Berliner können auch künftig an ausgewählten Sonntagen einkaufen gehen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied am Mittwoch, dass die Berliner Regelung zu Sonntagsöffnungen rechtens ist. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hatte dagegen geklagt, das Gericht wies die Revision der Gewerkschaft nun endgültig zurück.
„Das verfassungsrechtlich gebotene Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes verlangt, dass der Gesetzgeber die Sonn- und Feiertage zur Regel erheben muss“, heißt es im Beschluss der Richter. „Ausnahmen darf er nur aus zureichendem Sachgrund zur Wahrung gleich- oder höherwertiger Rechtsgüter zulassen. “ Die Berliner Praxis, wonach an acht, nicht aufeinanderfolgenden Sonntagen im Jahr ausnahmsweise geöffnet werden darf, sei nicht zu beanstanden.
Verkaufsoffene Sonntage: OVG kassierte Beschluss wieder ein
Konkret ging es um die verkaufsoffenen Sonntage im Jahr 2018, gegen die Ver.di geklagt hatte. In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht der Gewerkschaft Recht gegeben, das Oberverwaltungsgericht kassierte den Beschluss wieder ein. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht die Frage endgültig geklärt.
Ver.di hatte kritisiert, dass die herausragenden Veranstaltungen, wie die Berlinale oder die Grüne Woche, der Verwaltung nur als Vorwand dienten, dem Handel zusätzliche Umsätze zu gewähren. Diese Auffassung teilten die Richter nicht. Es gehe darum, „dass die Veranstaltung und nicht die Ladenöffnung den Sonntag prägen muss“, heißt es in dem Beschluss. Es sei davon auszugehen, dass die in Berlin als Begründung herangezogenen Veranstaltungen mehr Besucherströme auf sich zögen, als die zusätzlichen Sonntagsöffnungen. Der Sonntag werde daher trotz der zusätzlichen Öffnungen von den Veranstaltungen geprägt, das Berliner Vorgehen sei damit vom Gesetz gedeckt.
„Das ist für Berlin und seine Kaufleute eine ganz wichtige Entscheidung“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Berliner Handelsverbandes, Nils Busch-Petersen. „Der Beschluss bestätigt den Berliner Kurs.“ Das Gericht habe damit eine Klarstellung getroffen, die den Berliner Händlern Rechtssicherheit gebe.
Berlin hat im Bundesvergleich das liberalste Ladenöffnungsgesetz
Berlin hat im Bundesvergleich das liberalste Ladenöffnungsgesetz. Einzelhändler dürfen ihre Geschäfte an bis zu zehn Sonntagen im Jahr öffnen. Acht davon legt der Senat zentral fest, zwei weitere dürfen die Bezirke ausrufen. Aber diese Regelung ist seit Jahren umstritten, Ver.di hat verschiedene Klagen dagegen auf den Weg gebracht.
Seit 2009 bietet das Berliner Ladenöffnungsgesetz dem Handel die Möglichkeit, an bestimmten Sonntagen zu öffnen. „Die für Ladenöffnungszeiten zuständige Senatsverwaltung legt im öffentlichen Interesse ausnahmsweise die Öffnung von Verkaufsstellen an jährlich acht, nicht aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 13 bis 20 Uhr durch Allgemeinverfügung fest“, heißt es dazu im Gesetz.
Doch Ver.di zweifelt immer wieder die herausragende Bedeutung dieser Termine an, teilweise zu Recht. So wurde die Sonntagsöffnung an allen vier Adventssonntagen von Gerichten gestoppt. Seitdem darf nur an zwei Adventssonntagen geöffnet werden. Auch ein verkaufsoffener Sonntag rund um die „Art Week“ hatte vor Gericht keinen Bestand. Ver.di sieht in den Sonntagsöffnungen grundsätzlich einen Verstoß gegen die vom Grundgesetz garantierte Sonntagsruhe. Das sieht das Bundesverwaltungsgericht dagegen nicht. Die bis zu zehn verkaufsoffenen Sonntage würden den grundsätzlichen Schutz nicht in Frage stellen.
Richter: Ladenöffnungsgesetz in Berlin rechtens
Zuvor hatte das Gericht bereits die Bedingungen für die Sonntagsöffnung präzisiert. So könne es darauf ankommen, ob eine Veranstaltung nur regionale Auswirkungen habe. Dieses Kriterium sei aber nicht allein ausschlaggebend, auch die Besucherströme müssten berücksichtigt und verglichen werden, heißt es in dem aktuellen Beschluss. Auch das Berliner Ladenöffnungsgesetz an sich halten die höchsten Richter für rechtens, wie aus früheren Entscheidungen des Verfassungsgerichts hervorgeht.
In der letzten Legislatur hatte der Senat angeregt, die Sonntagsöffnungen auszuweiten, um dem Einzelhandel Gelegenheit zu geben, die durch Corona verursachten Einnahmeausfälle auszugleichen. Die damalige Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) schlug vor, einen Sonntag pro Monat freizugeben. Unterstützung erhielt sie dafür vom ehemaligen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Die Arbeitsverwaltung und Ver.di lehnten den Vorschlag ab. Eine solche Öffnung gebe das Berliner Ladenschlussgesetz nicht her.
Der Handelsverband Berlin-Brandenburg fordert dagegen eine generelle Sonntagsöffnung nach der Pandemie. Man müsse den Leuten so viele Freiheiten wie möglich einräumen, damit sie wieder auf die Beine kommen, sagte Busch-Petersen. Das gehöre in eine Phase der Erholung und Wiederbelebung. Eine solche Forderung lehnt Ver.di ebenfalls strikt ab.
Die am Mittwoch vom Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Entscheidung spielt für diese Frage allerdings keine Rolle. „Die politische Auseinandersetzung ist damit nicht abgeschlossen“, sagte Busch-Petersen.