Berlin. „Überall Polizei, nirgends Sicherheit“ – unter diesem Motto trafen sich am Sonnabendmittag rund 50 Menschen am Kottbusser Tor in Kreuzberg. Der von linken Gruppen organisierte Protest richtete sich zum einen gegen die dort geplante Polizeiwache sowie die geforderte Videoüberwachung, insbesondere aber gegen die Einstufung des Gebiets als sogenannten „kriminalitätsbelasteten Ort“ (kbO) und die damit einhergehenden erweiterten Befugnisse der Polizei.
Nach Ansicht der Demonstrierenden führt das nicht zu mehr Sicherheit, sondern zur zunehmenden Kriminalisierung von marginalisierten Gruppen wie Obdachlosen oder Angehörigen bestimmter Ethnien.
Nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) kann die Polizei ein Gebiet, in denen besonders viele Straftaten einer bestimmten Qualität geschehen, zum kbO erklären. Dort haben die Beamten die Möglichkeit, Personen ohne Anlass zu kontrollieren und zu durchsuchen.
Insgesamt sieben kbO gibt es in Berlin: Neben dem Kottbusser Tor den als Drogenumschlagsort bekannten Görlitzer Park, die Warschauer Brücke, den Alexanderplatz, den Hermannplatz, Teile der Hermannstraße sowie den Bereich um das von Linksautonomen teilbesetzte Haus an der Rigaer Straße 94 in Friedrichshain.
Vorwurf des Racial Profilings: Vor allem schwarze Menschen im Fokus
„Die Auswirkung ist Racial Profiling“, sagte Selin Sökmen. Die 24-Jährige hatte den Protest am Kottbusser Tor, der später zum Görlitzer Park weiterzog, mit organisiert. Vor allem schwarze Menschen würden gezielt kontrolliert und dadurch marginalisiert. Rassistische Stereotype würden sich verfestigen, während die Probleme wie etwa das des Drogenhandels ungelöst blieben.
Statt der kbO brauche es nachhaltige, systemische Lösungen, so Sökmen weiter – etwa Arbeitserlaubnisse für Migrantinnen und Migranten. „Wer nicht arbeiten darf und nur auf seine Abschiebung wartet, wird in die Illegalität gezwungen.“
Man wolle wissen, wer die Straftaten begeht, hält Benjamin Jendro, Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP), dagegen. „Man sollte nie vergessen, dass hinter all diesen Straftaten eine Menge Opfer stehen.“ Die verdachtsunabhängigen Kontrollen würden in erster Linie dazu dienen, „Kriminalität zu verhindern und aufzuklären, um Menschen zu schützen“. Den Vorwurf des verbotenen Racial Profilings weißt der GdP-Sprecher zurück. „Wenn einzelne dagegen verstoßen, muss und wird das auch Konsequenzen haben.“
Demonstration gegen geplante Kotti-Wache am Sonntag
Der Protest soll am Sonntag weitergehen. Rund 150 Menschen wollen ab 13 Uhr unter dem Motto „Keine Polizeiwache am Kotti“ vom Lausitzer Platz zum Kottbusser Tor ziehen. Dort soll an der Adalbertstraße 2023 eine neue Wache eröffnen.