Berlin. Als letzte der Fraktionen im Abgeordnetenhaus haben die Grünen am Dienstag ihren Fraktionsvorstand neu gewählt. Die mit 32 Abgeordneten nach der SPD (36) und vor der CDU (30) zweitstärkste Kraft wird weiter von zwei Frauen geführt. Antje Kapek und Silke Gebel standen schon in der vergangenen Legislaturperiode der Fraktion vor und dürfen nach dem Votum der Kolleginnen und Kollegen nun weitermachen, beide betreuen neben ihrem politischen Spitzenamt auch noch ihre kleinen Kinder.
Die 45 Jahre alte Diplom-Geografin Kapek kommt aus Kreuzberg und wird dem dort dominanten linken Parteiflügel zugerechnet. Sie erhielt nach Morgenpost-Informationen bei der Vorsitzenden-Wahl 85 Prozent. Damit geht die Expertin für Stadtentwicklung und Verkehrsfragen gestärkt aus der Neuwahl hervor, was lange Zeit nicht unbedingt zu erwarten gewesen war. Nachdem sie nicht auf der Liste für ein grünes Senatsamt in der neuen Koalition gestanden hatte, galt das Schicksal der gebürtigen Kreuzbergerin lange als ungewiss, ehe sie wieder nach dem Fraktionsvorstand griff.
Gebel erhält 71 Prozent der Stimmen
Die eher dem Realo-Flügel zugehörige Silke Gebel bekam mit 71 Prozent weniger Zustimmung in der Fraktion, was sich aber mit den Erfahrungen anderer Realos und Realas bei Partei- und Fraktionswahlen bei den Berliner Grünen deckt. Sie bekommen oft schlechtere Ergebnisse als Angehörige des linken Flügels, weshalb in der Fraktion von einem „soliden Ergebnis“ für Gebel die Rede ist.
Die 38 Jahre alte Gebel, geboren in Baden-Württemberg, kommt aus dem Kreisverband Mitte. Die studierte Verwaltungswissenschaftlerin kümmerte sich lange vor allem um Jugend- und Familienpolitik, hat aber in den vergangenen Monaten auch den Kampf gegen die Corona-Pandemie als Themenfeld für ihre Politik entdeckt. Sie war eine der ersten, die sich früh für den flächendeckenden Einsatz von Schnelltests an Schulen und bei Veranstaltungen stark gemacht hatte, um das Alltagsleben trotz der Pandemie weiterführen zu können.
Drei Neulinge werden Fraktionsvizes
Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion wurde Sebastian Walter. Der 42-Jährige Historiker aus Schöneberg sitzt seit 2016 im Abgeordnetenhaus und war bisher vor allem in der Schwulen- und Queerpolitik engagiert. Zu stellvertretenden Vorsitzenden wählten die Fraktionäre den erfahrenen Parlamentarier und IT-Experten Stefan Ziller aus Marzahn-Hellersdorf und die während der vergangenen Legislaturperiode ins Parlament nachgerückte stadtentwicklungspolitische Sprecherin Daniela Billig aus Prenzlauer Berg.
Aber auch die neu ins Parlament gewählten Klara Schedlich (22) aus Reinickendorf, Julia Schneider (31) aus Pankow und André Schulze (34) aus Neukölln wurden gleich zu Fraktionsvizes bestimmt. „Mit dieser Wahl haben wir den jüngsten und weiblichsten Vorstand seit dem Einzug in das Abgeordnetenhaus“, erklärten Kapek und Gebel nach der Wahl.
„Damit können wir nun entschlossen in weitere fünf Jahre Rot-Grün-Rot starten. Wir übernehmen als Regierungsfraktion weiterhin Verantwortung für eine gut funktionierende Koalition und werden für ein starkes und selbstbewusstes Parlament einstehen.“ Als Grüne wolle man weiterhin daran arbeiten, „dass unsere Stadt sozialer, weltoffener, ökologischer wird“.