Berlin. Nach dem mehrstündigen Ausfall des Heizkraftwerks Klingenberg, der auf eine Störung im Stromnetz zurückzuführen ist, läuft bei dem Infrastrukturbetreiber Stromnetz Berlin die Suche nach dem Auslöser noch. „Unsere Experten sind noch bei der weitergehenden Ursachenforschung“, sagte Stromnetz-Berlin-Sprecher Olaf Weidner am Montag. Unter anderem seien die Spezialisten mit Messtechnik zugange.
Ersten Erkenntnissen zufolge habe es sich um eine technische Störung im Hochspannungsleitungsnetz gehandelt. Davon sei einerseits die Anbindung des Vattenfall-Heizkraftwerks Klingenberg und andererseits die Anbindung eines der firmeneigenen Umspannwerke betroffen gewesen. „Durch Umschalten konnten wir so schnell reagieren, dass der Teilausfall unseres Werkes schnell behoben war“, so Weidner weiter.
Der kurze Stromausfall beim landeseigenen Stromnetzbetreiber Stromnetz Berlin hatte am Sonntagnachmittag auch das Heizkraftwerk Klingenberg im Ortsteil Rummelsburg lahmgelegt. Das Kraftwerk, das dem Unternehmen Vattenfall gehört, musste heruntergefahren werden. Rund 90.000 Haushalte im Berliner Osten blieben deshalb am Sonntagabend über Stunden ohne Heizung und ohne warmes Wasser. Schwerpunkt war der Stadtteil Berlin-Friedrichsfelde. Nach Angaben des Bezirksamts Lichtenberg waren aber auch Menschen in Karlshorst, Oberschöneweide und in Teilen von Treptow-Köpenick betroffen.
Am Montagvormittag dann gab das Bezirksamt wieder Entwarnung. „Vattenfall ist wieder zu einhundert Prozent am Netz, der Krisenstab wurde beendet. Alles befindet sich wieder im Normalbetrieb“, sagte der Katastrophen- und Zivilschutzbeauftragte des Bezirks Lichtenberg, Philipp Cachée, der Berliner Morgenpost. Cachée zufolge sei die Stromversorgung am Sonntagnachmittag lediglich für drei Minuten unterbrochen gewesen. Der Ausfall des Wärmenetzes beschäftigte den Bezirk allerdings länger. Laut Cachée fiel das Heizkraftwerk Klingenberg gegen 14.04 Uhr aus und sei dann erst in der Nacht von Sonntag auf Montag gegen 3 Uhr wieder in Vollbetrieb gewesen.
„Temperaturschwankungen“ im Unfallkrankenhaus minimal
Experten zufolge war das Heizkraftwerk nach dem Stromausfall aus Sicherheitsgründen automatisch heruntergefahren. „Das ist dann auch durch menschliches Eingreifen überhaupt nicht aufhaltbar und der entsprechende Prozess zum Wiederanfahren dauert mehrere Stunden“, sagte ein mit der Situation vertrauter Kenner. Im Bezirksamt Lichtenberg war nach dem kurzzeitigen Ausfall der Strom- und dem längerfristigen Ausfall der Wärmeversorgung noch am Sonntag eine gemeinsame Einsatzleitung gebildet worden. Daran beteiligt waren neben Mitarbeitern des Bezirksamts auch Polizei und Feuerwehr sowie die Berliner Innenverwaltung. Dort sei, so Cachée, schnell auch geprüft worden, ob weitere kritische Infrastruktur von dem Ausfall betroffen gewesen sei. Einrichtungen wie Krankenhäuser und auch der Tierpark seien über die Entwicklung informiert worden.
Von dort hieß es am Montag, da der Tierpark Berlin seine Strom- und Wärmezufuhr über ein eigenes Blockheizkraftwerk abdecke, sei der Tierpark vom Ausfall nicht betroffen gewesen. Auch Gesundheitseinrichtungen wie das Sana Klinikum Lichtenberg, Evangelische Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge und das Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) meldeten praktisch keine Auswirkungen: „Wir hatten minimale Temperaturschwankungen, die sich innerhalb einer Stunde erledigt hatten. Damit gab es keine spürbaren Auswirkungen auf Patientinnen und Patienten sowie auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagte eine UKB-Sprecherin am Montag. Auch das Bezirksamt Lichtenberg zog zunächst ein positives Fazit: „Unsere Notfallpläne haben alle funktioniert“, so der Katastrophen- und Zivilschutzbeauftragte Cachée.
Von der Berliner Wohnungsbaugesellschaft Howoge hieß es am Montagnachmittag, dass die Fernwärme-Anlagen seit den frühen Montagmorgenstunden weitestgehend wieder in Betrieb seien und nun durch Mitarbeiter der Howoge Wärme GmbH und durch die unternehmenseigenen Hausmeister geprüft würden. „Zu Einschränkungen könnte es noch bei einigen Gebäuden kommen, in welchen der Strom- und Fernwärmeausfall zu Störungen an der Haussteuerung geführt hat“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.
Durch das Kraftwerk Klingenberg werden nach Angaben des Unternehmens rund 38.000 Wohnungen der Howoge versorgt. Am Sonntagnachmittag waren laut Howoge rund 200 Meldungen der Mieterinnen und Mieter eingegangen, die im Zusammenhang mit der Havarie im Kraftwerk Klingenberg gestanden hatten. Betroffen seien dem Unternehmen zufolge insbesondere die Bereiche Karlshorst mit rund 3000 Howoge-Wohnungen und Friedrichsfelde mit rund 7000 Howoge-Wohnungen gewesen. Concierge und mobile Hausmeister seien informiert und für die Betroffenen telefonisch oder vor Ort ansprechbar gewesen, hieß es weiter.
Stromausfälle in Berlin: Viele Ausfälle in den vergangenen Tagen
In den vergangenen Tagen und Wochen hatte es in Berlin immer wieder Stromausfälle gegeben. Zuletzt war es am Sonnabend im Nordwesten von Prenzlauer Berg und in Teilen Kreuzbergs zu einem Stromausfall gekommen. Auch am Freitagabend kam es in Steglitz zu einem Ausfall.
Im Jahr 2020, für das eine vollständige Statistik vorliegt, wurden insgesamt 468 "Versorgungsunterbrechungen" mit mehr als 100 betroffenen Haushalten und einer Dauer von mehr als fünf Minuten registriert. In den Jahren zuvor waren es 478 (2019), 576 (2018) beziehungsweise 458 (2017). Der Durchschnitt der letzten neun Jahre liegt bei 462 Ausfällen.