habe seit mehr als zehn Jahren die Gebühren für Trink- und Schmutzwasser nicht erhöht. Auch 2022 und 2023 ändere sich daran nichts.

„Wie das in den Jahren 2024 und 2025 aussieht, müssen wir uns im Einzelfall noch anschauen. Da kann ich jetzt noch keine Prognose angeben“, sagte Frank Bruckmann, der seit dem Abgang des früheren Vorstandschefs Jörg Simon im Sommer 2021 operativ die Geschäfte führt. Eine Preisanpassung als Folge der derzeitigen Inflation und hohen Investitionen könne es allerdings durchaus geben.

Berliner Wasserbetriebe: Mehr Stauraum für Starkregen

Voran kommen die Wasserbetriebe auch mit dem Vorhaben, die Stadt resilienter gegen Starkregenereignisse zu machen. Inzwischen seien 260.000 von 300.000 Kubikmetern Stauraum fertiggestellt, hieß es. Sie sollen verhindern, dass Abwasser aus der Kanalisation in die umliegenden Gewässer gespült wird.

Das letzte große Überlaufbecken entstehe gerade an der Chausseestraße in Mitte. So soll verhindert werden, dass Abwasser aus der Kanalisation in die umliegenden Gewässer gespült wird. Auch in Sachen Entsiegelung von Flächen, damit Regenwasser besser versickern kann, will der Landesbetrieb in diesem Jahr verstärkt vorangehen. Überprüfungen laufen dazu. Manch einer wird bauliche Veränderungen vornehmen müssen, kündigte Bruckmann an.

Berliner Wasserbetriebe: FDP mahnt Senat zu mehr Aktivität bei Schmutzwasser

Von der Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus hieß es, man müsse heute daran arbeiten, dass das vorhandene Wasser effizient genutzt und Abwasser hochwertig aufbereitet werde. Zusätzliche Reinigungsstufen seien dafür nötig, ebenso, dass bestehende Brunnen ertüchtigt und stillgelegte Wasserwerke reaktiviert werden, sagte der umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, Felix Reifschneider.

„Schließlich muss die Kanalisation von Regenwasser entlastet werden, damit möglichst kein Schmutzwasser in die Berliner Gewässer eingeleitet wird. Hier muss der Senat endlich aktiv werden, um nicht länger gegen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie zu verstoßen“, so der Politiker weiter. Saubere Gewässer seien schließlich ein wichtiger Bestandteil der Berliner Stadtlandschaft.