Fruit Logistica

Messe-Neustart in Berlin - im Schatten des Krieges

| Lesedauer: 5 Minuten
Dominik Bath
Der internationale Fruchthandel steht noch bis Donnerstag auf der Fruit Logistica in Berlin im Mittelpunkt.

Der internationale Fruchthandel steht noch bis Donnerstag auf der Fruit Logistica in Berlin im Mittelpunkt.

Die Fruit Logistica ist die erste Großveranstaltung seit Pandemiebeginn auf dem Messegelände. Auch eine Firma aus der Ukraine ist dabei.

Berlin. Während in ihrem Heimatland in vielen Gebieten weiter gekämpft wird, sitzt Angelina Vynohradova am Dienstagmorgen an einem Stand auf dem Berliner Messegelände und erzählt von den fruchtbaren Böden nahe der ukrainischen Hafenstadt Odessa. Dort, sagt die junge Frau, herrsche bestes Klima für den Anbau von Obst und Gemüse. Auf 2000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche habe das Unternehmen Danube Agrarian Wassermelonen, Pfirsiche, Nektarinen, aber auch Süßkartoffeln und Knoblauch angepflanzt. Geerntet und verkauft würden jedes Jahr mehrere Tausend Tonnen.

Vynohradova erzählt, sie sei lediglich Repräsentantin des Unternehmens auf der weltgrößten Fachmesse für Gemüse- und Obsthandel, der Fruit Logistica. Das Branchentreffen findet nach einem Jahr Pandemie-Pause noch bis Donnerstag in den Messehallen unterm Funkturm statt. Von den rund 150 Mitarbeitern, die Danube Agrarian normalerweise in der Ukraine beschäftigt, um die Flächen zu bewirtschaften, sei allerdings niemand nach Berlin gekommen. Die Beschäftigten würden die Felder beschützen, sagt sie. Verluste und Beschädigungen seien ihr nicht bekannt. Kampfhandlungen um die Anbaugebiete an sich habe es wohl nicht gegeben.

Ukrainische Firma will weiter liefern und wirbt um europäische Kunden

Danube Agrarian sei nun auch auf der Fruit Logistica, um zu zeigen, dass man noch da sei. Zwar sei der Hafen in Odessa momentan nicht nutzbar, aber die Firma könne noch liefern. „In drei Tagen per Lkw nach Berlin“, verspricht Angelina Vynohradova. Ihr gehe es nun vor allem darum, mehr europäische Kunden zu gewinnen. Das sei wohl sehr wichtig für ihr Unternehmen, vermutet sie. Danube Agrarian ist der einzige Aussteller aus der Ukraine. Der Einfall der russischen Armee in das Land und die dadurch ausgelöste Krise rund um Lieferketten und steigenden Preise sind ein wichtiges Thema am ersten Tag der Fruit Logistica.

Der Niederländer Rene Zwinkels arbeitet für ein niederländisches Saatgutunternehmen, das sich vor allem auf Tomaten spezialisiert hat. Gut 40 Sorten habe die Firma Axia, die zwischen Den Haag und Rotterdam sitzt, im Angebot. Auch Zwinkels spürt die Folgen des Krieges. Der Umsatz in Russland habe gut zwei Millionen Euro im Jahr ausgemacht. „Das müssen wir irgendwie kompensieren“, erzählt er. Er hoffe nun, mit vielen Kunden aus aller Welt an seinem Messestand ins Gespräch zu kommen. Möglicherweise würden sich ja auch die Marokkaner, Türken oder Ägypter für sein Saatgut interessieren. „Ich bin froh, dass hier so viele Leute vorbeikommen“, sagt der Niederländer mit Blick auf die an seinem Stand vorbeischlendernden Fachbesucher.

2000 Aussteller aus 87 Ländern sind in Berlin vor Ort

Bei der Fruit Logistica ist nach einem Jahr pandemiebedingter Pause vieles so wie früher. 2020 hatte die Messe im Februar als letzte Großveranstaltung auf dem Messegelände stattgefunden. In diesem Jahr nun sind 2000 Aussteller aus 87 Ländern zurück in den Hallen. Man gibt sich die Hand, steht auf den Gängen zusammen, trinkt Kaffee an Messeständen. Von den Besuchern verzichtet ein Großteil auf das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Vorschriften und auch Beschränkungen mit Blick auf den Impfstatus für den Einlass gibt es nicht. Bei der Messe ist man zufrieden mit dem Neustart der ersten Leitmesse: Die Hallen sind im Vergleich mit Vor-Pandemie-Zeiten zu gut 70 Prozent gebucht. Jedoch vor allem die deutschen Aussteller seien noch vorsichtig gewesen. Aus dem Inland habe es die meisten Absagen gegeben, so ein Messe-Sprecher.

Der Spanier Vincente Monge Moreno ist am Dienstag glücklich, endlich mal wieder auf einer Messe sein zu dürfen. Noch allerdings seien nicht all zu viele Interessenten vorbeigekommen. Moreno ist Sales Manager bei einem der größten europäischen Knoblauchproduzenten La Veguilla. Der Markt allerdings sei derzeit schwierig. Es gehe in diesem Jahr wohl vermehrt darum, bestehende Kontakte zu vertiefen.

Lieferketten und Logistik gewinnen im Angesicht der Krisen an Bedeutung

Ronald Schwarze von Bremen Ports ist bereits seit 15 Jahren auf der Fruit Logistica zu Gast. Es gebe eine große Sehnsucht vieler Menschen nach dem persönlichen Austausch. Er selber sei da aber auch noch unsicher nach zwei Jahren Videokonferenzen. Hand geben oder nicht, Maske auf: ja oder nein? Schwarze zuckt mit den Schultern. „Wir lernen uns auch ein Stück weit neu kennen“, sagt er. Im Angesicht der Herausforderungen in vielen Lieferketten habe die Logistik aber einen neuen Stellenwert. Seine Branche sei wieder „sexy“. „Nun wird allen bewusst, wie wichtig Logistik ist.“

Zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf den weltweiten Fruchthandel finden auf der Fruit Logistica auch Veranstaltungen statt. Experten sprechen aber nicht nur über Lieferketten, sondern auch über andere Herausforderungen, die die Branche bewegen. Zuschauen können Fachleute auch im Live-Stream und auf Abruf in der digitalen Branchen-Plattform der Messe.