Berlins Brücken stellen das Land in den kommenden Jahren vor finanzielle wie auch planerische Herausforderungen. Infolge des schlechten Zustands vieler Bauwerke müssen in den kommenden Jahren allein für die bestehenden Brücken zahlreiche Bauvorhaben gestemmt und hohe Summen investiert werden. „Es sind über 100 Einzelprojekte an Bestandsbauwerken bekannt mit einem Gesamtauftragsvolumen von über 700 Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren“, sagte Senatorin Bettina Jarasch (Grüne) im Mobilitätsausschuss des Abgeordnetenhauses. „Das ist nur der Instandhaltungsrückstau, den wir haben.“ Für die planmäßige Bauwerkserhaltung sind Jarasch zufolge jährlich elf Millionen Euro vorgesehen.
Neben den Projekten im Zusammenhang mit bestehenden Brücken gibt es die Vorhaben für gänzlich neue Brücken. Diese werden etwa nötig, um neue Wohnquartiere anzubinden – beispielsweise auf der Insel Gartenfeld in Spandau –, für die geplanten Radschnellwege oder für den Bau der Tangentialverbindung Ost (TVO). „Das sind 25 Einzelprojekte, die noch dazukommen, die schätzungsweise weitere 250 Millionen Euro verlangen werden“, berichtete Jarasch.
Abriss von Wuhletalbrücke in Marzahn-Hellersdorf startet
Insgesamt sind von den 826 Brücken, die in Verantwortung der Senatsverwaltung liegen, derzeit 60 Bauwerke nur eingeschränkt nutzbar. Dort gibt es Jarasch zufolge etwa Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote. Komplett gesperrt ist seit 2019 die Wuhletalbrücke in Marzahn-Hellersdorf, deren Standsicherheit durch massive Schäden an den Bauteilen beeinträchtigt ist. Sie gehört auch zu den Bauwerken, für die die Mobilitätsverwaltung in den ersten 100 Tagen des neuen Senats die Arbeiten für einen Ersatz starten will.
Dafür erfolgt nun zunächst der Abriss der alten Brücke, die Arbeiten dafür werden der Verwaltung zufolge bis ins dritte Quartal dauern. Für den Abbruch ist ab diesem Donnerstag, 14.30 Uhr, die Sperrung der Wuhletalstraße unterhalb der Märkischen Allee notwendig. Sie soll voraussichtlich bis Montagmittag dauern. Der 15 Millionen Euro teure Ersatzneubau, der auch bessere Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger bieten soll, soll planmäßig 2025 fertig werden.
Wasserstraßen-Neubauamt plant Ersatzbauten für 14 Brücken
Neben dem Land plant auch das Wasserstraßen-Neubauamt Berlin diverse Projekte – 14 von 48 Brücken sollen in den nächsten zehn Jahren durch Neubauten ersetzt werden, teilte WNA-Leiter Rolf Dietrich mit. Gebaut wird bereits an der Tegeler Brücke, für den Neubau der Marggraffbrücke erfolgte im Februar die Ausschreibung. Ab 2023 sollen planmäßig die Bauarbeiten für die Bäkebrücke und die Techowbrücke starten, beide führen über den Teltowkanal.
Mit Blick auf die Zahl der bereits heute nur eingeschränkt nutzbaren Brücken sowie steigenden Baukosten forderte Robert Rückel, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Berlin, „zügige und pragmatische Lösungen“. Der Umfang des Sanierungsbedarfs lasse Schlimmes befürchten, so Rückel, der weiter forderte: „Planungen, Abstimmungen und Genehmigungen müssen schneller und die Kapazitäten auf die Projekte fokussiert werden, die Priorität für den Wirtschaftsverkehr haben.“
Auch Felix Reifschneider, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, hält mehr Tempo für nötig. „Die Instandsetzung und der Neubau von Brücken müssen beschleunigt werden, denn der Sanierungsstau ist unverkennbar groß“, sagt er. „Bettina Jarasch muss die Planungs- und Genehmigungsverfahren entschlacken, damit Berlin schneller in der Umsetzung wird und sich wieder mehr mittelständische Unternehmen auf die Ausschreibungen bewerben.“