Abgedeckte Dächer, verwüstete Plätze und reihenweise umgestürzte Bäume: Die Auswirkungen des Sturmtiefs „Zeynep“, das in der Nacht zu Sonnabend über die Region hinwegfegte, brachte die Berliner Feuerwehr auch den ganzen Tag über an die Belastungsgrenze. Seit Ausrufen des Ausnahmezustands „Wetter“ am Freitagabend um 20.10 Uhr bis zum Sonntagmorgen um 8 Uhr gingen insgesamt 2063 sturmbedingte Notrufe ein. 400 Einsätze waren noch nicht abgearbeitet. Von einer „enormen Dimension“ sprach Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein. „Es ist der einsatzreichste Ausnahmezustand in der Geschichte der Berliner Feuerwehr.“ Der Ausnahmezustand Wetter dauerte auch am Abend noch an.
Der Ausnahmezustand erlaubt es der Feuerwehr, die Einsätze nicht nach Notrufzeitpunkt abzuarbeiten, sondern nach Dringlichkeit zu priorisieren. Vermeintlich kleinere Dinge, von denen keine Gefahr ausgeht, bleiben dabei meist mehrere Stunden liegen. Zu den wetterbedingten Einsätzen kamen Hunderte weitere Notrufe wegen medizinischer Probleme und Bränden.
Landesbranddirektor Karsten Homrighausen dankte den Einsatzkräften: „Es ist dem außergewöhnlich hohen Engagement aller Kräfte, insbesondere der Freiwilligen Feuerwehr und dem Personal der Leitstelle zu verdanken, dass die immense Anzahl an Notfällen professionell und zügig bewältigt werden konnte. Auch der Einsatz der Spezialkräfte des Technischen Dienstes und der Speziellen Rettung aus Höhen und Tiefen war unverzichtbar. Mein großer Dank für die tatkräftige Mithilfe richtet sich auch an das Technische Hilfswerk und das Grünflächenamt Pankow und Reinickendorf.“
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Glasteile drohten am Kurfürstendamm abzustürzen
Vor allem Bäume und Dächer machten den Einsatzkräften immer wieder zu schaffen. So wurde an der Brook-Taylor-Straße in Adlershof ein 700 Quadratmeter großes Dach auf einem Gebäude der Humboldt-Universität abgedeckt. Am Kurfürstendamm drohten Glasteile von einem Gebäude hinabzustürzen. Über Stunden blockierte ein abgebrochener Baumstamm die Gutschmiedstraße in Britz. Ein umgestürzter Baum hatte am Sonnabendmorgen auf einem Grundstück an der Straubinger Straße in Biesdorf außerdem eine Gasleitung beschädigt. Zu Schaden kam dabei allerdings niemand. Die Grünflächenämter mehrere Bezirke unterstützen die Feuerwehr bei der Beseitigung der Schäden. Insgesamt gab es durch den Sturm laut Feuerwehr in Berlin keine Verletzten. In Nordrhein-Westfalen starben hingegen zwei, in Niedersachsen ein Mensch.
Zeynep fegte mit orkanartigen Böen über Norddeutschland hinweg und erreichte dabei Windstärken von zehn bis zwölf. Der Spitzenwert wurde in der Nach zu Sonnabend laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) mit 120 Stundenkilometern in Lindenberg nordöstlich von Berlin gemessen. In Dahlem erreichten die Böen 108 und am Flughafen BER bis zu 107 Stundenkilometer. Dort fiel jedoch lediglich das Gepäckband aus, Flüge mussten nicht abgesagt werden. Allerdings kam es immer wieder zu Verspätungen.
Bahnreisenden verlangte der Sturm dagegen einiges ab. Auch Fernverbindungen von der und in die Hauptstadt fielen den ganzen Tag über aus. Noch bis Sonntag um 18 Uhr fahren nördlich von Berlin, Dortmund und Hannover keine Züge. Auch die ICE-Verbindungen Köln-Hannover-Berlin sowie Kassel-Berlin sind betroffen. Durch die Stürme der vergangenen Tage habe es im gesamten Bundesgebiet Schäden auf mehr als 1000 Kilometern Strecke gegeben, hieß es von der Deutschen Bahn. Wer in den Norden und Westen Deutschlands möchte, müsse bis mindestens Montagnachmittag mit Verspätungen und Ausfällen rechnen. Fahrgäste, deren Verbindung wegen des Sturms ausfällt, können ihre Tickets allerdings bis einschließlich zum 28. Februar flexibel nutzen oder kostenlos stornieren, wie die Bahn am Sonnabend mitteilte.
S-Bahnausfälle und Tempolimit bei den Trams
Auch im Berliner Nahverkehr kam es zu Einschränkungen, die den ganzen Tag über zu spüren war. Der S-Bahnbetrieb, der in der Nacht zu Sonnabend eingestellt werden musste, lief nur langsam wieder an. Weil umgestürzte Bäume von Straßen entfernt werden mussten, leiteten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) mehrere Buslinien um. Auch Trams konnten in Teilen nicht fahren. Für Straßen- und U-Bahnen galt aus Sicherheitsgründen außerdem ein Tempolimit von 40 Stundenkilometern. Wegen der Unwetterwarnung, die zum Teil auch noch für Sonnabend galt, konnten zahlreiche Veranstaltungen in Berlin nicht stattfinden. So hatten Zoo und Tierpark den gesamten Tag über geschlossen. Der Berliner Fußball-Verband sagte außerdem alle Spiele ab. Betroffen war unter anderem die Regionalliga-Partie zwischen dem Berliner AK 07 und dem 1. FC Lokomotive Leipzig. Am Sonntag soll der Spielbetrieb laut Verband wie geplant stattfinden, hieß es zunächst.
Auch Wochenmärkte wurden der Reihe nach abgesagt. „Es ist viel zu gefährlich, wenn etwas rumfliegt“, sagte Philipp Strube, Betreiber des Ökomarkts am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg. Andere versuchten ihr Glück, mussten dann aber aufgeben. So baute der Ökomarkt Chamissoplatz in Kreuzberg ab sechs Uhr morgens auf und zwei Stunden später wieder ab. „Wochenmärkte sind ab einer gewissen Windstärke nicht so richtig möglich“, sagte Harald Schmeißer, Geschäftsführer des Betreibervereins „Grüngewusel“. Einzelne Märkte fanden statt, aber in deutlich reduziertem Umfang mit zum Teil nur einem oder einer Handvoll Verkäufern und nur mit schweren Hängern.
Nach dem Sturmtief „Ylenia“, das in der Nacht zu Donnerstag wütete, und „Zeynep“ erwartet der DWD in der Nacht zu Montag dann „Antonia“. Allerdings sei es kein Vergleich zu den Sturmtiefs der vergangenen Tage. Der DWD geht von Windspitzen zwischen 60 und 80, maximal 90 Stundenkilometern aus, also Windstärke acht und neun, noch weit entfernt vom Orkan. Das Wetter soll sich dennoch erst ab Dienstag wieder beruhigen. „Winterstürme von der Stärke können schon mal vorkommen“, sagte eine Sprecherin des Wetterdienstes in Potsdam. „Außergewöhnlich ist aber diesmal, dass zwei so kurz hintereinander auftraten, fast ohne Pause.“